Shutdown
beanspruchten einen wesentlichen Teil der Prozessorleistung. Eingehende Texte und Audiodateien wurden also laufend indiziert, mit Schlagwörtern und Verknüpfungen versehen wie bei einer modernen Suchmaschine. Dadurch erzeugten die Rechner automatisch Information aus der sonst unübersichtlichen Datenflut.
Ein weiterer Eintrag in der Liste aktiver Prozesse fiel ihr auf. Der Prozess hieß ›synopsis‹, verbrauchte zurzeit keine Prozessorleistung, hatte sich aber über zwei Gigabyte Memory ausgebreitet. Das Programm wartete offensichtlich auf Arbeit. Sie prüfte die Symbole am Rand des Konsolen-Bildschirms. Eines passte zu ›synopsis‹. Es stellte eine Pyramide dar, auf deren Spitze ein brennendes Auge thronte. Das alles sehende Auge Saurons aus ›Herr der Ringe‹. Ohne Zögern klickte sie auf das Symbol. Ein Programmfenster mit einer Vielzahl von Reglern, Eingabe- und Auswahlfeldern öffnete sich. Ihr Puls beschleunigte sich, als sie es sah. ›synopsis‹ hieß also das Werkzeug, mit dem man diese Daten zum Leben erweckte, ein intelligentes Suchprogramm mit Filtern, statistischen Auswertungen und Steuerparametern, das die Datenbank in eine umfassende Wissensbank verwandelte.
Noch drei Minuten, dann wäre die vereinbarte Zeit um. Aufgeregt verschaffte sie sich einen Überblick über die Eingabefelder. Die meisten waren bereits mit Standardwerten ausgefüllt. Sinnvolle Vorgaben, wie ihr schien.
Zwei Minuten. Sie entschied sich, nur das Feld für Stichwörter zu verwenden und das Zeitfenster auf die letzten sechs Monate einzugrenzen. Operation Shutdown gab sie ein und startete die Suche.
Ein Geräusch an der Tür erschreckte sie. Es blieb keine Zeit, das Licht zu löschen. Sie rettete sich mit einem Sprung hinter das nächste Regal. Im nächsten Augenblick ging die Tür auf und schnappte sogleich wieder zu.
»Jen, verdammt, wo bist du?«, fragte Frank.
Sie kroch aus ihrem Versteck. »Kannst du nicht anklopfen?«
»Wir müssen verschwinden. Da vorn im UFO braut sich etwas zusammen.«
Er trug einen Aktenordner unter dem Arm. In der andern Hand hielt er einen kleinen Stapel CDs oder DVDs.
»Was ist das?«
»Material«, antwortete er lakonisch. »Ich glaube, es könnte interessant sein.«
Die Disks waren ordentlich beschriftet mit Datum und Inhaltsangabe. Auf allen standen die zwei Wörter, die sie vorhin in die Suchmaschine eingegeben hatte: Operation Shutdown.
»Glaube ich auch«, sagte sie lächelnd.
»Los jetzt, wir haben keine Zeit mehr«, drängte er.
»Augenblick, ›synopsis‹ braucht noch eine Minute.«
»Verstehst du nicht? Wir haben keine Minute – wer zum Teufel ist Sin ...«
»›synopsis‹, die Suchmaschine, die gerade alle Informationen zum Thema Operation Shutdown zusammenstellt.«
Seine Stirnfalten vertieften sich. Er setzte zu einer Antwort an, doch sie unterbrach ihn freudig:
»Fertig!«
Viel erwartete sie nicht von diesem verblüffend schnell produzierten Resultat. Während sie die erzeugte Datei auf ihren USB-Stick kopierte, sah sie sich den Anfang des Ergebnisses an. Sie hatte sich gründlich geirrt. ›synopsis‹ lieferte genau, was der Name versprach: eine ausführliche Übersicht über alles, was mit der Operation Shutdown zusammenhing. Das Ergebnis war ein Bericht, der die Ereignisse und Daten Schauplätzen zuordnete und sie nebeneinander auf einer Zeitachse darstellte. Soweit sie in der kurzen Zeit feststellte, enthielt der Report nicht nur Links zu Audio- und Videodateien, sondern auch eine Zusammenfassung ihrer Inhalte. Von solcher Power konnte auch die mächtigste Suchmaschine des Internets nur träumen.
Franks Geduld war zu Ende. Er schritt auf die Tür zu und sagte:
»Ich lösche jetzt das Licht, dann verschwinden wir.«
»Wie?«
»Durch die Garage.«
»Und die 10'000 Volt?«
»Scheiß drauf!«
»Keine gute Strategie«, murmelte sie. »Gib mir ein paar Sekunden.«
Sie hatte das Kontrollfenster des Überwachungsprogramms gefunden. Wie erwartet, ließen sich auch Zaun und Tor über die Software steuern. Mit wenigen Klicks schaltete sie die Hochspannungsquelle ab und öffnete das Zufahrtstor. Sie steckte den Stick mit dem unbezahlbaren Bericht ein und stand auf. Bevor sie der Arbeitsstation den Rücken kehrte, tippte sie einen letzten Befehl ins Konsolenfenster: shutdown –t 30 .
»Shutdown in dreißig Sekunden«, grinste sie, »passt.«
Frank durfte endlich das Licht löschen. Er öffnete die Tür, horchte, spähte vorsichtig hinaus und schloss sie
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