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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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von irgendwelchen Berühmtheiten, von denen ich viele nicht mal mehr kannte. Bilder davon, wie sich die Leute umwerben, heiraten, wieder scheiden lassen. Vorgetäuscht oder echt – wer wusste das schon? Paare, von denen man geglaubt hatte, sie seien füreinander geschaffen, und die sich nach einem Monat wieder trennen, nach einem Jahr, nach zweiJahren. Paare, die man vielleicht im Fernsehen sah und dann sagte: »Mein Gott, sind die schön. Und so glücklich. Ich wette, sie passt total gut zu ihm.« Oder auch umgekehrt.
    Und dann liest du plötzlich von ihrer Scheidung und es ist immer dasselbe: … unüberbrückbare Differenzen, wir haben uns auseinandergelebt, keiner ist Schuld daran, ich war einfach nicht mehr »verliebt« … Und wie ich dort auf meinem Sofa saß und die Hochglanzseiten der Zeitschrift durchblätterte, sah ich ein Foto von Chloe und Lee, wie sie durch eine Straße in New York liefen. Sie hielten sich an der Hand, aber keiner von beiden lächelte. Sie versteckten sich hinter ihren teuren Sonnenbrillen, trugen beide schwarz. Wenn sie nicht auch noch diese trendigen Turnschuhe und engen Jeans angehabt hätten, dann hätte man genauso gut meinen können, sie wären auf dem Weg zu einer Beerdigung. Ich blätterte um und machte mich daran, ein Kreuzworträtsel zu lösen. Einfach nur, um mich abzulenken.
    ...
    Nach jener Nacht mit Lee, vor so vielen Jahren, verbrachte ich noch ein paar apathische Wochen in meinen Jobs in der Bar und im Friseursalon. Man kann wohl sagen, dass mir mein Leben damals – wenn es überhaupt je aus der Spur geraten ist – entgleiste. Ich habe nie wieder mit Lee geschlafen, aber mehrere Wochen lang riefen wir uns abends gegenseitig an, hauchten mit nahezu atemlosen Stimmen ins Telefon, lagen auf dem Rücken in unseren Betten, wie liebeskranke Teenager, auch wenn keiner von uns je zugab, dass wir verliebt oder auch nicht verliebt waren.
    Und in dieser Zeit meines Lebens, als alles so konfus und chaotisch war, schlief ich mit noch drei anderen Männern,auch wenn mir keiner davon besonders in Erinnerung geblieben wäre. Ich weiß nicht, was ich da tat oder welche Grenzen ich austesten wollte. Vielleicht hoffte ich ja, ich könnte Henry vergessen, ein für alle Mal, und weiterziehen. Vielleicht dachte ich ja, dass ich, wenn ich nur mit genügend Leuten Sex hatte und dabei auch noch seine älteste Freundschaft verriet, ihn für immer von mir wegstoßen und einfach frei sein könnte.
    Aber ich brauchte sehr lange, um nicht mehr an ihn denken zu müssen.
    Ungefähr drei Monate nachdem ich mit Lee geschlafen hatte, bekam ich an einem Freitagmorgen einen Anruf von Ronny. Er erwischte mich im Friseursalon.
    »Ronny, woher zum Teufel hast du diese Nummer?«, fragte ich.
    »Ronny Taylor hat so seine Quellen. Wie geht’s dir, Süße? Hast du am Samstagabend oder Sonntagmorgen schon was vor?«
    Ich weiß nicht, warum, aber mein erster Gedanke war, dass mir jetzt auch noch Ronny an die Wäsche wollte. Dass alle von Henrys Freunden bis genau jetzt damit gewartet hatten, aus ihren Löchern zu kriechen und mir den Hof zu machen. Ich muss zugeben, dass ich mich einen Moment lang zugleich geschmeichelt und beleidigt fühlte.
    »Hör mal, Ronny, ich weiß nicht. Ich meine, Henry und ich, wir haben uns gerade erst getrennt, das ist noch gar nicht so lange her. Ich will damit sagen …«
    Ich brach den Satz nach der Hälfte ab und verstummte, als ich ihn am anderen Ende der Leitung lachen hörte. Ein richtiges echtes Ronny-Lachen, tief aus dem Bauch. Ich merkte, wie ich rot wurde. Dann bedeckte ich den Hörer mit einer Hand und schaute mich im Salon um, um sicherzugehen,dass keins von den Mädels mitbekommen hatte, wie ich mich gerade zum Narren gemacht hatte.
    »Was zum Teufel gibt’s da zu lachen?«, fragte ich. »Ronny! Hör auf damit! Ronny?«
    Er kam endlich wieder zu Atem und sagte: »Ich bin Samstag Abend in Minneapolis, für ein Rodeo. Und da habe ich mich gefragt, ob du vielleicht kommen möchtest. Ich hab ’ne Karte für dich, wenn du willst, direkt unten an der Arena, wo’s so richtig abgeht.« Die Formulierung brachte ihn wieder zum Kichern. »Darüber habe ich gelacht, wenn du’s unbedingt wissen willst.«
    »Oh«, sagte ich.
    Ich hatte Ronny schon früher auf Veranstaltungen reiten sehen, auf kleineren Rodeos und Wettkämpfen hier in der Gegend von Little Wing, aber das war Jahre her, gegen Ende unserer Highschoolzeit, nicht lange nachdem Ronny anderen Sportarten wie Football,

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