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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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von Wahrnehmungen zu befreien.
    Schließlich, als es im Nachtzyklus noch keine Besserung gab, ging Niun zu Duncan und nahm ihm, wie eine Kath'en ein Kind ausziehen mochte, Mez und Zaidhe und auch die Gewänder ab, so daß er die Wärme des Dus aufnehmen konnte. Er bettete ihn zwischen sein eigenes Tier und das kranke und legte zwei Decken über ihn.
    Das Gift wirkte stark in ihm; eine Bindung war zwischen zwei Geschöpfen erzwungen worden, die sich gegenseitig nicht ertragen konnten. Die Wunde war tief, und Duncan hatte aus der hohlen Hinterklaue mehr Gift abbekommen, als selbst für einen daran gewöhnten Mri gut gewesen wäre. Die alten Wege besagten jedoch (und als Kel'en wußte Niun nicht, ob es Wahrheit oder Fabel war), daß ein Dus seinen Mann danach kannte – daß, wenn einmal ein Mann die Substanz aufgenommen und es überlebt hatte, er niemals mehr durch das Gift oder den Zorn dieses bestimmten Dus gefährdet war, das sich niemals im Leben wieder von ihm trennen würde. Das traf nicht ganz zu, denn ein Mann, der mit Dusei umging, erhielt oft kleine Kratzer durch die Klauen und gelegentlich auch tiefere, die ihn fiebrig machten. Aber es stimmte auch, daß ein an ein bestimmtes Dus nicht gewöhnter Mann auf eine tiefe Wunde durch dieses Tier sehr stark reagieren, ja sogar sterben konnte.
    Melein wußte besser darüber Bescheid als sie sich jetzt verhalten hatte: in Kel und Sen ausgebildet kannte sie Dusei, und sie wußte, daß sie das Tier gefährlich provozierte, das sich wegen Duncan quälte und seine Panik aufnahm. Aber wie die andere She'pan, der er gedient hatte, hatte Melein nur Kälte anstelle eines Herzens.
    Und Duncan, seine nackte Haut der Hitze und den Absonderungen des heißen Dus-Felles ausgesetzt, das Gift des Tieres in den Adern, würde sich auf das Dus einstellen und das Tier auf ihn – wenn er nicht starb oder das Tier nicht Miuk wurde, nicht in den Irrsinn verfiel, dem überspannte Dusei manchmal zum Opfer fielen und der sie in Killer verwandelte. Das war es, was Melein wohl wissend riskiert hatte.
    Wenn das Tier irrsinnig wurde, wußte Niun nicht, ob er den Menschen vor dem gleichen Schicksal bewahren konnte. Er hatte davon gehört, daß ein Mri durch ein Miuk-ko -Dus mit in den Wahnsinn gerissen wurde; er dankte den Göttern dafür, daß er es nicht miterlebt hatte.
    Die Warnsirene erklang.
    Duncan blickte entsetzt auf den Sternenschirm und fluchte vor Angst. Dies war der ungeeignetste und schlimmste Zeitpunkt für die Vorbereitung auf eine Transition.
    Die Klingel schrillte. Die Dusei erhoben sich erschreckt, und Duncan warf einfach die Arme um den Nacken seines Tieres, senkte den Kopf darauf und hielt sich fest, völlig verloren in den Dus-Ängsten und dem Geist des Tieres.
    Vielleicht schützte ihn das. Sie sprangen, tauchten wieder auf, sprangen erneut innerhalb einer Nachthälfte. Der Mensch und das Dus klammerten sich aneinander fest und strahlten eine solche Angst aus, daß das andere Tier nicht bei ihnen bleiben konnte.
    Man sagte, daß Dusei sich nicht an Geschehnisse erinnerten, sondern nur an Personen. Und vielleicht war es das, was den Menschen anzog und ihm eine Zuflucht bot, aus der er nicht mehr hervorkommen wollte.
    * * *
    »Duncan«, sagte Niun am nächsten Morgen, hielt ihm ohne weiteres Zureden eine Tasse an die Lippen und gab ihm Wasser, denn er war kein Dus, das ohne zu trinken auskommen konnte. Er wusch das Gesicht des Menschen mit den Fingerspitzen.
    »Gib mir mein Gewand«, sagte Duncan daraufhin leise und überraschte ihn damit, und Niun war glücklich und zog den Menschen von dem kranken Dus weg, half ihm beim Aufstehen. Duncan war sehr schwach, der Arm heiß und noch geschwollen. Niun mußte ihm in seine Kleider helfen, und nachdem er Kopftuch und Schleier erhalten hatte, verschleierte er sich, als ob er sich diese Zurückgezogenheit ernsthaft wünschte.
    »Ich werde mit der She'pan reden«, bot Niun ernst an. »Duncan, ich werde mit ihr reden.«
    Der Mensch holte tief Atem und ließ ihn mit einem Zittern wieder fahren, stieß das Dus weg, das an seinem Bein schnupperte. Es warf ihn mit seiner großen Kraft beinahe um. Er fing sich mit Hilfe von Niuns angebotener Hand, stieß das Hilfsangebot dann ein zweitesmal weg, stur in seiner Isolation.
    »Aber du hast unrecht«, sagte Duncan, »und sie hatte recht.« Und nachdem er erneut Atem geholt hatte: »Schiffe sind auf unserer Spur. Mein Volk. Kriegsschiffe. Ich habe gelogen, Niun. Es war kein Geschenk. Sie haben

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