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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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unwissend all dessen, was sie nicht gelernt haben. Aber diesmal, diesmal, Kel Duncan, nehmen wir unsere lebendige Vergangenheit in deiner Person mit uns; und wie dies gegen jedes Gesetz, gegen jede Weisheit von She'panai vor mir verstößt, so unterscheidet sich diese Reise von anderen Reisen und diese Dunkelheit von anderen Dunkelheiten. Ich habe dir erlaubt, bei uns zu bleiben. Hat dein Volk es vermutet, Duncan, daß wir heimkehren?«
    Es gab ein verbotenes Spiel, das die Kinder des Kath zu spielen pflegten, das Wahrheitsspiel: berühre das Dus und versuche zu lügen. Wenn die Mütter davon erfuhren, verboten sie es, obwohl die großen Tiere duldsam mit den Kindern waren und die unschuldigen Geister der Kinder sie nicht verstören konnten.
    Finde heraus wo ich den Stein versteckt habe.
    Weit weg? In der Nähe?
    Berühre das Dus und versuche zu lügen.
    Aber nicht unter Brüdern, nicht innerhalb des Kel oder des Sen. »Melein«, protestierte Niun. »Er hat Angst vor dem Tier.«
    »Er hat Angst«, wiederholte sie rauh. »Sag mir, Duncan, was erwarteten sie von den Aufzeichnungen, die sie in das Schiff brachten?«
    »Daß sie – daß sie zur Auffindung von Mri-Basen führen könnten.«
    Das Gefühl in der Luft war wie das vor einem Sturm, dick und nahe und unwirklich. Das große Dus erschauerte und hob den Kopf. »Sei still!« flüsterte ihm Niun in das unempfindliche Ohr und zupfte daran, um das Tier abzulenken.
    »Ah«, sagte Melein, »und die Menschen haben dieses Band sicher vervielfältigt. Sie haben sich dieses Geschenk genommen, das im Pan'en lag, in ihren Händen. Und damit wir dem Band vertrauen, haben sie uns dich mitgegeben.«
    Das Dus schrie plötzlich auf, und beide Tiere bewegten sich. Eines schleuderte Duncan zur Seite, und er rollte gegen die Wand, die Glieder durch die Wirkung des Schlages ausgebreitet. Beide Dusei waren auf den Beinen, ihre Furcht fühlbar. »Yai!« rief Niun seinem Tier zu, klatschte in die Hände, schlug es. Es reagierte, warf den Körper gegen den Gefährten und hielt das Tier so in Schach, verlagerte seine Gewicht hin und her, um zwischen dem anderen Tier und Duncan zu bleiben, und Niun warf sich an Duncans Seite und zwang sein Dus, sie abzuschirmen.
    Die Panik spitzte sich zu und klang dann ab. Duncan war auf den Knien, hielt den Arm an den Leib gepreßt und zitterte konvulsivisch. Sein Gesicht war bleich und schweißbedeckt. Niun faßte ihn an, zog den Arm an sich und schob den Ärmel hoch, legte die häßliche und geschwollene Wunde frei.
    Dus-Gift.
    »Du wirst nicht daran sterben«, sagte er ihm, hielt ihn fest und versuchte, das krankhafte Zittern zu lindern, das den Menschen quälte. Er war sich nicht sicher, ob Duncan ihn verstehen konnte. Melein kam herbei, beugte sich herab und faßte an den verwundeten Arm; es gab jedoch kein Mitleid in ihr, nur kalte Neugier.
    Die Dusei krochen zurück. Das kleine gekränkte Tier zauderte und strahlte Pein aus und blutige Gefühle. Das größere schnupperte an Duncan, schnaubte und zog sich zurück, und der Mensch fuhr zusammen und schrie laut auf.
    »Du hast sie beide verletzt«, sagte Niun zu Melein und glaubte, daß sie für den einen oder den anderen Reue empfinden würde, das Dus oder den Menschen.
    »Er ist nach wie vor Tsi'mri«, sagte sie. »Und Niun, er hat uns von Anfang an belogen; ich habe es gewußt. Du hast es gesehen.«
    »Du weißt nicht, was du getan hast«, sagte Niun. »Er hatte Angst vor den Dusei, besonders vor diesem einen. Wie konntest du die Wahrheit von ihm erwarten? Das Dus ist verletzt, Melein; ich weiß nicht, wie sehr.«
    »Du vergißt dich!«
    »She'pan«, sagte er und senkte den Kopf, aber das beschwichtigte sie nicht. Er nahm Duncans gesunden Arm und half ihm so beim Aufstehen, legte den Arm um ihn und hielt ihn auf den Füßen. Der Mensch stand völlig unter einem tiefen Schock. Als Niun sich in Bewegung setzte, kam das Dus herbei und langsam, langsam verließen sie die Gegenwart der She'pan.
    * * *
    Manchmal kämpfte der Mensch sich aus dem Fieber heraus, wurde für einen Moment klar; bei solchen Gelegenheiten schien er zu wissen, wo er sich befand, und seine Augen wanderten über das, was ihn auf seinem Platz bei dem Dus in einer Ecke der Kel-Halle umgab. Aber dieser Zustand war nie von Dauer. Er konnte ihn nicht bewahren und zog sich wieder in das Delirium zurück. Niun sprach nicht mit ihm und stellte die Lampen nicht zu hell ein; es war am besten, sowohl den Menschen wie auch das Dus möglichst

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