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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Staubschleiern nicht ganz auszumachen, außer wenn sie sich vor der Sonne abzeichneten, die die Düsterkeit durchdrang. Und der Wind heulte wie die Stimme eines Dämonen die engen Straßen herab und ließ Sand gegen ihre Visiere prasseln.
    Bögen spannten sich von spitzen Türmen zu Zylinderbauten; Zylinder, so breit wie hoch, türmten sich vor der sandverschleierten Sonne auf... nirgendwo in Niuns Gedächtnis waren derartige Bauten enthalten. Er blickte sich um und betrachtete sie und fand nichts Vertrautes an ihnen, nichts, das ihm sagte: hier hat das Volk gelebt . Furcht senkte sich auf ihn, eine tiefe seelische Depression.
    Sie mußten sich eine Zeitlang ausruhen, geschützt im Inneren eines zerbrochenen Turmes, niedergedrückt durch das Heulen des Windes draußen. Duncan hustete, ein flaches und müdes Geräusch, das schließlich aufhörte, nachdem ihn die Mri überredet hatten, etwas von ihrem Wasser zu trinken. Er zog sich einen zweiten Schleier über das Gesicht, der für ihn das tat, was die Götter in ihrer Weisheit für die Mri getan hatten, der ihn davor schützte, den feinen Staub einzuatmen.
    Von der Stadt jedoch, von dem, was sie sahen, sprach keiner von ihnen. Sie ruhten sich aus und gingen danach wieder in den Sturm hinaus. Duncan übernahm den Schlitten, der abwechselnd durch Sand zischte und über Stein scharrte. Obwohl er eine Last war, wollten sie nicht auf das verzichten, was er trug, als sich die Frage erhob.
    Melein führte sie in Richtung auf das Stadtzentrum, in die Richtung, die Niun auch gewählt hätte: zum Herzen des Straßenlabyrinthes, denn die geheiligten Orte, die Schreine, befanden sich stets im Zentrum, und immer zur Rechten des Zentrums erhob sich der E'ed su-shepani , der angebaute Turm der She'pan. In jedem Mri-Bauwerk in der gesamten Schöpfung kannte ein Mri seinen Weg: so war es in der Zeit der Städte sicherlich auch gewesen.
    Die Dusei verschwanden erneut. Niun sah sich um, und sie waren weg, obwohl er ihre Berührung noch spürte. Duncan wandte ein blindes, schwarz maskiertes Gesicht in dieselbe Richtung, blickte dann wieder in die Richtung, in die Melein ging, und warf sein Gewicht in die Seile. Das Kreischen der Kufen auf nacktem Stein übertönte einen Moment lang das Heulen des Windes, verklang, als sie wieder auf Sand gingen.
    Und die Türme standen hier weniger dicht, und sie traten auf einen großen Platz.
    Dort stand das Edun, das Haus, das sie gesucht hatten... schräge Wände, vier Türme mit einem gemeinsamen Fundament: das Haus, das sie aus Erde errichtet gekannt hatten, gedrungen und unfertig. Dieses jedoch bestand aus safrangelbem Stein, verhüllt durch die Sandschleier, und Bögen verliefen zu den oberen Gebäudeteilen, eine ehrfurchtgebietende Masse, die Niuns gesamte Erinnerungen grob und klein erscheinen ließ... das Lied, dessen Echo sein Alter war.
    »Götter«, hauchte Niun, der jetzt wußte, was das Volk einmal hatte schaffen können.
    Hier würde der Schrein sein, wenn es einen gab; hier würde das Herz des Volkes sein, wenn noch etwas davon lebte. »Kommt!« drängte Melein sie.
    Mit Mühe begannen sie den Anstieg zu den Toren. Duncan plagte sich mit dem Schlitten ab, und Niun packte das Seil und half ihm. Die Tore waren geöffnet. Meleins weiße Gestalt trat als erste in die Dunkelheit, und Niun ließ Duncan stehen, alarmiert durch ihre Unbesonnenheit.
    Das dunkle Innere enthielt keine Bedrohung; es war dort ruhiger, und die Wolken aus Sand und Staub verfolgten sie nicht weit hinein. In diesem fahlen Licht, das durch das Tor hereindrang, faltete Melein den Schleier über ihre Mähne zurück. Niun hob sein Visier und ging zurück, um Duncan zu helfen, der den Eingang erreicht hatte. Die Schlittenkufen kreischten kurz, als sie das Gefährt hineinzogen. Das Geräusch hallte von den im Schatten liegenden Wänden und der gewölbten Decke wider.
    »Hütet eure Augen!« sagte Melein.
    Niun drehte sich um und sah sie nach einer Schalttafel am Eingang langen. Licht flammte auf, kalt und plötzlich. Die Membran reagierte augenblicklich, und selbst durch ihren Schleier hindurch erkannte Niun schwarzes Netzwerk, das an den Wänden rings um sie aufragte. Eine Schrift, ähnlich und doch unähnlich der, die Melein angefertigt hatte – steif, eckig und mächtig. Selbst von Meleins Lippen löste sich ein Ausruf, Ehrfurcht über das, was sie bloßgelegt hatte.
    »Die Böden sind sauber«, merkte Duncan mit verfremdeter Stimme an, wischte sich Tränen aus dem

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