Showtime! (German Edition)
Tür vor der Nase zu, noch erklärte sie ihr, dass ihre Bekanntschaft nunmehr der Vergangenheit angehörte. Der kleine Gast wurde freundlich aufgenommen. Die beiden Frauen behielten Contenance.
Sheila erkundete neugierig jeden Raum der Wohnung, vermisste ein Haustier, weil sie sich für Sabrinas Fische im Aquarium nicht lange begeistern konnte, legte Temperament und ein kluges Köpfchen an den Tag und hielt Sabrina auf Trab.
«Sheila ist ein sehr schöner Name» bemerkte Sabrina, als sie ihr ein Glas Saft reichte.
«In Australien heißt ‚Sheila' Mädchen» erklärte Sheila beiläufig, während sie den CD-Ständer durchstöberte. «Mein Vater sagt, ich heiße so, weil es das erste war, was Georgia zu mir gesagt hat, als sie mich gesehen hat. - Ich bin froh, dass sie nicht was Gemeines gesagt hat... wer weiß, wie sonst mein Name wäre.» Sie lachte Sabrina an und wusste, dass der alte Familienwitz immer gut ankam. «Gut, dass sie nicht ihr Lieblingswort gesagt hat.» Sie grinste dreist in Georgias Richtung. «Das Wort mit f... »
Georgia zog einen verlegenen Schmollmund.
Sabrina lächelte amüsiert. «Nette Geschichte. - Sag, warst du schon mal da?»
«Wo?»
«In Australien. Im Urlaub oder so.»
«Nö. Aber Georgia hat mir viel davon erzählt, weil sie ja da geboren ist und so.» Sie zog eine der CDs heraus und hielt sie hoch. «Geil ey, die hab' ich auch. Die ist total gut.» Sie schob sie ordentlich zurück, was Sabrina mit gesteigertem Wohlwollen zur Kenntnis nahm, und fuhr fort: «Wir fliegen mal zusammen hin, wenn ich Sommerferien habe und Georgia nicht arbeiten muss. Mit der Quantas. - Kennst du die?»
«Ja. Es ist eine Fluggesellschaft.»
«Die hat Flugzeuge, die von Aborigene-Künstlern angemalt sind. Die sehen total toll aus. Hast du die schon Mal gesehen? Mit der fliegen wir jedenfalls. Neunzehn oder zwanzig Stunden, das ist ganz weit da runter und bestimmt langweilig, so lange im Flugzeug.»
«Ich lese dir aus ‚The Magic Pudding' vor» feixte Georgia, die in Sabrinas Gegenwart mit Sheila Deutsch sprach.
Sheila gab ihr einen Knuff. «Ich hasse das Buch! Das ist für Kinder viel zu brutal. Dauernd wird irgendwer aufgefressen.»
«Du warst ein brutales Kind» sagte Georgia mit verklärtem Gesicht. «Du fandest das Buch ganz toll.»
«Gar nicht! Ich fand ‚Little Obelia' toll!»
Sabrina beobachtete, wie die beiden miteinander umgingen. Ihre Albernheiten, ihre Zärtlichkeiten füreinander. Und sie glaubte nicht einen Moment, was Georgia ihr vorzumachen versuchte: Dass dieses Kind Siggis und Ritas Tochter sei. Selbst ein Blinder mit Krückstock sah, wessen Gene in Sheila tobten. Sie war ein Ebenbild ihrer Mutter; Georgias Abziehbild im Handtaschenformat - und noch dazu besaß sie ihren bezaubernden Charme.
«Hast du Sachen zum Verkleiden, Sabrina?» fragte Sheila in ihre Gedanken. «Kostüme? Bist du auch Schauspielerin, wie Georgia und Kim?»
«Nein, ich bin keine Schauspielerin.»
Sheila wirkte enttäuscht. «Na, macht nichts» erklärte sie dennoch heroisch. «Dann bist du wenigstens zu Hause. Kim ist dauernd weg, und deswegen streiten sie sich immer. Ich mag Kim, weil sie so klasse erzählen kann, und weil ich sie im Fernsehen sehen kann. Aber Georgia schimpft immer auf sie. Und einmal haben sie sich im Hausflur gehauen, weil - »
Georgia sagte etwas schnelles auf Englisch, das Sheilas Mitteilungsbegeisterung augenblicklich stoppte.
Sie blickte Georgia mit ihren großen, braunen Kulleraugen an, als hätte sie ihr auf die Finger gehauen. «Sie kommt auch gar nicht mehr zu uns» sagte sie kleinlaut. Dann fand sie eine von Sabrinas bunten Ein-Kilo-Hanteln und stürzte sich aufs nächste Thema, das weniger verfänglich war: «Mann, sind die futzelig. Mit denen kriegst du aber keine großen Muskeln, Sabrina!»
Am frühen Abend schauten sie auf dem Kinderkanal im Fernsehen einen Zeichentrickfilm, den Sheila auch für ‚blöden Kinderkram' hielt und eher Georgias kindliches Gemüt beflügelte. Sabrinas Aufmerksamkeit hing derweil auf ihr und Sheila, und es war eine Freude, sie zusammen zu beobachten. Georgias fröhliches Lachen, ihre Einfühlsamkeit für das Mädchen gingen ihr nah.
Georgia für ihren Teil schauspielerte. Nicht, was Sheila betraf natürlich. Aber sich in Sabrinas Nähe so ungezwungen zu geben, nach allem, was gewesen war, das bedurfte der Kunst, sich überzeugend zu verstellen. Damit hatte sie nicht wirklich ein Problem. Reine Übungssache. Was ihr
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