Showdown
solche Ungerechtigkeit nicht lange schultern werden. Bestenfalls ist man zu Almosen wie in der Entwicklungshilfe bereit, wo man den »armen Kindern in Afrika« ein paar Krümel zukommen lässt. Das hat aber nichts mit den Transferzahlungen zu tun, die in der Europäischen Union fließen müssten. Hier reden wir über nennenswerte Beträge, die erstens auf ein Minimum zur Existenzsicherung beschränkt sein müssen und zweitens erst dann aufgenommen werden dürfen, wenn jene Augenhöhe hergestellt ist. Wenn die Arbeitsmarktgesetze vergleichbar sind, wenn die Steuersätze ähnlich sind, wenn es – wie in Griechenland nötig – überhaupt eine vergleichbare Steuerbehörde gibt. Wenn die Sozialsysteme ebenso vergleichbar sind wie das Renteneintrittsalter. Es gibt hier viel zu tun, bevor ein Transfersystem, ähnlich dem deutschen Länderfinanzausgleich, sinnvoll wird.
Ohnehin bleibt noch immer die Frage im Raum, ob es für diese Föderierten Staaten von Europa eine gemeinsame Währung braucht. Es wäre auch für dieses Modell wesentlich einfacher, die Länder zueinander zu führen, hätten sie ihre eigenen Währungen. Die vorhandenen Unterschiede in all jenen Bereichen, die wir auch gar nicht ändern wollen, könnten wir viel einfacher durch eigene Währungen ausgleichen. Das würde uns eine Menge Transferzahlungen ersparen. Denken wir noch einen kurzen Moment zurück an die deutsche Wiedervereinigung. Hier hatten wir einige Monate lang darüber diskutiert, in den neuen Bundesländern die Ostmark beizubehalten. Und auch hier ging es aus politischen Gründen nicht, da die neuen Bundesbürger mit einer Völkerwanderung gen Westen drohten, wenn sie nicht sofort die D-Mark erhalten sollten. »Kommt die D-Mark nicht zu uns, kommen wir zu ihr.« Die Folge war, dass die wirtschaftlich extrem schwachen Ostbetriebe nun mit einer für ihre Leitungsfähigkeit völlig überbewerteten Währung operieren mussten. Sie waren damit kaum wettbewerbsfähig. Diesen Unterschied zwischen der Leistungsfähigkeit des Ostens und seiner nun viel zu hohen Währung mussten wir seitdem mit inzwischen etwa 1 , 5 Billionen Euro Transferzahlungen von West nach Ost ausgleichen. Wäre in den neuen Bundesländern weiterhin die schwache Ostmark erhalten geblieben, wäre es zu einem großen Boom gekommen. Die Währung hätte zur Leistungsfähigkeit gepasst, und zusätzlich hätte man nun die komplette Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik genossen. Es wäre für Leute aus dem Westen wie aus dem Ausland sehr attraktiv gewesen, in den neuen Bundesländern einzukaufen oder zu investieren. Mit den entstehenden blühenden Landschaften – Kohl hätte bei Beibehaltung der Ostmark recht behalten – wäre diese Währung parallel mit der wirtschaftlichen Entwicklung immer weiter angezogen, bis beides in etwa dem Stand Westdeutschlands entsprochen hätte. Dann hätte man, wenn unbedingt gewünscht, die gemeinsame Währung umsetzen können. Wir hätten uns zwar längst nicht alles, aber einen großen Teil der Transferzahlungen sparen können.
Wenn man es zu Ende denkt, dann wäre es auch heute durchaus sinnvoll, wenn in den unterschiedlichen Bundesländern eigene Währungen gelten würden. Viele gehen noch weiter und denken an zahllose Regionalwährungen. Irgendwann wird es aber einfach zu komplex und unübersichtlich, was den Handel in der Tat behindert. Daher ist es durchaus sinnvoll, eine gemeinsame Währung in einem Bereich einzuführen, der weitgehend homogen ist und »im Gleichschritt« marschiert. Ob das beim Vergleich von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern noch gegeben ist, darüber mag man streiten. Aber wir sehen, dass diese Unterschiede, sobald sie nicht durch unterschiedliche Währungen austariert werden, nur durch Transferzahlungen ausgeglichen werden können, wie eben in Deutschland zwischen den wohlhabenden und den ärmeren Bundesländern. Sobald diese Transferzahlungen zu groß werden, gefährdet das die Solidarität und den sozialen Frieden. Dann kommt es zu jenen berüchtigten Forderungen Bayerns, den Transferausgleich einzustellen oder zumindest deutlich zu kürzen.
Die unterschiedlichen Währungen würden ein Zusammenwachsen Europas wesentlich vereinfachen, so wie zwei unterschiedliche Deutsche Mark die Wiedervereinigung erleichtert hätten. Das bedeutet nicht, dass es mit einer gemeinsamen Eurowährung völlig unmöglich ist, aber der Kraftakt fällt wesentlich schwerer aus, und die Transferzahlungen zum Ausgleich der fehlenden Währungspuffer
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