Showtime (Tim: Teil 3) (German Edition)

ich besser als er. Es musste zwangsläufig passieren. Aber bei den Olympischen Spielen 2008 war er besser als ich. Deswegen haben sie ihm die Goldmedaille gegeben.«
    »Und deshalb hängt sie jetzt auch über deinem Kamin, richtig?«
    »Susan, die Spiele in Peking sind lange genug her, damit du diese Geschichte schreiben kannst. Wenn es für Tim okay ist, dann ist es das für mich auch. Nachdem du mich angerufen und um ein Interview gebeten hast, habe ich Tim angerufen. Er sagte mir, dass ich dir vertrauen kann und dass du nichts veröffentlichen würdest, was ich nicht veröffentlicht sehen möchte. Du kannst das ganze Interview drucken, wenn Tim damit einverstanden ist. Aber folgendes musst du drucken, für das Protokoll. Tim ist in Peking besser gesprungen als ich und er hat deswegen auch verdient die Goldmedaille gewonnen. Spekulationen über meine ersten 2 Sprünge werden immer genau das bleiben: Spekulationen. Sie wurden mit 9.7 bewertet und die Bewertung war fair. Tim hat gewonnen. Und mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
     
    Es war für mich an der Zeit, um mit Tim zu sprechen. Wir kennen uns gut und wir vertrauen uns gegenseitig.
    Zu Beginn unseres Gespräches sagte er mir ohne zu zögern, dass ich das Interview mit Billy drucken darf.
    Dann fragte ich ihn nach den ersten beiden Sprüngen, die Billy in Peking vermasselt hatte.
    »Susan, das weiß nur Billy und er sagt es nicht. Billy war ein verdammt guter Springer in Peking und er ist noch besser geworden. War er vor Peking besser als ich? Wir werden es nie wissen. Bin ich wegen Billy vom Turmspringen zurückgetreten? Ja, das bin ich. Ich wusste, dass Billy nie sein volles Potential erreichen würde, wenn er gegen mich antreten müsste. Deshalb sind wir nie wieder gegeneinander angetreten. Wir springen immer noch jedes Mal zusammen, wenn wir uns sehen. Heute ist er der bessere Springer.«
    »Warum hat er deine Goldmedaille?«
    »Sie passt gut zu der Badehose, nicht wahr?«, fragte Tim und grinste.
    Später fragte ich Charlie nach den Medaillen.
    »Susan, ich habe selbst erst gemerkt, dass die Medaillen getauscht wurden, nachdem sie einige Wochen an der Wand hingen. Niemand merkt es, wenn man sich die Medaillensammlung anschaut. Und diejenigen, die die Goldmedaillen zählen, denken nicht daran, dass sie meine mitgezählt haben. Als ich Tim danach fragte, antwortete er: ›Charlie, bitte frage nicht‹ . Ich habe das immer respektiert. Du bist die erste Person, die hartnäckig danach fragt. Und keiner von uns wird jemals die Wahrheit über Billy‘s zwei Sprünge erfahren. Du weißt, dass 9.7 eine verdammt gute Punktzahl ist. Erst recht für die ersten 2 Sprünge in einem Halbfinale bei Olympischen Spielen. Es ist für mich unvorstellbar, dass ein 17-jähriger Junge bei seinen ersten Olympischen Spielen vorsätzlich arrangiert, eine niedrige Punktzahl von 9.7 zu bekommen. Die Idee an sich ist fast schon grotesk. Dass er überhaupt eine 9.7 bekommen hat, ist in meinen Augen wundervoll. Aber nur Billy kennt die wahre Antwort und ich bin mir sicher, dass er sie mit sich ins Grab nehmen wird.«
    Soviel ist fast sicher.
     
    - Susan Wilfield, Minneapolis Tribune - Minneapolis, Minnesota, Juni 2028