Shopping and the City
irgendeine seltsame chemische Reaktion ausgelöst worden.
Ich traf einen Entschluss: Ich werde mich strikt an meinen Plan halten. Unter keinen Umständen werde ich: 1. irgendjemanden anhimmeln, 2. irgendjemanden anbeten, 3. für jemanden schwärmen, 4. in irgendjemanden verknallt sein, 5. für irgendjemanden auf Mahlzeiten verzichten, 6. mich von irgendjemandem ablenken lassen, 7. wegen irgendjemandem schlaflose Nächte haben oder 8. irgendjemanden unwiderstehlich finden – ganz besonders nicht ihn.
Ich griff in meine Handtasche, um Evie zu simsen, während Nini weiterplapperte. Ich brauchte dringend eine Notausstiegsluke, und dann traf es mich wie ein Schlag – Oh mein Gott! Ich hatte mein Handy im Soho House gelassen … bei ihm!
Kapitel 4
Plan B
Datum: 21. Juni
Stimmung: Rot
Ich hatte jedes Quäntchen Willenskraft aufgebracht, um dem Drang zu widerstehen, vor September meine rote Lackledertasche von Lanvin auszuführen, doch es tat mir so leid, sie ganz verlassen dort im Kleiderschrank zu sehen, dass ich sie einfach herausholen musste.
H eute war also der Tag meines schicksalsträchtigen Vorstellungsgesprächs. Ich hatte im 10-Uhr- 10-Metro-North-Express zur Grand Central Station – der nicht wirklich ein Expresszug war, wie ich jedesmal feststellte, wenn sich zwischen Port Chester und 125th Street die Türen öffneten – eine nette, ruhige Sitzbank gefunden. Ich entschied jedenfalls, dass es helfen würde, den Schmerz in meinem Herzen zu betäuben, wenn ich mein Tagebuch schreiben würde. Aber leider war meine Konzentration nicht konzentriert. All meine Gedanken kreisten nur um ihn – und wie ich mein Handy zurückbekommen würde.
Ganz im Ernst, wie in aller Welt soll ein normales heißblütiges sechzehnjähriges amerikanisches Mädchen ohne sein Handy auskommen? Die Nummer anzurufen, hatte keinen Zweck, denn es klingelte nur. Er hatte es wahrscheinlich in seine Sockenschublade geworfen oder was auch immer. Mein Sidekick half nichts, denn Evie verbrachte den Tag mit ihrem Vater zusammen im Restaurant, und er duldete keine Störungen.
Ich versuchte abermals, mich auf mein Tagebuch zu konzentrieren. Na ja, die Tagebuchbedingung meines Praktikums kam mir gut zupass, denn ich hatte ein großartiges Leben geplant, das jetzt jeden Moment beginnen würde, und es wäre zu schrecklich, wenn dieses glorreiche märchenhafte Leben undokumentiert bliebe. Dann überlegte ich mir, was, wenn ich ein Buch über moi schreiben würde? Ja! Es dauerte weniger als eine Nanosekunde, bis ich damit anfing, und danach gerademal eine Minute, bis ich schon dabei einnickte. Anscheinend hatten mich ein Abend im Soho House, ein Kuss von einem Enrique-Iglesias-Doppelgänger und die Spannung eines lebensverändernden Vorstellunggesprächs meiner Nachtruhe beraubt, und ich holte diese im Zug nach.
I ch erwachte, als mein Zug auf dem Bahnsteig 24 einfuhr, welches mein Lieblingsbahnsteig ist, denn man muss nur zwei Schritte gehen und schon ist man mitten in der Grand Central Station. Ein gutes Omen, dachte ich bei mir. Ich betrat die Bahnhofshalle und ließ sogleich mein geübtes Auge umherschweifen
auf der Suche nach sich abzeichnenden neuen Trends in der Menge, die in der Great Hall umherwimmelte, wie man unschwer erkennen konnte, wenn man dem übersprudelnden Gedankenfluss in meinem Kopf folgte:
Leckerleckerlecker. »Trench Connection«. Dieser neue Chanel-Trenchcoat ist zum Fressen schön. Ich sage nur: Bye-bye, Burberry! Ja … hmmm. Das nenne ich »gut verschnürt«, von einem purpurnen Gucci-Echsenledergürtel; so Boho mit Klasse. Wo ist Roberto Cavalli, wenn wir ihn wirklich brauchen! Brandheiß vom Modeticker: Die Hippies sind wieder da! Hmmm, ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass sie je weg waren.
Was meinen eigenen Look an diesem Morgen betraf, so hatte ich mir Ninis Vorstellungsgespräch-Kleiderordnungsrat zu Herzen genommen und war von Kopf bis Fuß in eine rote, mit Bändern geschlossene Jacke von Lanvin und einen dazu passenden weiten Rock, ebenfalls von Lanvin, gekleidet. (Mein herzlicher Dank an den GCA-Charity-Shop.) Grundsätzlich bin ich kein Von-Kopf-bis-Fuß-Freund – Ton-in-Ton ist praktisch ein Synonym für Geschmacksverirrung! Aber die immense Bedeutung des heutigen potentiell lebensverändernden Ereignisses verlangte nach drastischen Maßnahmen. Der Fußteil bei »von Kopf bis Fuß« war ein Problem, denn ohne den richtigen Schuh war man erledigt, und machen wir uns nichts vor, bei diesem
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