Shopping and the City
das jährliche Frühlingsfest, das von unserer Jungs vorbehaltenen Partnerschule mit organisiert wird. Doch besagtes Fest wurde wie alle gemischten Schulveranstaltungen streng beaufsichtigt, und die Jungs standen gemeinhin mit den Jungs zusammen und die Mädchen mit den Mädchen.
»Also, was bringt dich hierher?«, brachte ich schließlich heraus.
»Ich bin mit einem Freund hier«, antwortete er und grinste von einem Ohr zum anderen.
»Hmm.« Beim Anblick seiner Grübchen wurden mir die Knie weich. Ganz ehrlich, mein Herz mochte ja eine Auszeit nehmen, aber meine Hormone spielten eindeutig
verrückt. In jüngster Zeit, und das muss wirklich unter uns bleiben, waren Jungs, ungeachtet aller anderen Dinge, die in meinem Leben passierten, ein Störfaktor geworden. Und wo wir schon einmal beim Thema sind, das beständige Hormon-Bombardement des Vorderhirns half auch meiner Konversationsfertigkeit nicht sonderlich.
»Es klingt, als würdest du dich mit Mode auskennen.«
»Ich liebe Mode. Zu Hause habe ich zwar kaum Gelegenheit, die Fabrik zu verlassen, aber ich bin ganz verrückt darauf zu sehen, was die Leute so tragen«, sagte er.
»Oh, du bist ein Fabrikarbeiter?« Toll. Das sah mir mal wieder ähnlich, dass ich mich ausgerechnet in irgendeinen armen Fabrikarbeiter verguckte, wenn auch in einen, der in der Mode bewandert war. Ganz ehrlich, als ob ich im Moment für derlei Ablenkungen Zeit hätte.
»Ja, ich helfe meiner Familie, indem ich in den Schulferien in der Fabrik arbeite.«
Ich entschied, all das für den Moment außer Acht zu lassen und mich stattdessen auf seinen Akzent zu konzentrieren, der mich völlig umhaute. Ganz ehrlich, ein Akzent erhöht die Begehrenswertigkeit ungemein. Da könnt ihr jedes Mädchen fragen.
»Oh, der ist sooooo süß.«
»Wer ist süß?«
»Na ja, dein Akzent natürlich … ich meine … nicht dass -«
»Du machst dich über mich lustig.«
Oje, schon wieder ins Fettnäpfchen getreten.
»Nein, nein. Ich habe mich nur gefragt, wo du herkommst. Bist du aus Spanien?«, fragte ich und schob mir eilig ein weiteres Fruchtbonbon in den Mund, nur um auf Nummer sicher zu gehen.
»Nein, aber nah dran«, sagte er spöttisch.
»Hmmm«, sagte ich zu den nunmehr berühmten Grübchen. »Oh, meinst du nah dran wie Portugal?«
»Nein, nein, nein. Iiieetalien«, verbesserte er mich gutmütig.
»Oooooohh. Iieetalien. Ich j’adore Iieetalien. Machst du Ferien hier?«, fragte ich etwas hilflos.
»Ähm, eigentlich nicht. Genau gesagt mache ich in einem Intensivkurs an der Sommerschule meinen Highschoolabschluss, damit ich hier im Herbst auf dem College anfangen kann«, erklärte er und griff über meine Schulter, um sein Glas auf dem Bücherregal hinter mir abzustellen. Er war mir so nah, dass ich ihn riechen konnte, und sein Duft war absolut berauschend. Hier jetzt alles, was er mir ansonsten wohl noch erzählt haben muss, auch wenn ich seinen Worten kaum Beachtung schenkte: Er beginnt im Herbst mit dem College; er mag House und spielt mit seinen Freunden Fußball; und wenn er daheim in Italien ist, schaut er sich fast jeden Sonntag die Spiele seines Lieblingsfußballvereins an. Er kocht auch gern, wie seiner Aussage nach alle italienischen Jungs, und zu guter Letzt: Italiener mögen ihre Freundinnen hochgewachsen und schlank und gut angezogen. Wie ich, versteht sich.
»Oh, wie interessant«, sagte ich und atmete ihn tief ein. Eine goldene Halskette baumelte aus dem Ausschnitt seines T-Shirts. Es war etwas darin eingraviert.
»Was steht da?«, fragte ich und berührte zaghaft seine Halskette.
»Hier?« Er schmunzelte und hielt mir die Kette hin, damit ich besser sehen konnte. »Grob übersetzt bedeutet es: ›lebe, lache, liebe‹.«
»Oh, wie abgedroschen!«, feixte ich und verdrehte die Augen. Er lachte.
»Und was ist das?«
»Das hier?«, fragte ich und strich mit meiner rechten Hand über den »Love«-Armreif von Cartier, den Tante Tamara mir zum Abschluss der Mittelstufe geschenkt hatte.
»Nein, das hier«, sagte er und zog sanft an dem roten Faden, den ich seit zwei Jahren an meinem linken Handgelenk trug. Kabbalisten behaupten, dass er gegen den bösen Blick schütze. Er hilft einem außerdem dabei, sich gegen negative Gedanken zu wehren, und das funktioniert wirklich bestens, wie ich persönlich bestätigen kann.
»Er schützt mich.«
»Er schützt dich? Wovor musst du denn beschützt werden?«
Na ja, es schoss mir durch den Kopf, dass Mädchen wie ich vor Jungs wie
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