Shopping and the City
Mund-zu-Mund-Beatmung. Die nüchterne Wirklichkeit? Mein Ritter in schimmernder Rüstung hatte sich als Ratte entpuppt!
»Hast du die leiseste Ahnung, was du getan hast?! HAST DU DAS?! Wie konntest du mich derart hintergehen?!« Paolos Mund bewegte sich in dem fruchtlosen Versuch zu sprechen. Ich sah zu den drei Frauen, die soooo nett, soooo mitfühlend gewirkt hatten. »Und ich vermute, das sind deine Freundinnen, die sich für dich aufMEINEM HANDY melden. Welches ich ÜBRIGENS auf der Stelle zurückverlange. Oder hast du vor, noch mehr von meinen Bildern zu verkaufen?!«
»Welche Bilder?«, stammelte Paolo. »Imogene, ich …« Aus dem Augenwinkel sah ich David langsam auf den Tisch zukommen.
»Du hast mein Handy verkauft.«
»Das habe ich nicht.«
»Nun, wie in aller Welt sind dann die Bilder von meinem Handy in Haute & Abouts Trendbuch gelangt? Die einzige Möglichkeit ist, dass sie mein Handy hatten. Versuch gar nicht erst, dir irgendeine Ausrede auszudenken«, zeterte ich, noch immer mit der Nudelschüssel in der Hand.
»Aber ich habe dein Handy nicht. Ich gab es -«
»OH! Ich kann es nicht glauben!! Du wagst es tatsächlich, mir ins Gesicht zu lügen!«
Davids Stimme ertönte leise neben mir. »Stell die Schüssel hin, Imogene.«
»Reg dich ab, Girlie«, sagte Evie.
»Bitte, Imogene«, flehte Paolo. »Hör mich doch bitte an -«
»Ich kann nicht fassen, dass ich dich tatsächlich gemocht habe!«, schrie ich fuchsteufelswild. David trat vor und griff nach der Schüssel, aber er kam zu spät.
»Oooo!«, stöhnte ich in hilfloser Wut und kippte die Reisnudeln über Paolos Kopf aus. Ein entsetztes kollektives Atemstocken erscholl. Dann war es plötzlich so, als hätte mitten im Heshi ein Wirbelsturm Einzug gehalten. Ich musste eine Kettenreaktion in Gang gesetzt haben. Gläser, Sakeflaschen und Teller flogen durch die Luft. Erschrockene Kellner ließen ihre Tabletts fallen; Zierrat purzelte von den Regalen; Leute drehten sich um und ließen aus Mitgefühl, Überraschung oder blanker Angst ihre Drinks fallen. Ich sah im Geiste, wie Restaurantbesucher aus Manhattan bis Montauk hektisch ihre Kontakte bei den diversen Nachrichtenredaktionen anriefen, um ihnen von dem Zwischenfall zu berichten, während über uns am Abendhimmel die Hubschrauber der Fernsehsender kreisten … und irgendwo flammte ein Blitzlicht auf.
Dann herrschte wieder Stille, als das gesamte Restaurant wie vom Donner gerührt erstarrte. Alle stierten uns an. Und dann sah Paolo völlig gelassen, ohne den leisesten Anflug von Zorn und noch immer mit den Nudeln auf seinem Kopf auf und verkündete: »Alle mal hergehört, ich möchten Ihnen Imogene vorstellen!«
Alle brachen in schallendes Gelächter aus; einige Leute klatschten sogar.
»Hallo, Ieemogene!!«, sagte eine der Damen an Paolos Tisch. »Du musst die Ieemogene sein, mit der ich letztens gesprochen habe, nicht wahr? Aber wir wurden unterbrochen.«
»Schau, diese ganze Sache ist offenkundig ein großes Missverständnis. Das Einzige, was zählt, ist, dass ich dich hier wiedergefunden habe«, sagte er. Reisnudeln baumelten von seinen Schultern, Pilzsuppe ließ sein Haar an seiner Stirn kleben, Blitzlichter flammten auf. Noch immer Blitzlichter?
»Hast du die leiseste Ahnung, was ich durchgemacht habe, ohne mein Handy?«
»Hast du die leiseste Ahnung, was ich durchgemacht habe, ohne dich?«
Schmelz.
Ich wollte ihm wirklich liebend gern glauben, aber es war zu spät. Der Schmerz bohrte sich ein letztes Mal in mein Herz, und ich suchte mein Heil in der Flucht.
Danach erinnerte ich mich nicht mehr an viel, außer dass ich in blinder Panik und hemmungslos schluchzend in die kalte Nacht hinausrannte. Alles, was ich mir bis zu diesem Moment in meinem Leben erträumt und
erhofft hatte, sah plötzlich durch den Schleier meiner heißen Tränen finster und verschwommen aus.
» Ciao, amore mio « – was übersetzt ungefähr bedeutet … na ja, ich glaube, es bedeutet: »Leb wohl, meine Geliebte.«
Kapitel 9
Tat oder Wahrheit
Datum: 15. Juli
Stimmung: Zu erledigen:
1. Zahnseide benutzen
2. Mit Toy Gassi gehen
3. Acht Gläser Wasser pro Tag trinken
4. Von der Brooklyn Bridge springen
V on Kopf bis Fuß in ein atemberaubendes champagnerfarbenes Abendkleid und passende Schuhe gekleidet, gab ich Gas und steuerte meine Vespa die Sixth Avenue hinauf Richtung 59th Street. Ich war in Eile, in großer Eile, aber das Komische war, dass ich mich nicht mehr erinnern konnte, warum. Toy
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