Shopping and the City
mich nicht, denn dank deiner genialen PR-Arbeit werden wir in einer Stunde ganz groß in den Nachrichten herauskommen, und man wird in jedem Blog in einem Umkreis von dreitausend Meilen von Greenwich über uns reden.« Ich konnte einfach nicht glauben, dass ihre Stimme nach dem, was gerade passiert war, so fröhlich klang. »Wir werden berühmt!«, fuhr sie fort, während Mr. Murray die Tür hinter uns verriegelte.
W ie üblich, wenn ich nach Hause kam, saß Mom in der Küche an der Kochinsel mit der Arbeitsplatte aus französischem Marmor und starrte auf unseren rund um die Uhr angeschalteten, tragbaren JVC-Fernseher, während sie in ihrer regenfesten Martha-Stewart-Einkaufstasche im Faux-Bois-Muster stöberte, die bestens zu ihren Martha-Stewart-Gummistiefeln im gleichen Muster passten. Alle Super-Schickeria-Prinzessinnen, und besonders Ex-Super-Schickeria-Prinzessinnen wie Mom, sind eingeschworene Martha-Stewart-Fans. Ganz ehrlich, Mom hat tatsächlich geweint, als die Frau ins Gefängnis musste! Wie Martha liebt Mom nichts mehr als das Gärtnern. Leider hat Mom, all ihren Bemühungen zum Trotz, einen schwarzen Daumen. Unser einstmals gepflegter englischer Landhausgarten war jetzt, na ja, nennen wir es »öko-freundlich«. Dad und ich heucheln, dass er wunderschön sei. Wenn wir das nicht täten, hätten wir schließlich alle längst unseren Verstand verloren.
Mom holte ein Fläschchen Minzextrakt hervor – ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass sich ihr Magengeschwür wieder regte. Obwohl ich nie verstehen werde, warum eine achtunddreißigjährige Frau Minzextrakt benutzt, um ihr Magengeschwür zur Räson zu bringen.
Also entschied ich spontan, dass es nicht der beste Zeitpunkt war, ihr von McDonald’s zu erzählen. Nicht dass ich es ihr überhaupt erzählen musste, denn die vertraute Stimme von Missy Farthington plärrte sehr zu meinem Verdruss aus Moms Fernseher und informierte
sie an meiner Stelle ausführlichst über die jüngsten Geschehnisse. Ich schlich mich in die Diele, während Mr. Murrays Stimme gegen die Zerstörung einer amerikanischen Institution wetterte.
»Aus den Augen, aus dem Sinn«, war eindeutig die beste Strategie in einem Moment wie diesem, also ging ich auf die Treppe zu, in der Hoffnung, mich abzusetzen, bevor...
»Imogene!«, rief Mom. Sie hatte den Ton , jenen Tonfall, bei dem ich augenblicklich wieder drei Jahre alt war und gerade eben alle Blüten ihrer cremefarbenen französischen Damasttapete bunt ausgemalt hatte (etwas, das bis zum heutigen Tage bei den seltenen Gelegenheiten, wenn es überhaupt erwähnt wurde, nur als ›der Vorfall‹ bezeichnet wurde). Ich meine, was soll eine Dreijährige denn sonst mit einer brandneuen Packung von 64 Crayola-Wachskreidestiften machen? Besonders eine Dreijährige wie ich, die von ihren überaktiven kreativen Genen getrieben wurde.
»Imogene, komm auf der Stelle her!« Übersetzung: Gehe in das Wohnzimmer. Begib dich direkt dorthin und mach keinen Umweg. Dort fanden all unsere »Familiengespräche« statt. Als ich mich endlich dorthin geschleppt hatte, hatte sie bereits ihren Platz auf einem der überpolsterten Sofas eingenommen. Die Einrichtung war eine Mischung aus traditionellen Familienerbstücken und Dads Skulpturen und Bildern. Vor Jahren hatte Mom aus Achtung vor Dad ihre geschmackvolle Sammlung von Edward Lears Papageien-Illustrationen aus dem neunzehnten Jahrhundert gegen Dads riesige
und etwas seltsame Gemälde ausgetauscht. Seltsam, weil man meistens nicht wirklich erkennen konnte, was sie darstellten. Wenn man die Augen zusammenkniff, hatte man den Eindruck, es handle sich um fleischfressende Ungeheuer mit kegelförmigen Köpfen und langen, bluttriefenden Fängen – oder um riesige Blumen. Wunderschön, aber ein wenig verstörend. Freud hätte sich gar nicht wieder eingekriegt, und das ist noch eine Untertreibung. Ich schätze, das beweist, dass Mom ihn aus Liebe geheiratet hat, denn jeder, der jene wunderschönen Papageien gegen Dads Gemälde eintauscht, ist entweder komplett verrückt oder komplett im Bann der wahren Liebe.
»Das kann nicht sein«, sagte Mutter mit gerunzelter Stirn und spitz geschürzten Lippen. »Sag mir, dass das nicht stimmt«, bat Mom. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon sie redete. Oder was sie in ihrer Hand hielt.
»Als ob das McDonald’s-Debakel nicht genug für einen Tag wäre, und ich versichere dir, dass es das ist, erhalte ich doch gerade eben einen Anruf von einer sehr freundlichen
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