Shooting Stars (German Edition)
ins Wasser werfen, bevor ich mich wieder auf den Weg nach Köln machen werde. Bevor ich wieder in mein Hotel fahren werde, in dem ich duschen werde, in dem ich zu Abend essen und in dem ich sehen werde, welche Reaktionen dieser Nachmittag hervorrufen wird.
6
Das Essen war erträglich. Nein, es war in Ordnung. Mehr nicht. Und das, obwohl ich für den Preis in Köln bestimmt auch eine richtig gute Mahlzeit, vielleicht sogar ein kleines Menü hätte bekommen können.
Aber der Kellner war freundlich und zuvorkommend. Er reagierte, auch nachdem ich ihm gesagt hatte, dass es nicht besonders geschmeckt hatte, souverän. Lies sich dadurch nicht verleiten, wie es so viele Kellner machen, mir ein Dessert auf Kosten des Hauses anzubieten. Oder einen Schnaps. Einen Espresso. Er sagte bloß, es tue ihm leid und dass er es der Küche weitergeben werde.
Er war überrascht, dass ich ihn schon im Lauf meiner Beschwerde bat, das Essen aufs Zimmer zu buchen und mit dem Essen auch ein Trinkgeld. Die übliche Summe, sagte ich. Und er nickte nur. Bedankte sich und nickte.
Der Wein, den ich mir mit aufs Zimmer genommen habe, ist gut. Wirklich gut. So guten Weißwein habe ich seit Jahren nicht getrunken. Er ist vielleicht noch etwas jung, denke ich. Alte Rebe hin oder her. Ein Hauch von Kohlensäure spielt auf meinem Gaumen, während ich den Fernseher einzuschalten versuche. Es ist kurz vor acht. Kurz bevor in der Tagesschau die neuesten Nachrichten gesendet werden.
Ich mühe mich an dem Fernseher ab. Diese Flachbildfernseher verstehe ich nicht. Ich kann den Power-Knopf nicht finden, über den man das Gerät mit Strom versorgen kann. Finde ihn dann aber doch, und als ich mich hinsetze, merke ich, wie aufgeregt ich bin. Weil ich wissen will, wie sie reagieren. Wie die Öffentlichkeit zu dem steht, was heute passiert ist. Aber sie melden nichts. Sie sprechen über die Verhaftungen in Frankreich, darüber, dass die Franzosen nun in absehbarer Zeit wahrscheinlich wieder zu ihrem normalen Leben übergehen werden. Und sie stellen Vermutungen an, ob die Täter in Frankreich auch mit den Morden in Deutschland und Schweden zu tun haben.
Sie sprechen über das Ultimatum in Schweden. Danach über die weltpolitische Lage. Über die immer nervöser werdenden Finanzmärkte. Sie sprechen über sportliche Ereignisse und über das Wetter. Und erst ganz am Schluss, nachdem die Wetterfrau den Deutschen auch für die nächsten Tage Sonnenschein und milde Temperaturen versprochen hat, meldet sich der Moderator noch einmal zu Wort. Steht seine Kollegin mit ernster Miene neben ihm und hört ihm dabei zu, wie er sagt:
Eigentlich wollte ich diese Sendung mit einer positiven Nachricht abschließen. Aber soeben hat uns die Meldung erreicht, dass in Deutschland erneut ein Anschlag verübt wurde. Die Behörden nehmen an, dass zwischen dieser Tat und der als Promi-Morde bekannten Serie von Anschlägen ein Zusammenhang besteht. Offenbar wurde in einer Villa in Köln auf mehrere Menschen geschossen. Laut den uns vorliegenden Angaben soll es dabei drei Tote und einen Schwerverletzten gegeben haben. Wer die Opfer sind, wurde noch nicht bekanntgegeben. Aber sobald wir Einzelheiten zu dieser Tat erfahren, werden wir Sie umgehend informieren
.
Ich wünsche Ihnen trotzdem einen schönen Abend und freue mich, Sie um kurz vor zehn wieder begrüßen zu dürfen. Dann mit den neuesten Meldungen zum aktuellen Anschlag in Köln
.
SECHS
1
Es stimmt also.
Ich habe ihn nicht richtig getroffen.
Aber vielleicht, denke ich, immerhin haben sie von schweren Verletzungen gesprochen. Nicht von schwersten. Sie haben kein Wort über Lebensgefahr verloren, sie mit keiner Silbe angedeutet. Aber sie haben sie auch nicht ausgeschlossen. Nur kann es eigentlich nicht sein, dass Stefan jetzt noch stirbt. Weil er bloß überlebt haben kann, wenn das Projektil glatt durch seinen Arm oder seine Schulter gedrungen ist, wenn ich Stefan bloß gestreift habe oder irgendetwas, das er eingesteckt hatte, eine Geldbörse mit vielen Kreditkarten oder Kleingeld, nur wenn irgendetwas Massives die Wucht des Projektils aufgehalten oder seine Flugbahn wesentlich verändert hat, kann er noch am Leben sein. Ich muss ihn wirklich schlecht getroffen haben. Eine andere Möglichkeit lässt dieses Kaliber nicht zu.
Ich verfolge die Nachrichten im Radio. Bei Koblenz bin ich über den auf dieser Höhe relativ schmalen Rhein gefahren. Es klingt immer groß, denke ich, wenn man Rhein sagt. Aber auf dieser Höhe ist
Weitere Kostenlose Bücher