Shoppen und fischen
ich fragte mich, ob er es genauso empfand.
«Warum können wir uns nicht zu Hause treffen?»
«Darcy, treib’s nicht zu weit.»
«Aber ich muss dir ein paar Sachen geben.»
«Was für Sachen? Ich habe alles.»
«Nur einen Karton voll Sachen, die du dagelassen hast. Zeug aus dem Aktenschrank.»
«Was zum Beispiel?»
«Landkarten, Betriebsanleitungen, ein paar Briefe …»
«Kannst du wegwerfen.»
«Können wir uns nicht einfach bei mir treffen? Wir unterhalten uns zehn Minuten, ich gebe dir dein Zeug, und du kannst gehen.»
«Nein. Bring’s ins Session 73.»
«Das ist zu schwer», sagte ich. «Ich kann es nicht hochheben, geschweige denn den ganzen Weg tragen …»
«Ach ja. Richtig. Du bist schwanger», sagte er bitter. Das war ein gutes Zeichen; er wäre nicht bitter, wenn es ihn nicht mehr kümmerte. «Dann komme ich gegen acht bei dir vorbei. Halte die Sachen bitte bereit.»
«Okay», sagte ich. «Bis heute Abend, Dex.»
Am Nachmittag verdrückte ich mich aus dem Büro, flitzte hinüber zu Bendel’s und fand dort einen fabelhaften giftgrünen Kaschmirpulli mit einem tiefen Rückenausschnitt. Dexter war ein Riesenfan meines Rückens. Er sagte immer, ich hätte den allerschönsten Rücken, und es gefalle ihm unglaublich gut, dass er so stark war und dass um den BH herum überhaupt kein Fett hervorquoll. Rachel hatte entschieden Fett auf dem Rücken, dachte ich, als ich quer über die Fifth Avenue zu meinem Friseurtermin bei Louis Licari wetzte. Nach einer fabelhaften Föhnbehandlung zog ich mir auf der Toilette des Salons meinen neuen Pulli an. Für den Fall, dass Dex vor mir da war, wollte ich bereit sein.
Und richtig, als ich nach Hause kam, saß er auf der Vortreppe und blätterte in irgendwelchen Unterlagen. Er sah hinreißend aus. Mein Herz raste genauso wie damals, alsich ihn vor so vielen Jahren das erste Mal in die Bar im Village hatte kommen sehen. Seine Bräune war ein bisschen verblasst, aber sein Teint wirkte immer noch strahlend. Seine olivfarbene Haut musste jede Frau neidisch machen. Eine perfekte, gleichmäßige Farbe, ohne jeden Makel. Seine Koteletten waren länger als früher, was ihm einen sexy Touch verlieh. Die subtile Veränderung gefiel mir. Aber ob mit oder ohne Koteletten, Dex sah phantastisch aus. Ich musste ihn wiederhaben.
«Hallo, Dex», sagte ich und lächelte zögernd. «Du bist früh dran.»
Dex schnitt eine Grimasse und schob die Unterlagen in seinen Aktenkoffer. Er klappte ihn zu, stand auf und sah mir direkt in die Augen. «Hi, Darcy.»
«Komm herauf.» Mit möglichst aufreizenden Bewegungen ging ich vor ihm die Treppe zu unserer Wohnung im zweiten Stock hinauf. Dex hatte es immer schrecklich gefunden, wenn ich für die zwei Etagen den Aufzug nahm. Deshalb wollte ich ihm zeigen, dass man sich ändern kann. Er folgte mir wortlos und wartete dann mit grimmiger Miene, bis ich die Tür aufgeschlossen hatte. Ich trat ein, aber er blieb draußen stehen.
«Und? Willst du nicht hereinkommen?», fragte ich und ging zur Couch.
Er rührte sich nicht von der Stelle. «Wo sind meine Sachen?»
Ich verdrehte die Augen. «Kannst du nicht bitte hereinkommen und dich setzen? Ich will nur einen Augenblick mit dir reden.»
«Ich hab um neun was vor.»
«Ja, aber es ist doch erst acht.»
Er sah sich nervös um. Dann seufzte er, kam herein und hockte sich auf die äußerste Sofakante. Den Aktenkoffer stellte er zwischen seinen Füßen ab. Ich dachte daran, wie oft er sich genau an diese Stelle hatte plumpsen lassen, wie er seine Schuhe abgestreift und sich zurückgelehnt hatte. Unzählige Male hatten wir auf diesem Sofa gegessen, hatten Hunderte von Filmen und Fernsehshows gesehen, und in den ersten Tagen hatten wir hier auch ein paar Mal miteinander geschlafen. Jetzt sah er deplatziert und steif aus. Es war gespenstisch.
Ich lächelte ihn an und versuchte, die Stimmung aufzulockern.
«Lass uns zur Sache kommen, Darcy. Ich muss los.»
«Wo willst du denn hin?»
«Das geht dich nichts an.»
«Gehst du mit Rachel aus? Wie läuft’s mit ihr?» Ich hoffte, dass diese unkluge Romanze – eine Beziehung, die auf verletzten und verwirrten Gefühlen basierte – im Sande verlaufen und dass dabei auch ihre Freundschaft in die Brüche gegangen war.
«Wir sollten keine Farce veranstalten und uns gegenseitig nach unserem Leben erkundigen, als wären wir Freunde», sagte Dex.
«Was soll das heißen?», fragte ich.
«Was hast du daran nicht verstanden?»
«Warum wir keine
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