Shopping and the City
Nahverkehrsstreik. Heute fahren nur eine Handvoll Taxis.« Er grinste.
»Und keine Busse!«, keckerte die alte Frau boshaft. Ohne zu überlegen, stürzte ich mich in den 42nd-Street-Verkehr. Hupen plärrten, Autos scherten schlingernd aus, Reifen quietschten, und Leute brüllten wüste Beschimpfungen – jede Menge. Es war an der Zeit, auf Plan B zurückzugreifen: zu Fuß gehen.
»Bleib ruhig, du schaffst es schon rechtzeitig.« Ich hyperventilierte, als ich die Straße zur Fifth Avenue hin überquerte. Du hast das alles schon eine Million Mal gemacht. Nur nicht in einem geborgten Paar 600-Dollar-Schuhe, die zu eng waren und ohne eine Schramme zurückgebracht werden mussten, schoss es mir durch den Sinn, während ich so schnell, wie mich meine schmerzenden Füße trugen, in westlicher Richtung humpelte. Ich versuchte, mich auf das Mantra für Schmerzbeherrschung zu besinnen. Trotz alledem und der Tatsache,
dass ich möglicherweise einen Tick zu spät kommen würde, hielt ich mich an dem einen aufmunternden Gedanken fest: In zehn Minuten würde ich der einflussreichsten Frau in der Modebranche gegenübersitzen.
A ls ich endlich die Seventh Avenue erreichte, war ich so sehr damit beschäftigt, »Om, Om, Om« zu intonieren, dass ich völlig den schlimmsten Albtraum jedes Mädels in Stöckelschuhen übersah: den gefürchteten U-Bahn-Belüftungsschachtrost.
»Om, om, oh mein Gott!«, kreischte ich, als einer der Absätze in dem Stahlrost versank, abbrach und ich hilflos gegen einen Hot-Dog-Stand schleuderte. Meine Hände rutschten über die Edelstahltheke und sammelten dabei Brötchen, Ketchup-Tütchen und Wechselgeld ein, während der Imbisswagen sich in Bewegung setzte und mich und seinen Besitzer mit sich zog. Der Besitzer war ein schmächtiger Man mit einer schmuddeligen Schürze und einer dicken Brille, und er schrie.
»Was du machen?!«, schrie er, während der Imbisswagen immer mehr Fahrt aufnahm und uns die Seventh Avenue entlang mitschleifte. Ich stemmte beide Füße gegen den Boden, um anzuhalten, doch der eine Absatz war futsch, und der andere folgte ihm alsbald. Meine Füße rutschten unter mir weg, und ich fiel nach hinten, wobei ich mich so gut ich konnte an der Seite des Imbisswagens festklammerte, während ich auf meinen absatzlosen Hacken weiterschlitterte. Der Hot-Dog-Verkäufer schaffte es, vor den Karren zu gelangen
und sich mit ausgebreiteten Armen dagegenzustemmen, während er mit schriller Stimme schrie: »Halt! Meine Würstchen! Meine Würstchen!«
»Ihre was?! Hilfe!«, rief ich zwischen »Om«s, als wir an einem Polizisten vorbei geradewegs auf ein paar rollbare Kleiderständer zurasten.
»Anhalten!«, donnerte der Polizist und lief neben dem Imbisswagen her. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht nach links, um zwischen den entgegenkommenden Kleiderständern hindurchzusteuern.
»Vorsicht!«, brüllte ich, als wir zwischen die Kleiderständer rollten und gekonnt einem Zusammenstoß entgingen, doch dafür leider mit einem lauten »Uffff!« den Polizisten mitrissen.
Wir sausten quer durch den Verkehr über die 41st Street, streiften einen Fahrradkurier und krachten gegen die Bordsteinkante. »Das ist alles nicht wahr, das passiert alles nicht wirklich«, war das Einzige, was meine Psyche beisteuern konnte. Ich schloss meine Augen, während ich durch die Luft segelte und mit dem Gesicht voran auf dem Tisch eines fliegenden Händlers landete. Der Tisch brach unter mir zusammen, und ich wurde unter einem Berg gefälschter Fendi-Handtaschen begraben.
Was für ein Schlamassel. Mein perfekter Plan war ruiniert, und meine glänzende Karriere als Trendsetter-Praktikantin war futsch! Mein märchenhaftes Leben, das heute hätte beginnen sollen, passierte in einer Nanosekunde vor meinen Augen Revue – ein kompletter Trümmerhaufen. »Wie konnte das passieren?«, fragte
ich mich fassungslos. Eine Traube scharte sich um mich und starrte mich in Massenungläubigkeit an und genoss diese kurze Unterhaltungseinlage, während sie darauf wartete, dass die Ampel umsprang. Der Hot-Dog-Verkäufer lag unterdessen dem verletzten Polizisten in den Ohren und verlangte von ihm, den für diese Katastrophe verantwortlichen Missetäter (das heißt mich) zu verhaften.
»Zeigen Sie mir mal Ihren Gewerbeschein!«, verlangte der Polizist wütend. Das war das Letzte, was ich hörte, denn plötzlich verlor sich alles in einem verschwommenen Nebel. Ich hatte das Gefühl, unaufhaltsam der Bewusstlosigkeit
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