Shopping and the City

Modehaus-Glamonti-Imperiums – Sie wissen schon, die Jungs, die schon die Medicis eingekleidet haben. Gestern Abend braute sich eine Schlechtwetterfront über dem praktisch bis in alle Ewigkeit ausgebuchten Sushi-Palast Heshi in Tribeca zusammen, und die Gäste wurden Zeuge eines Blitzgewitters von Reisnudeln, als eine durchgedrehte Kellnerin aus bislang unbekanntem Grund den Prinz von Palermo mit einem Pfund Pasta überschüttete. Ungenannt bleiben wollenden Quellen zufolge hatte die wirre Kellnerin mit dem Modespross ein Hühnchen zu rupfen wegen eines verloren gegangenen Handys, auf dem sich einige Fotos recht privater Natur befinden.
    »Oh mein Gott!« Ich ließ die Zeitung auf den Boden fallen, kauerte mich zusammen und zog das Kissen über meinen Kopf, doch Evie riss es sogleich wieder weg.

    »Ach, komm schon, Girlie, es ist wirklich nicht das Ende der Welt. Wenn du gestern Abend nicht einfach davongelaufen wärst, dann hättest du herausgefunden … Ooooh, ich kriege schon wieder eine Gänsehaut, denn es ist wie bei Aschenputtel, nur halt im richtigen Leben – jedenfalls, dieser Typ, der Prinz, der wirklich ein Prinz ist, ist schon halb verrückt von all seinen Versuchen, dem Mädchen, in das er sich Hals über Kopf verliebt hat, ihr Handy zurückzugeben, und besagtes Mädchen bist du, meine allerbeste Freundin! Irre!« Sie erschauderte.
    Während sie sprach, zündeten zwei erschöpfte, doch nicht tot zu kriegende Gedächtniszellen irgendwo im hintersten Winkel meines Hirns. Alles nahm langsam Gestalt an. Erinnerungsfetzen sausten in meinem Kopf herum und verbanden sich zu immer längeren Ketten, und ich fragte mich selbst: Imogene, hast du das wirklich getan?
    »Nachdem du weg warst, war es total wild!«, plapperte Evie atemlos weiter. »Ganz ehrlich, es ging zu wie im Irrenhaus! Zuerst einmal hatte David beinahe einen Herzinfarkt. Ich habe ihn noch nie so außer sich gesehen.«
    Mir saß das Herz mittlerweile in der Hose.
    »Und dann hat mitten in dem Durcheinander mein Dad angerufen und angefangen, David anzuschreien, und dann hat David ihn angeschrien, und dann hat er mich angeschrien und hätte auch dich angeschrien, nur dass eben niemand dich finden konnte, aber das ist nicht der beste Teil. Oh, das Ganze ist ja soooo romantisch.
Der beste Teil ist, dass Paolo dir nachgelaufen ist! Kannst du das glauben?! Er ist doch tatsächlich mit den Reisnudeln auf dem Kopf hinaus auf die Straße gelaufen und hat nach dir gesucht … und alle brüllten und liefen durcheinander, und Missy Farthington hat total hysterisch nach einem Kamerateam gerufen. Wusstest du, dass sie jetzt für die Lokalnachrichten in New York berichtet? Sie war es übrigens auch, die das Foto gemacht hat.«
    Nichts von alledem ergab einen Sinn. »Moment mal«, sagte ich verwirrt. Evie hörte auf zu reden, doch es sah aus, als ob es ihr große Schmerzen bereite. »Aber er hat meine Bilder verkauft! Er hat mich hintergangen …«
    »Deshalb habe ich ja gestern Abend versucht, dich anzurufen, um dir alles zu erklären. Und um sicherzugehen, dass du keine Dummheiten anstellst, wie eine Fünf-Liter-Familienpackung Eis zu verdrücken.« Sie schautesich suchend nach den belastenden Beweisen um.

    »Nun, da komme ich wohl zu spät.«
    Ich kroch unter die Bettdecke. »Evie, mir ist schlecht.«
    »Natürlich ist dir schlecht, bei dem teils Zucker-, teils Gefühlskater, den du hast. Bleib da liegen. Rühr dich nicht von der Stelle«, sagte sie. »Ich bin gleich wieder zurück und bring dir was, da fühlst du dich im Handumdrehen besser.« Auf dem Weg in die Küche rief sie: »Inzwischen muss die ganze Stadt über dich reden!«

    Na toll, ich bin offiziell das Aushängeschild für die totale Erster-Hand-Blamage. Das Gespött der gesamten Gruppe von »Page Six«-Lesern. Ich stehe kurz davor, die Armutsgrenze zu überschreiten, und um alles noch schlimmer zu machen, wenn das überhaupt möglich ist, ist mir auf der Stirn auch noch ein riesiger Pickel gewachsen.
    Evie kehrte mit einem großen Silbertablett zurück. Nun, allem zum Trotz hatte ich wenigstens noch Evie, die eindeutig eine frühmorgendliche Krisselhaarattacke erlebte und etwas trug, das vage an ein gänzlich aus Videobändern gemachtes Abendkleid erinnerte.
    »Kommt dieses nervige Geräusch von dem, was du trägst, was immer es auch ist?«
    »Oh, dieser Stoff? Das ist eine Mischung aus Videokassettenband und Baumwolle. Ich habe all meine alten Filme auf Video ausrangiert und mit DVDs ersetzt