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Showdown

Showdown

Titel: Showdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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kritischen Auswahl, die Zeit kostet, auch für eine insgesamt bessere Qualität der angebotenen Ware zu sorgen. Kleine Delikatessenzulieferer zu ermöglichen, die im hektischen Massenshopping keine Chance finden.
    Der Franzose kann von unserem vermeintlichen Drang zur Perfektion auch lernen und für sich Anregungen finden, Dinge besser zu machen. Also vielleicht doch lieber einen Edelstahltisch für den Fisch zu verwenden als das morsche Holzbrett oder einfach ein wenig »produktiver« zu arbeiten, ohne gleich die ganze Lebensweise in Frage zu stellen.
    Darüber hinaus wird es ganz praktisch überhaupt nicht möglich sein, die absolut gleiche Produktivität in allen Teilen Europas zu schaffen. Unterschiede wird es immer geben, aber sie dürfen auch nicht unüberwindbar groß sein. Es ist völlig unrealistisch, dass ein Rohbau in Südfrankreich oder Spanien bei Sommertemperaturen von über 40 Grad in derselben Geschwindigkeit fertiggestellt werden kann wie im klimatisch gemäßigteren Österreich. Dafür ruhen dort in den verschneiten Wintermonaten die meisten Außentätigkeiten, die in Portugal weitergeführt werden können. Strukturen, Temperaturen, Mentalitäten und grundlegende Lebensweisen lassen sich auch mit Zwang nicht zu 100 Prozent vereinheitlichen, und das ist gut so.
    Bleibt die Frage, wie man diese vorhandenen Produktivitätsunterschiede auf ein gesundes Maß reduziert und wie man die restlichen Ungleichgewichte ausgleicht, denn das wird man tun müssen. Die Europäische Union war schon immer eine Transferunion – lange vor ESM und EZB . Schon als Europäische Wirtschaftsunion gab es jedes Jahr milliardenschwere Transferzahlungen. Und schon damals flossen die meist von Deutschland aus in Richtung Süden.
    Selbst innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist es uns in all den Jahrzehnten nicht gelungen, eine gleiche Produktivität und wirtschaftliche Stärke in allen Bundesländern zu erreichen. Noch immer sind Bayern und Baden-Württemberg kraftstrotzende Regionen, in denen man mitleidig auf die wirtschaftliche Leistungskraft des Saarlands und von Mecklenburg-Vorpommern schaut. Obwohl in all diesen Bundesländern die meisten Grundlagen wie Steuern, Sozial- und Rechtssysteme identisch sind, gibt es aus vielerlei Gründen zahlreiche Unterschiede. Diese Strukturdefizite werden in einem solidarischen System – Länderfinanzausgleich – zumindest teilweise ausgeglichen. Dieses System ist sicherlich nicht perfekt und führt seinerseits wieder zu etlichen Fehlanreizen. Dennoch sorgt dieser Ausgleich dafür, den gesellschaftlichen Konsens, den sozialen Frieden und die Gemeinschaft Bundesrepublik Deutschland zusammenzuhalten. Kaum jemand – zumindest außerhalb Bayerns – käme auf die Idee, die Bundesrepublik wieder aufzulösen, damit Baden-Württemberg nicht für das Saarland aufkommen muss. Die Vorteile eines solchen Gemeinwesens überwiegen den Kostenaspekt. Die Bürger haben – wenn auch grummelnd – den Solidaritätszuschlag für den Aufbau der neuen Bundesländer akzeptiert. Unsere gesamte »soziale Marktwirtschaft« beruht auf dem humanistischen Grundgedanken, dass der Stärkere dem Schwächeren hilft. Es geht nicht darum, beide so lange auszugleichen, bis kein Unterschied mehr da ist. Das wäre Kommunismus und würde von den Menschen zu Recht nicht akzeptiert werden. Aber ein Ausgleich, der es dem Schwächeren ermöglicht, seine grundlegenden Bedürfnisse zu decken und ein menschenwürdiges Leben zu führen, ist die Grundfeste unserer friedlichen Gesellschaft. Auch dem Reichen geht es besser, und er lebt sicherer, wenn der Ärmere nicht um sein Überleben kämpfen muss.
    Die wichtigste Grundlage für ein solch solidarisches System ist auch hier wieder Gerechtigkeit. Solange ich weiß, dass der andere dieselben Regeln einhalten muss wie ich, dass wir also im selben Boot sitzen, bin ich bereit, ihn als Schwächeren zu unterstützen. Wüsste ich als Baden-Württemberger aber, dass der Saarländer mit fünfzig in Rente gehen könnte, seine Steuersätze die Hälfte von meinen betrügen und der Staat ohnehin dort nicht so genau hinschaut, wenn er sich das ganze Jahr in die Hängematte legt und die Hand aufhält, würde ich mich zu Recht fragen: »Ah, wie hämmas donn?!«
    Transferzahlungen machen nur dann Sinn, wenn sie auf Augenhöhe unter gleichen Voraussetzungen stattfinden. Transferzahlungen auf schiefen Ebenen führen zu einem ungebremsten Abfluss von Geld und zum Aufstand der »Gebenden«, die eine

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