Shotgun Lovesongs
würden? Mein Haus, mein Leben? Alles nur, weil ich einsam gewesen bin. Und neugierig.
»Wenn ich jetzt zurückblicke, bereue ich zutiefst, was ich getan habe«, sagte ich. »Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich es getan habe – dass ich es vor dir geheim gehalten habe.«
»Ich meine, liebst du ihn denn? Willst du mit ihm zusammen sein? Denn offen gesagt möchte ich nicht eine Sekunde länger mit dir verheiratet sein, wenn du mich nicht mehr liebst. Und ich meine, wirklich liebst, mit allem Drum und Dran. Verstehst du, was ich sagen will?«
Ich versetzte ihm einen Fausthieb. Keinen leichten Schlag, nein, einen richtigen Hieb, mitten auf seinen Oberarm. Und dann lächelte ich. Ich weiß auch nicht warum – ich konnte nicht anders. Erst lächelte ich nur mit den Lippen und dann auch mit den Zähnen. Und dann sagte ich: »Ich liebe dich.« Ich schlug ihn wieder auf den Arm, nur dieses Mal noch fester. »Ich habe dich immer geliebt, Henry Brown.« Ich drehte mich und versuchte, ihn noch einmal zu schlagen, aber dieses Mal fing er meine Faust auf und rollte sich auf mich. Sein Körper lag schwer auf mir, zwischen meinen sich windenden Beinen, die sich jetzt eng um ihn schlangen. Ich biss ihn in die Unterlippe.
»Ich liebe dich so sehr«, sagte er. »Verstehst du das denn nicht?«
Und dann vögelte er mich und es fühlte sich an, als würden wir versuchen, noch ein Kind zu machen.
...
Felicia war von der Toilette zurückgekehrt und setzte sich wieder neben mich in unsere Nische.
»Es wäre schon schön, wenn es in diesem Ort so etwas wie ein ganz normales Café gäbe, wo ganz normale Leute hingehen könnten, wenn sie sich darüber unterhalten wollen, wie absolut im Arsch ihr Leben ist«, sagte sie. »Ist das denn zu viel verlangt?«
»Du brauchst einen Unfall. Lass es einfach aus Versehen passieren«, sagte ich.
»Was?«
»Schau, dass euch ein Unfall passiert. Nimmst du die Pille?«
»Seit kurzem nicht mehr. Aber das weiß er nicht.«
»Gut. Versöhn dich mit ihm. Fahr mit ihm in Urlaub. Irgendwohin, wo’s warm ist. Wo es einen Strand gibt. Und dann trinkt ihr zu viel und habt Spaß. Entspannt euch und denkt nicht weiter drüber nach. Ihr wärt nicht das erste Paar, dem ganz aus Versehen der Puck zwischen den Füßen des Torwarts hindurchrutscht.«
»Aber du schlägst da mehr oder minder vor, dass ich den Torwart austrickse, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck Bier.
»Ist das dein Ernst?« Ihre Augen wurden ganz groß. Sie trank ihr Bier aus.
»Liebst du ihn denn noch?«
Felicia zuckte mit den Schultern. »Ja. Sicher. Natürlich liebe ich ihn noch.«
»Hat er dich jemals betrogen, Drogen genommen, ein Vermögen verspielt, dich geschlagen?«
»Nein.«
»Also sind Kinder das Einzige, was du willst und nicht haben kannst?«
»Aber ich will ihn doch nicht austricksen und ein Kind mit ihm haben, nur damit er dann durchdreht und uns im Stich lässt. Das ist nicht gerade eine gute Basis für die Gründung einer Familie. Betrug. Ich weiß nicht, Beth. Im Ernst? Einfach ein Kind machen und dann darüber reden, wenn’s zu spät ist? Als würde ich mir ohne seine Erlaubnis einen neuen Lexus kaufen? Ich meine, ich bin Feministin. Ich habe einen Bachelor in Frauenforschung.«
»Und was ist dein Alternativplan?«
Felicia sah mich an und verschränkte die Arme.
»Jetzt mal im Ernst. Was hast du vor? Ins Internet gehen und dir da eine Bekanntschaft suchen? Zurück nach Chicago ziehen und ein paar Typen aus dem Büro ausprobieren? Ich weiß ja nicht, wie das so funktioniert. Und wer ist heutzutage überhaupt noch übrig? Wir haben schon mehr als dreißig Jahre auf dem Buckel. Denkst du denn, ein neuer Kerl wäre sofort bereit, sich Hals über Kopf in diese Sache reinzustürzen? Mal eben so spontan eine Familie zu gründen? Vielleicht. Oder du gibst dir noch ein wenig mehr Mühe bei dem, was du hast. Ihr könntet hier wegziehen. Zurück nach Chicago. Ein Kind haben. Vergessen, dass diese ganze Sache hier je passiert ist. Vielleicht war es ja einfach nur so eine Art … misslungener Urlaub. Verstehst du? Ihr wolltet eigentlich nur ’ne Woche bleibenund irgendwie sind dann ein paar Jahre draus geworden. Mach dir keine Sorgen wegen der Mühle. Sieh’s mal so: Vielleicht ist es sogar am besten, die ganze Sache vor die Hunde gehen zu lassen. Ganz von vorne anzufangen.«
Meine Stimme bebte und auch meine Hände zitterten leicht. Ich nippte an meinem Bier und trank es dann in großen
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