Showtime! (German Edition)
fast fröhlich dabei, als erzähle sie von einem unbeschwerten Schulausflug. «Mein Joey ist bei mir geblieben, weil - sie hat mich zur Tür raus geprügelt, als wir angekommen sind. Wir waren getrampt, den ganzen Weg von South Australia bis runter nach Sydney - gosh, das war vielleicht ein Trip! Hey, ich kann dir sagen: Ich weiß, warum so was ´Fucktrip` heißt Down Under - die wollen keine Dollars von dir! Never mind. Ich dachte, meine Mutter freut sich, dass wir da sind - aber uuups: wrong number! Mich wollte sie nicht. Aber die Jungs, und wenigstens das fand ich okay. Wenn Joey nicht mit mir gegangen wäre, vielleicht wäre er dann nicht im Knast gelandet. Das war mein lausiger, schlechter Einfluss!»
Und immer dieses Lachen beim Erzählen. Als würde sie nichts auf der Welt wirklich ernst nehmen. Als sei alles nur ein Spiel, wenn auch für sie ein grausames. Danach hatte sie die Fotos weggesteckt und ihre Vergangenheit vor Sabrinas Nase zugeklappt wie ein schon mal gelesenes Buch, das sie nicht mehr interessierte. Doch in ihren Träumen durchlebte sie jedes einzelne Kapitel wieder und wieder.
Dass Sabrina fröstelte, lag nicht an der Raumtemperatur. Georgias Geschichte verursachte ihr Gänsehaut und ein sehr flaues Gefühl im Magen. Und das sie nicht mit ihr darüber reden konnte, war schier unerträglich.
Sie liebte sie umso mehr, seit sie wusste, was sich hinter ihren überdrehten Clownereien und ihrer teils ruppigen, teils unbekümmerten Fassade verbarg. Aber sie wusste nicht damit umzugehen, solange Georgia schwieg. Sie würde es, wie sie, wie eine Zentnerlast mit sich herumtragen und es ebenso überspielen, wie sie es tat, bis es ihr irgendwann vielleicht gelang, zu ihr durchzukommen.
«Fahrradfahren hast du gesagt?» fragte Georgia in ihre schwermütigen Gedanken hinein. «Willst du wirklich? Bist du nicht müde?»
Dieses Lächeln. Sie würde es wohl nie aufgeben.
Sabrina stand auf und zog sich an, um mit Georgia den Gefühlen einfach davonzufahren. Wut in die Pedale zu treten und Tränen vom Fahrtwind trocknen zu lassen, bevor sie jemand sah. Immerhin schien die Sonne. Und das war doch auch schon was. Es war ein neuer Tag.
***
Der Sommer verwöhnte Berlin seit Wochen mit Traumtemperaturen, als Georgia eine Fernsehrolle angeboten wurde. Vieles drehte sich inzwischen um die Schauspielerei. Diese jedoch konnte noch zu wenig zu ihrer beider Einkommen beitragen, um zu erklären, dass der nicht gerade über Gebühr ausgebuchten Schauspielerin generell mehr als ein Notgroschen zur Verfügung stand.
Außenstände, erklärte Georgia nachdrücklich, darauf angesprochen. Ihre Geldangelegenheiten gingen niemanden etwas an, nicht einmal Sabrina, damit hatte sie sich abzufinden. Georgia hatte genug Geld, um sie mit immer neuen, aufmerksamen Geschenken zu überraschen. Sie war immer großzügig. Wenn sie gemeinsam unterwegs waren, bestand sie darauf, Sabrina gentlewomanlike einzuladen. Da hatte sie ihren Stolz.
Ihre Aktivitäten waren unüberschaubar wie eh und je, und gewisse Telefonate führte sie außerhalb Sabrinas akustischer Reichweite.
An einem Donnerstagmorgen in aller Frühe stand die Polizei vor der Tür, verschaffte sich nicht eben höflich Zutritt zur Wohnung und durchsuchte selbige gewissenhaft nach ‚Betäubungsmitteln', von deren Vorhandensein allerdings nicht einmal ein Hinweis gefunden wurde.
Georgias Kleidungsstücke wurden gefilzt, während sie schweigend, mit vor der Brust verschränkten Armen, dem Geschehen beiwohnte.
«Ihr hinterlasst die Wohnung genauso, wie ihr sie betreten habt» war das einzige, was sie sehr bestimmt von sich gab. «Geht hier etwas kaputt, dann geht die Sache zum Anwalt, Jungs, ist ja wohl klar.»
Sie gab sich nicht eben beeindruckt von staatlicher Autorität, wurde jedoch weder unverschämt noch beleidigend, wie es sonst ihre Art war.
Nach Abzug der Beamten zur Rede gestellt, gab sie vor Sabrina endlich zu, dass sie dealte, weil es eben Geld brachte. «Die sind so blöde» sagte sie und fasste sich an den Kopf, «die haben echt gedacht, ich merke nicht, wenn die mich observieren. Irgendwer hat mich bei den Bullen angeschissen, sonst wären die nicht hier gewesen.»
Sie versprechen zu lassen, damit aufzuhören, hielt Sabrina für unsinnig. Georgia tat sowieso, was sie wollte. Es krachte ordentlich, aber nach ein paar Tagen legte sich das Gewitter wieder, und Sabrina hoffte, dass sie auch weiterhin clever
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