Shon'jir – die sterbende Sonne
verwirrt.
»Niun«, flüsterte Duncan – dann laut: »Niun!«
Der Kampf dauerte an, und doch schien der Mri seiner Anwesenheit kaum bewußt zu sein, trotz des Griffes seiner Hand. Es war etwas anderes, etwas Inneres, das Niun beschäftigte, und die großen goldenen Augen waren erschreckt geweitet.
»Niun, hör auf! Ich bin Duncan. Duncan ist bei dir. Sei ruhig und sieh mich an!«
»Duncan?« Der Mri war plötzlich ohne Kraft, die Brust hob und senkte sich heftig vor Erschöpfung, als sei er von einem unmöglich fernen Ort hergelaufen. »Die Dusei sind verloren.«
Solche Phantasterei war mitleiderregend. Niun war ein Mann von klarem Verstand und mit schnellen Reflexen. Jetzt sah er völlig verstört aus. Duncan hielt seinen Arm, und da er den Stolz der Mri kannte, zog er eine Ecke der Bettdecke über dessen untere Gesichtshälfte, eine Verhüllung, hinter der sich der Mri stets sicherer fühlte.
Langsam, langsam kehrte der Verstand in diesen fremden Blick zurück. »Laß mich gehen, Duncan!«
»Ich kann nicht«, sagte er elend. »Ich kann es nicht, Niun.«
Die Augen fingen an, wieder ihren Brennpunkt zu verlieren, wegzugleiten. Die Armmuskeln fingen an, sich zu lockern. »Melein«, sagte Niun.
»Sie ist in Sicherheit.« Duncan preßte die Hand zusammen, bis sie sicherlich schmerzte, versuchte, ihn zum Zuhören zu zwingen. Aber der Mri war wieder in seinen Traum zurückgesunken. Sein Atem ging rasch. Sein Kopf wandte sich im Delirium von einer Seite zur anderen.
Und schließlich wurde er wieder ruhig.
Duncan ließ Niuns Arm los und ging, zuerst langsam, dann schneller. Das Seltsame an diesem Vorfall schmerzte ihn; aber Niun kämpfte gegen die Sedation, kam immer stärker aus ihr heraus, hatte ihn erkannt, hatte mit ihm gesprochen. Vielleicht hatte Luiz – der Gedanke kam ihm – die Höhe der Sedation dem fremden Stoffwechsel angepaßt, war vernünftiger gewesen, als er sich im Streit über dieses Thema gezeigt hatte.
Er ging zur Hauptschleuse, zu dem Wachtposten, der das Kommen und Gehen aller beobachtete, die das Schiff betraten und verließen. Er unterschrieb im Logbuch und reichte den Stift zurück.
»Anstrengende Sitzung, Sir?« fragte die Nachtwache, aus Sympathie, nicht aus Neugier. Tereci kannte ihn.
»Ein bißchen, ein bißchen«, sagte er und blinzelte Tereci mit Augen an, die, wie er wußte, rot waren, und betastete sein Kinn, das unrasiert war. »Nachricht für Luiz, sobald er aufwacht: ich möchte so rasch wie möglich mit ihm sprechen.«
»Aufgezeichnet, Sir«, sagte Tereci und kritzelte es auf das Nachrichtenblatt.
Duncan ging auf die Schleuse zu, erwartete, daß Tereci sie für ihn öffnete. Er tat es nicht.
»Sir«, sagte Tereci, »Sie sind nicht bewaffnet. Die Bestimmungen.«
Duncan fluchte erschöpft, erinnerte sich an den gültigen Befehl für Personal, das nachts hinausging. »Können Sie mir Handwaffen heraussuchen?«
»Unterzeichnen Sie«, sagte Tereci, öffnete einen Schrank und reichte ihm eine Pistole, wartete, während Duncan seinen Namen auf ein anderes Formular setzte. »Es tut mir leid«, meinte Tereci, »aber hier war in der Nacht einiges los. Auch abgesehen von den Bestimmungen ist es besser, etwas bei sich zu tragen.«
»Regul?« wollte Duncan wissen, aufgeschreckt durch diese Neuigkeit, die er in den Berichten nicht gelesen hatte. Regul war alles, das ihm unmittelbar einfiel, und wäre er nicht so müde gewesen, wäre er diplomatischer vorgegangen.
»Tiere, die um die Grenzen der Wachstrahler herumgeschlichen sind. Sie kommen niemals in deren Bereich, aber ich würde nicht unbewaffnet dort hinausgehen. Wollen Sie eine Begleitung, Sir? Ich könnte jemanden vom Nachtdienst der Sicherheit auftreiben...«
»Nicht nötig«, erwiderte Duncan müde. »Nicht nö- tig.« Er war aus dem Freien gekommen, und obwohl damals bewaffnet, hatte er niemals an den Einsatz von Waffen gedacht. Er war in Gesellschaft von Mri durch das Land gegangen. Er beachtete keine Warnungen von seiten dieser Menschen, die auf die Sicherheit der FLOWER und des Nom angewiesen waren, die niemals das Land gesehen hatten, das zu besetzen sie gekommen waren.
Sie konnten inmitten von Sil'athen stehen und es doch niemals sehen, die Menschen von Galeys Art – solide, anständige Menschen. Die nicht staunen konnten.
Er schnallte sich die Pistole um, ein schweres Gewicht, ein Angriff auf den müden Rücken, widmete Tereci ein müdes Dankeslächeln und ging hinaus in die kalte, ätzende Luft. Ein Geysir
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