Shon'jir – die sterbende Sonne
Maschinen – hintereinander gestaffelt: er ähnelte dem Schrein von Sil'athen, war jedoch weit größer. Niun zögerte ehrfürchtig, blieb ungebeten hinter Meleins Rücken. Sie verbot es ihm nicht, und Duncan folgte.
Computer und Monitorbänke: er verglich Teile dieser Ansammlung mit den Kontrollpulten des Schiffes, andere konnte er überhaupt nicht identifizieren. Die Wände waren völlig weiß. Fünf Symbole prangten über dem Zentrum der Instrumentenbänke, so groß, daß sie nur die ausgebreiteten Arme eines Mannes messen konnten. Sie waren aus glänzendem und korrosionsfestem Metall geformt, wie das Material des Pan'en, das sie bei sich trugen.
»An-ehon« , sagte Melein laut, und der Klang ihrer Stimme tönte wie ein Donnerschlag in das lange Schweigen.
Flackernd erwachten die Maschinen zum Leben, mit einer Plötzlichkeit, die Niun ungewollt zusammenzucken ließ, und er hörte den Ansatz eines Aufschreies von Duncan, der jedoch sofort erstickt wurde. Der Mensch kniete neben ihm nieder, um das Pan'en abzusetzen, und stand wieder auf, die Hand an der Pistole.
»Ich empfange«, sagte eine tiefe und seelenlose Stimme. »Fahre fort!«
Melein hatte die Stimme beim Namen der Stadt gerufen. Niuns Haut kribbelte, zuerst wegen der Erkenntnis, daß er ein Symbol gesehen und es verbotenerweise ausgesprochen gehört hatte... und dann, weil eine solche Schöpfung ihnen antwortete. Er sah, wie selbst Melein einen Schritt zurückwich, die Hand auf dem Herzen.
»An-ehon«, redete sie die Maschine an, und selbst der Boden schien im Rhythmus mit dem dröhnenden Flackern der Lichter zu pulsieren. Es war tatsächlich die Stadt, die zu ihnen sprach, und sie hatte das Hal'ari benutzt, die Hohe Sprache, die unverändert durch alle Zeitalter der Mri hindurch weitergegeben worden war. »An-ehon, wo ist dein Volk?«
Ein helleres Lichterflackern lief an den Bänken entlang.
»Unbekannt«, verkündete die Maschine dann.
Melein holte tief Atem – stand reglos für mehrere Momente, in denen sich Niun nicht zu bewegen wagte. »An-ehon«, sagte sie dann, »wir sind dein Volk. Wir sind heimgekehrt. Wir sind Abkömmlinge des Volkes von An-ehon und von Zohain und Tho'e'ishai und Le'a'haen. Kennst du diese Namen?«
Wieder zeigte ein Flackern von Lichtern und Klängen äußerste Erregung in der Maschine an. Niun trat einen Schritt vor und streckte zur Vorsicht mahnend eine Hand zu Melein aus, aber sie stand fest und schenkte ihm keine Beachtung. Bis in die entferntesten Bereiche der Halle hinein erwachte Bank auf Bank zum Leben; Sektion auf Sektion leuchtete selbsttätig auf.
»Wir sind hier«, sagte eine andere Stimme. »Ich bin Zohain.«
»Nenne deinen Namen, Besucher!« sagte An-ehons tiefere Stimme. »Bitte nennt eure Namen! Ich sehe jemanden, der nicht vom Volk ist. Bitte belegt eure Autorisierung, uns anzusprechen, Besucher!«
»Ich bin Melein s'Intel Zain-Abrin, She'pan des Volkes, das von Kutath hinausging.«
Die Lichter pulsierten in zunehmendem Einklang. »Ich bin An-ehon. Ich gehorche den Befehlen der She'pan des Volkes. Zohain und Tho'e'i-shai und Le'a'haen sprechen jetzt durch mich. Ich nehme andere wahr. Ich erkenne jemandem vom Nicht-Volk.«
»Sie sind mit meiner Erlaubnis hier.«
Die Lichter pulsierten jetzt in völligem Einklang. »Darf An-ehon um Erlaubnis bitten, zu fragen?« begann die Maschine mit der rituellen Höflichkeit von jemandem, der etwas von einer She'pan wissen wollte; und der Ursprung dessen ließ kalte Schauer über Niuns Haut rieseln.
»Frage!«
»Wer ist diese Person des Nicht-Volkes? Sollen wir sie akzeptieren, She'pan?«
»Akzeptiert ihn! Er ist Duncan-ohne-eine-Mutter. Er kommt aus der Dunkelheit. Dieser Mann des Volkes ist Niun s'Intel Zain-Abrin, Kel'anth meines Kel; dieser andere ist ein Schatten-der-an-unserer-Türsitzt.«
»Andere Schatten haben die Stadt mit dir betreten.«
»Die Dusei sind ebenfalls Schatten in unserem Haus.«
»Da ist ein Schiff, dem wir erlaubt haben zu landen.«
»Es hat uns gebracht.«
»Es gibt ein Signal, jedoch nicht in der Sprache des Volkes.«
»An-ehon, laß es damit fortfahren!«
»She'pan«, kam die Antwort.
»Gibt es keine Angehörigen des Volkes in deinen Grenzen?«
»Nein.«
»Gibt es überhaupt noch welche?«
»Neu formulieren.«
»Hat sonst irgend jemand vom Volk überlebt, Anehon?«
»Ja, She'pan, viele leben.«
Die Antwort traf, blieb für mehrere Herzschläge unbegriffen, denn Niun hatte auf ein nein gewartet. Ja. Ja, viele, viele,
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