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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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ein Gefühl des Unwohlseins um das Tier.
    »Es ist gefährlich«, meinte Duncan, »eine neue Rasse auf einer Welt zu verlieren, besonders eine so empfindliche wie diese.«
    Duncan hatte gesprochen. Niun hatte einen Gedanken und vermied es aus Liebe, ihn zu äußern.
    Und auf einmal senkte Duncan den Kopf, und es zeigte sich Unruhe in den Dus-Gefühlen.
    »So ist das«, sagte Melein freundlich, »aber ohne sie würden wir uns einsam fühlen.«
    Duncan betrachtete sie schweigend, legte schließ- lich die Arme um den Nacken seines Tieres, senkte den Kopf und schlief. Niun machte zwischen ihnen Platz für Melein, und sie schliefen, zum erstenmal alle zusammen seit Verlassen des Schiffes, denn die Dusei waren bei ihnen und wachten über sie und spendeten ihnen mit ihrer Körperhitze Behaglichkeit.
    * * *
    Dusei vermehrten sich, erzeugten weitere Dusei, die als erwachsene Tiere geboren wurden und die Welt füllten, bis ganz Kutath ihnen gehörte, und sie belebten die Straßen der toten Städte und waren nicht auf Mri angewiesen.
    Niun erwachte und war sogleich bestürzt über die Dus-Gedanken, die sich am Rande des Alptraums herumtrieben, spürte kalten Schweiß auf seinem Gesicht und daß die anderen in gleicher Weise bestürzt waren, verblüfft vielleicht über das, was sie geweckt hatte. Duncan ließ den Blick über die Hügel schweifen, als sei irgendein Nachtwanderer in ihre Nähe gekommen.
    »Es ist nichts«, sagte Niun.
    Er gestand seinen Traum nicht ein; der Schrecken war ihm noch gewahr. Er hatte sich nie zuvor im Leben den Dusei ausgesetzt gefühlt, sondern nur an ihnen teilgehabt. Menschliche Gegenwart – es war Duncans Gegenwart, die dergleichen genährt hatte, Verdacht, wie vorher keiner gewesen war.
    Dusei , erinnerte er sich, haben kein Gedächtnis . Für diese beiden Dusei existierte Kesrith nicht mehr. Sie würden sich nie mehr daran erinnern, bis sie es wiedersahen, und das würde nie geschehen. Personen und Orte: das war alles, was in ihren dicken Schädeln blieb... und jetzt gab es für sie nur noch Kutath. Sie waren demzufolge Eingeborene, eins mit dem Land, eher als die Mri und der Mensch.
    Niun schloß wieder die Augen, beschämt über den Traum, von dem – da war er sich sicher – zumindest Melein etwas ahnte, wenn sie auch fälschlich die Schuld Duncan zuschieben mochte und sich dadurch beschmutzt fühlte, daß sie an den dus-geborenen Nachtängsten eines Menschen teilgehabt hatte. Die Tiere strahlten jetzt Behaglichkeit aus. Niun ergab sich ihr, entspannte sich in dieser Wärme und wies die Angst von sich.
    Das Dus würde sich in keiner Weise erinnern.
    * * *
    Am Morgen beeilten sie sich nicht sehr; sie kannten Duncans Grenzen in der dünnen Luft und wollten ihn nicht härter antreiben.
    Und sie waren vorsichtig. Sie folgten bei ihrer Annäherung den Bodenwellen und zeigten sich nach Dus-Art der Stadt nicht offener, als sie mußten.
    Aber je näher sie kamen, desto weniger nützlich schien solche Vorsicht zu sein.
    Alt, sehr alt. Niun sah deutlich, was er vermutet hatte: zerfallene, nicht reparierte Turmspitzen, über allem der Schmutz des Verfalls. Keiner von ihnen sagte etwas darüber; das war nichts, was sie eingestehen wollten.
    Und letztlich verzichteten sie auf Vorsicht. Der Wind, der seit Tagen freundlich an ihnen gezogen hatte, schwoll auf einmal an und peitschte Sandschleier auf, die ausreichten, sie abzuschirmen, und die Kraft des Windes erschöpfte sie. Die Dusei gingen mit zusammengepreßten Nasenlöchern und gesenkten Köpfen, schnaubten hin und wieder und stellten zweifellos die geistige Gesundheit derer in Frage, die auf dem Weitergehen beharrten. Niuns Augen brannten trotz des Schutzes durch die Membran, und er senkte das Visier des Zaidhe , wie es Duncan schon im ersten Moment getan hatte, als der Sand zu wehen begann. Melein senkte den gazeartigen inneren Schleier ihres Kopftuches, den Sarahe , der ihr ganzes Gesicht bedeckte und sie in eine gesichtslose Gestalt in Weiß verwandelte, wie es die Männer in Schwarz waren.
    Unter anderen Umständen hätte die Klugheit sie getrieben, Schutz zu suchen. Es gab Stellen, die dafür geeignet waren. Aber sie gingen langsam weiter und wechselten sich an dem eigensinnigen Schlitten ab.
    Sand ergoß sich in Strömen durch die Straßen der Stadt. Sie traten wie Geister zwischen die Ruinen, und während sie noch gingen, verschwanden bereits ihre Spuren hinter ihnen. Turmspitzen erhoben sich über ihnen, die Umrisse hinter rostroten

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