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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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    »Lee«, sagte sie mit sanfter Stimme, »ist mit euch alles in Ordnung?«
    Meine Küche ist auf der Rückseite des Hauses. Die Fenster schauen auf den Bach unter dem Haus und auf einen Hügelkamm, der dicht mit Rotkiefern und Sumachbäumen bestanden ist. Ich habe sie, kurz nachdem ich die Farm gekauft hatte, gepflanzt. Dort unten rauscht der Bach, grau und blau. Im Wasser spiegelt sich der Himmel und die Wasseroberfläche ist mit roten, orangefarbenen und gelben Blättern geschmückt. Sie treiben dahin, wie Sheriffsterne. Ich liebe meine Küche.
    Ich setzte mich auf einen Hocker am Küchentisch, das Telefon ans Ohr geklemmt. Warum hatte ich mir noch keinen Kaffee gekocht?
    In meinem Kopf pochte es, das Blut rauschte mir durch Ohren und Augenlider.
    »Wir lassen uns scheiden.«
    Ich hörte, wie der Rhythmus ihres Atems sich veränderte. Sie wechselte das Telefon in die andere Hand. Hast du mich je geliebt? Könnte ich dich dazu bringen, mich zu lieben?
    »Es tut mir schrecklich leid, das zu hören«, sagte sie. »Wir mochten Chloe.«
    »Tja, wie sich herausstellt, hat sie mich wohl nicht so wahnsinnig gemocht.«
    »Kannst du zum Essen kommen? Jetzt wo du wieder da bist. Du musst unbedingt vorbeikommen. Wir wollen unbedingt, dass du kommst. Zum Essen.«
    Mit Beth, glaube ich, hätte ich hundert Jahre im Bett verbringen können. Und ihre Brustwarzen küssen können. Ich erinnere mich immer noch genau an die Form und Farbe deiner Brustwarzen. Würden wir zusammen Kinder haben? Wie würden sie heißen? Wem von uns würden sie ähnlich sehen?
    »Ähm. Ist Henry da?«
    »Ja, ich geh ihn holen.« Eine Pause.
    Hat sie sich das Telefon an die Schulter geklemmt? Hat sie es in der Hand? Hat sie es auf den Tisch gelegt?
    »Ich liebe dich«, flüsterte ich.
    Nichts. Nicht einmal ein statisches Geräusch. Kein trockenes Reiben des Hörers an der Haut.
    Ich flüsterte es noch einmal. »Ich liebe dich.« Du wirfst dich gerade von einer gottverdammten Klippe. Was zum Teufel tust du da? Mach nicht auch noch ihr Leben kaputt.
    Und dann das Räuspern von Henry, bevor er den Höreraufhebt. Ich stellte mir vor, wie er sich mit einem roten Taschentuch das schwarze Motoröl und Schmierfett von den Händen wischt. Vielleicht steht Beth hinter ihm, gießt Kaffee in eine angeschlagene Tasse und drückt sie ihm in die Hand.
    »Lee? Bist du das? Lange nicht von dir gehört.«
    Henrys Stimme – die Stimme eines alten Freundes. Als würde man in einem fremden, dunklen Hotelzimmer plötzlich eine Wand berühren, an der man sich entlangtasten kann. Die Welt ist immer noch dort draußen. Henry ist immer noch da. So real wie ein Zaunpfahl.
    »He, Kumpel, es tut gut, deine Stimme zu hören.«
    »Alles okay bei dir? Beth hat gesagt, du wärst wieder zurück in Little Wing? Wo ist Julia? Wo ist meine Lieblingsjulia?«
    Henry sieht selbst gut genug aus, um Schauspieler sein zu können. Ich glaube nicht, dass er das weiß, und vielleicht wäre es ihm auch vollkommen egal, wenn er es wüsste, aber es stimmt. Ich habe mittlerweile ziemlich viele Schauspieler kennengelernt, und die meisten von ihnen sind nicht besonders groß und haben einen Blick in den Augen, der irgendwo zwischen ausdruckslos und wahnsinnig liegt. Sie sehen alle gut aus, keine Frage, aber sie wirken ungefähr so echt wie Plastik. Wenn man Henry kennenlernt, dann denkt man: Das ist jetzt mal ein tüchtiger, fähiger Mann . Seine Hände sind groß und trocken und sie umschließen deine eigenen Hände wie warme Fäustlinge. Er ist nicht ganz so groß wie ich, vielleicht 1,80 – aber er ist stark wie ein Ochse, mit freundlichen braunen Augen. Und seine Haut hat einen Farbton, der – egal zu welcher Jahreszeit – nur wenige Nuancen dunkler als ein Ritz-Kräcker ist. Auf Kips Hochzeit zog Chloe mich beiseite undsagte: »Wenn ich nicht schon so in dich verliebt wäre, dann würde ich irgendwelche Ränke schmieden, wie ich deinen Freund da von seiner Frau und seiner Farm weglocken kann.« Und dann knabberte sie an meinem Ohrläppchen. Ich muss zugeben, es gab so einige Warnzeichen, dass wir es nicht schaffen würden, Chloe und ich, aber sie war eine ziemlich gute Liebhaberin.
    »He«, sagte ich, »warum triffst du mich nicht einfach auf dem Parkplatz der U-Haul-Mietwagenfirma in Eau Claire und ich erzähle dir die ganze Geschichte.«
    »Moment mal, hast du denn schon alles abgeladen?«
    »Nein«, sagte ich, »aber ich habe auch nicht so besonders viel mit zurückgebracht. Ich brauch nicht

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