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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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hob und senkte sich an der Felswand. Er war höchst unsicher, die oberste Schicht lockeres Geröll. Vorm Wind stapfte Blackthorne voran und bemerkte, wie kräftig und muskulös Yabus Beine waren. Rutsch doch aus, du Kanaille, dachte er. Rutsch aus und brich dir den Hals auf den Felsen da unten! Er gab sich einen Ruck, löste den Blick von Yabu und wandte sich wieder der Aufgabe zu, den Ufersaum unten abzusuchen: jeden Einschnitt, jeden Spalt und jede vom Wasser ausgewaschene Rinne. Der Gischt hochreißende Wind blies heftig und trieb ihm die Tränen aus den Augenwinkeln. Die See rauschte heran und flutete wieder zurück, es brodelte und kochte. Er wußte, daß nur eine ganz geringe Hoffnung bestand, Rodrigues zu finden, denn es mußte zu viele Höhlen und verborgene Stellen geben, die sie niemals einsehen konnten. Aber er hatte einfach ans Ufer kommen und es zumindest versuchen müssen. Das war er Rodrigues schuldig.
    Sie umrundeten die Landspitze und blieben dankbar in Lee stehen. Es hatte keinen Sinn, noch weiter zu gehen. Wenn die Leiche nicht hier angetrieben war, dann war sie entweder untergegangen oder bereits ins tiefe Meer hinausgeschwemmt worden. Ein letzter Blick, dann wischte Yabu sich den Regen aus dem Gesicht, sah zu Blackthorne hinauf und gab ihm zu verstehen umzukehren. Blackthorne nickte, und sie setzten sich wieder in Bewegung. Wieder ging Yabu voran, während die Samurai Blackthorne weiterhin nicht aus den Augen ließen. Dann, als sie den Rückweg halb geschafft hatten, entdeckten sie Rodrigues.
    Die Leiche hatte sich in einem Spalt zwischen zwei Felsen verfangen, oberhalb der Wasserlinie zwar, aber immerhin so, daß sie noch umspült wurde. Sein einer Arm lag ausgestreckt vor ihm, der andere klammerte sich an den abgebrochenen Riemen, der sich im Kommen und Gehen des Wassers hob und senkte.
    Der einzige Weg hinunter führte über das kurze Steilufer. Zwar ging es nur fünfundzwanzig oder dreißig Meter hinunter, dafür aber senkrecht in die Tiefe – offenbar gab es kaum eine Möglichkeit, irgendwo sicher Fuß zu fassen.
    Wie steht es mit dem Hochwasser? fragte Blackthorne sich. Es ebbt nicht, es flutet. Das bedeutet, daß er wieder hinausgeschwemmt werden wird auf die See. Himmel, sieht das böse aus da unten! Was jetzt?
    Er trat näher an den Abgrund heran, und augenblicklich stellte Yabu sich ihm in den Weg, schüttelte den Kopf, während die anderen Samurai ihn in die Mitte nahmen.
    »Ich versuch' doch nur, besser sehen zu können, um Christi willen!« sagte er. »Ich versuch' doch nicht zu fliehen. Wohin sollte ich denn schon?«
    Er trat ein wenig zurück und spähte in die Tiefe. Sie folgten seinem Beispiel und schnatterten untereinander, wobei Yabu am meisten redete.
    Hier ist keine Chance, zu dem Schluß kam Blackthorne. Es ist zu gefährlich. Wir müssen bei Tagesanbruch noch einmal mit Seilen zurückkommen. Wenn er dann noch da ist, werde ich ihn an Land begraben. Widerstrebend machte er kehrt, und während er das tat, löste sich Geröll unter ihm am Rand der Klippe, und er drohte abzurutschen. Sofort packten Yabu und die anderen ihn und rissen ihn zurück, und da ging ihm mit einemmal auf, daß sie überhaupt nur um seine Sicherheit besorgt waren. Sie versuchen nur, mich zu beschützen.
    Warum ist ihnen soviel daran gelegen? Wegen Tora… Wie lautete sein Name doch gleich? Toranaga? Seinetwegen? Ja, aber wohl auch, weil sonst niemand an Bord ist, das Schiff sicher zu führen. Ist das der Grund, warum sie mich an Land gelassen haben? Ja, so muß es sein. Ich besitze Macht über das Schiff, über den alten Daimyo und diesen Halunken hier! Wie kann ich das ausnutzen?
    Er entkrampfte sich, dankte ihnen und ließ den Blick nach unten in die Tiefe schweifen. »Wir müssen ihn rauf holen, Yabu-san! Hai! Dies ist die einzige Möglichkeit – über die Klippe. Ich werde ihn heraufholen, ich, der Anjin-san!« Abermals trat er vor, als ob er hinunterklettern wolle, und abermals hielten sie ihn davon ab, und er sagte mit gespielter Angst: »Wir müssen Rodrigu-san holen! Seht, es bleibt nicht mehr viel Zeit. Das Licht schwindet.«
    » Iyé , Anjin-san«, erklärte Yabu.
    Hoch ragte er über Yabu auf. »Wenn Ihr mich nicht lassen wollt, Yabu-san, dann schickt einen Eurer Männer. Oder klettert selbst runter! Ihr!«
    Der Wind zerrte an ihm und fuhr aufstöhnend an der Steilwand entlang. Er sah Yabu hinunterblicken, den Abstieg und das schwindende Licht abschätzen, und er wußte, daß Yabu

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