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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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Geburtstag übergangen, einen Tag, über den wir seit mindestens fünf Jahren geredet hatten. Ich fing an zu weinen und ruinierte damit die Wirkung der Augenmaske, die ich mir heute zusätzlich zu meiner Gesichtsbehandlung gegönnt hatte. Ich rief Marcus auf dem Handy an, um ein bisschen Mitgefühl einzuheimsen.
    «Wo bist du?», fragte ich.
    «Was du nicht weißt, macht dich nicht heiß», sagte er, und im Hintergrund hörte ich starken Verkehrslärm. Ich sah ihn vor mir, wie er mit Paketen beladen die Fifth Avenue hinunterstolperte.
    «Sie haben nicht angerufen. Alle beide nicht. Kein Anruf, keine E-Mail , keine Karte. Nichts.»
    Er wusste, wen ich meinte. «Manche Ex-Freunde haben ganz schön Nerven», sagte er scherzhaft.
    «Sehr komisch! Ist das nicht unfassbar?»
    «Darcy, hast du ihnen nicht gesagt, dass du nie wieder mit ihnen reden willst? Dass sie – wie hast du dich ausgedrückt? – für dich ‹gestorben› sind?»
    Ich musste ihm zugute halten, dass er sich genau an meine Worte erinnerte. «Ja – aber sie könnten sich dochwenigstens
entschuldigen
. Sie haben’s nicht mal versucht. Heute ist mein dreißigster Geburtstag!»
    «Ich weiß, Baby. Und den werden wir feiern. Also schaff deinen strammen kleinen Arsch hierher.»
    Er hatte Recht, mein Arsch war immer noch stramm und klein. Das stimmte mich ein bisschen fröhlicher. «Ob ich wohl ein Basketball-Mädel werde?»
    «Was ist ein Basketball-Mädel?»
    «Eine von denen, die aussehen, als hätten sie nur einen Basketball unter dem Rock. Weißt du, mit schlanken Beinen und hübschem Gesicht. Und dann fällt der Ball raus, und
voilà
– sie ist wieder perfekt.»
    «Aber klar. Und jetzt komm her.»
    Er legte auf, bevor ich ihn fragen konnte, wo wir essen gehen würden und wie sehr ich mich aufbrezeln sollte. Na ja, dachte ich, das Wort
overdressed
gibt es für mich nicht, und so suchte ich mein engstes schwarzes Kleid heraus, meine hochhackigsten Jimmi-Choo-Schuhe und meine zarteste Unterwäsche, und breitete das ganze Ensemble auf dem Bett aus. Dann duschte ich, föhnte mir das Haar glatt, und als ich meine farblose Haut schminkte, entschied ich mich für rosige Lippen und dunkel umrandete Augen.
    «Dreißig und ab-so-lut umwerfend», sagte ich laut zu meinem Spiegelbild und versuchte, die winzigen Krähenfüße an meinen Augenwinkeln zu ignorieren. Und mir nicht darüber den Kopf zu zerbrechen, dass ich jetzt nicht mehr in den Zwanzigern und somit auf dem besten Wege war, meine beiden kostbarsten Vorzüge zu verlieren: Schönheit und Jugend. Ich verspürte ganz ungewohnte Selbstzweifel, aber ich schob sie beiseite, steckte Tante Clarice’ Zehner für das Taxi ein und ging zur Tür hinaus.
    Eine Viertelstunde später betrat ich Marcus’ Wohnung, als wäre sie ein Laufsteg.
    Er stieß einen Pfiff aus. «Du siehst toll aus.»
    «Danke.» Lächelnd betrachtete ich seine alte braune Cordhose, den mit Knötchen übersäten Pullover und die abgestoßenen Schuhe, und ich dachte an Claires missbilligendes Stirnrunzeln. Vielleicht war das einer der Gründe dafür. Er war schlampig. Aber nicht
couture-schlampig
– Sie wissen schon, tief hängende Jeans von Dolce & Gabbana und ein cooles Proletenunterhemd von Hanes. Nein, einfach nur
schlampig
.
    «Nimm’s mir nicht übel, aber du siehst nicht so toll aus.» Rachel hatte mir mal gesagt, jedes Mal, wenn ich eine Äußerung mit «Nimm’s mir nicht übel» eröffnete, hätte ich wahrscheinlich etwas zu sagen, das ich besser nicht sagen sollte.
    «Ich nehm’s dir nicht übel», sagte Marcus.
    «Bitte zieh dich um und mach dich ein bisschen schick. Und nur zur Info: Braun und Grau passen nicht zusammen   … auch wenn manche Nachrichtensprecher es anscheinend doch hinkriegen.»
    «Ich zieh mich nicht um», erwiderte er bockig.
    «Los, Marcus. Könntest du nicht wenigstens eine Kakihose und einen Pullover anziehen, den du vor weniger als sechs Jahren gekauft hast?»
    «Ich behalte das hier an.»
    Wir diskutierten noch einen Augenblick, und dann gab ich auf. Sowieso würde kein Mensch einen Blick auf Marcus werfen. Nicht mit mir an seiner Seite. Auf dem Weg zur Tür hörte ich, dass es donnerte, und ich fragte Marcus nach einem Schirm.
    «Ich hab keinen.» Komischerweise klang es, als sei er stolz darauf. «Seit Jahren nicht.»
    «Ich kapiere wirklich nicht», sagte ich, «wie einer keinen Schirm haben kann.» Schön, man verlor die Dinger dauernd, man vergaß sie im Geschäft oder im Taxi, wenn es aufgehört

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