Shoppen und fischen
hatte zu regnen, und merkte es erst wieder am nächsten Regentag. Aber wie konnte man einfach keinen
haben
?
«Womit soll ich mich denn trocken halten?», wollte ich wissen.
Er gab mir eine Plastiktüte aus dem Drugstore. «Nimm die.»
«Das hat wirklich Klasse», sagte ich und riss sie ihm aus der Hand.
Der Abend fing nicht gerade grandios an.
Es wurde nur noch schlimmer, als wir an der Ecke standen und uns bemühten, ein Taxi zu erwischen, was im Regen so gut wie unmöglich ist. Nichts am Leben in Manhattan finde ich frustrierender, als bei unfreundlichem Wetter und mit sehr hohen Absätzen auf dem Gehweg zu stranden. Als ich mich Marcus gegenüber entsprechend äußerte, schlug er vor, zur U-Bahn zu rennen.
Ich runzelte die Stirn und erklärte ihm, ich könne in High Heels nicht rennen, und außerdem wandele man in Jimmy Choos nicht in der Unterwelt. Als dann schließlich doch ein Taxi anhielt, blieb ich mit dem linken Schuh in einem Gully stecken, und er klemmte so fest, dass ich den Fuß herausziehen, mich bücken und daran reißen musste. Während ich noch den verschrammten Absatz in Augenschein nahm, flatterte die Plastiktüte hoch, und der Regen klatschte mir auf die Stirn.
Marcus gluckste. «Die Schuhe wären in der Unterwelt wohl doch besser aufgehoben, was?»
Ich funkelte ihn an, als er vor mir ins Taxi rutschte und dem Fahrer die Adresse nannte. An der Adresse konnte ich nicht erkennen, um welches Restaurant es sich handelte; ich konnte nur für ihn hoffen, dass er eine gute Wahl getroffen und etwas ausgesucht hatte, das einem dreißigsten Geburtstag angemessen war. Einen Fünf-Sterne-Eintrag im Restaurantführer, den ich vergessen hatte.
Aber ein paar Minuten später stellte ich fest, dass Marcus’ Vorstellung von einem Essen zum dreißigsten Geburtstag etwa der glich, die ich von einem Essen zum sechsundzwanzigsten Geburtstag hatte – wenn der Typ praktisch pleite und/oder nicht besonders scharf auf das Mädel war. Er hatte ein mir völlig unbekanntes italienisches Restaurant ausgesucht, in einer Straße im Village, die mich noch nie interessiert hatte. Versteht sich von selbst, dass ich in dem Laden die Einzige war, die Jimmy Choos trug. Und das Essen war grauenvoll. Ich rede hier von altem, mehrfach aufgebackenem Brot, auf den Tisch geknallt in einem roten, mit Wachspapier ausgekleideten Plastikkorb, gefolgt von weich gekochter Pasta. Nur aus einem einzigen Grund brachte ich alles herunter und bestellte ein Dessert: Ich wollte wissen, ob Marcus wenigstens daran gedacht hatte, einen Kuchen mit einer Kerze zu ordern oder irgendetwas Feierliches oder Besonderes zu veranstalten. Natürlich kam mein Tiramisú völlig schmucklos auf den Tisch. Ohne Himbeergarnitur, ohne alles. Als ich mit der Gabel darin herumstocherte, fragte Marcus, ob ich mein Geschenk haben wolle.
«Klar», sagte ich achselzuckend.
Er überreichte mir eine Tiffany-Schachtel, und für einen Augenblick geriet ich in Aufregung. Aber wie bei der Auswahl des Lokals erwies er sich auch in der Abteilung Geschenke als Versager. Bohnenförmige Silberohrringe von Elsa Peretti. Nicht mal Platin oder Weißgold. Gut, sie kamen von Tiffany, aber diese Bohnen-Pendants waren Massenware, Vorstadt-Tiffany. Wiederum angemessen für einen sechsundzwanzigsten Geburtstag, aber nicht für einen dreißigsten. Claire hatte es besser gemacht. Zumindest war ihr Geschenk wie ein Herz geformt und nicht wie eine blähende Gemüsesorte.
Während Marcus die Rechnung abzeichnete, unterdrückte ich eine spitze Bemerkung, weil ja immer noch die Chance bestand, dass die Nummer mit den Bohnen-Ohrringen mich bloß von der Spur des Diamantrings in seiner Lederjacke abbringen sollte. Stattdessen dankte ich ihm also freundlich für die Ohrringe und legte sie zurück in die Schachtel.
«Willst du sie nicht anlegen?», fragte Marcus.
«Nicht heute Abend.» Ich dachte überhaupt nicht daran, sie gegen meine Diamantstecker auszuwechseln, die ich ironischerweise von Dex zu meinem sechsundzwanzigsten Geburtstag bekommen hatte.
Nach dem Essen gingen wir auf einen Drink ins Plaza (meine Idee) und danach zurück zu ihm nach Hause, wo wir miteinander schliefen (seine Idee). Zum ersten Mal hatte ich beim Sex mit Marcus keinen Orgasmus. Nicht einmal den winzigen Schluckauf eines Orgasmus. Und was noch schlimmer war, er schien es gar nicht zu bemerken – nicht einmal, als ich die Stirn runzelte und seufzte wie das Inbild einer frustrierten Frau. Stattdessen begann er,
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