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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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schmunzelte, um seine Unsicherheit zu verbergen. Er hatte sich lang überlegt, wie und wann er sein Teilgeständnis ablegen würde, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. Jetzt war es soweit. Um Jen zu schützen, musste er reden. Er trank seinen Kaffee aus, schob die Tasse langsam beiseite, räusperte sich und sagte:
    »Du hast recht. Ich habe nicht ganz die Wahrheit gesagt.«
    »Du hast gelogen!«
    »Willst du mir nicht zuhören?«
    Rosenblatt starrte ihn grimmig an, aber er schwieg.
    »Also«, fuhr er fort, »Jen hat mich vor zwei Wochen angerufen, kurz, nachdem ihr sie zum Abschuss freigegeben habt.«
    Sein Freund schnaubte verächtlich, setzte zu einer Entgegnung an, besann sich jedoch noch rechtzeitig und rümpfte nur die Nase.
    »Sie hat mich von ihrer Unschuld überzeugt, und ich sage dir weshalb.«
    Er breitete die Wahrheit über die guten Hacker, den Auftrag von ›CGI‹ und die Entdeckung der Ursache des Blackouts Stück für Stück vor Rosenblatt aus. Mit dem Hinweis auf die Psychologen im Umfeld Professor Schneiders in Berkeley endete seine Geschichte. Das Eindringen in Schneiders Netz hatte letztlich die Fahndung nach Jen ausgelöst.
    »Warum zum Teufel bist du damit nicht sofort zu mir gekommen?«, fragte Rosenblatt nach langer Denkpause.
    »Ich hatte nichts in der Hand, nicht den geringsten Beweis für die Wahrheit ihrer Behauptungen. Für euch wäre meine Aussage nichts wert gewesen. Aber ich glaube ihr, weil ich sie kenne, seit sie in den Windeln lag.«
    »Aber sie hat Beweise. Warum kommt sie nicht zu uns damit? Flucht ist oft ein Schuldgeständnis. Das weißt du.«
    Frank schüttelte den Kopf. »Sie hat panische Angst vor dem ganzen Polizeiapparat. Das hängt mit ihrer Vergangenheit zusammen. Ich habe vergeblich versucht, sie zu überreden. Sie hat nichts mit dem Blackout zu tun. Ihr seid mit ihr auf dem falschen Dampfer. Das wollte ich dir nur sagen – unter Freunden.«
    »Meschugge, die ganze verdammte Geschichte ist meschugge.«
    »Glaube ich nicht. Jen lügt mich nicht an, darauf verwette ich meine Forellen.«
    »Die kannst du behalten. Sie stinken sowieso schon zum Himmel.«
    Frank legte die Zeche auf den Tisch und erhob sich.
    »Was ist los? Wir sind noch nicht fertig«, begehrte Rosenblatt auf. »Deine Aussage wird protokolliert.«
    »Welche Aussage? Ich meine, das war eine Unterhaltung unter Freunden, nichts weiter.«
    »Du solltest vorsichtig umgehen mit dem Begriff Freundschaft.«
    Er verabschiedete sich mit einem leichten Schlag auf Rosenblatts Schulter.
    »Kannst mich ja vorladen«, grinste er. »Grüß mir die Familie.«
     
    Sausalito, Marin County, Kalifornien
     
    Die Presse hatte das Interesse an Carmen Tate verloren. Jen fuhr unbeobachtet bei ihr vor und parkte das Cabrio in der Garage.
    »Claire fährt – fuhr den gleichen Wagen«, sagte Tate lächelnd zur Begrüßung.
    »Denselben«, präzisierte Jerry Waller.
    Allmählich ging ihr die männliche Tarnung auf den Geist. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle splitternackt ausgezogen und der unnahbaren Frau, die beinah so herrlich blau roch wie Rebecca, offenbart, wer sie wirklich war. Wie in Trance blieb sie vor ihr stehen, verschlang sie mit Augen und Nase, bis Tate sie wachrüttelte:
    »Wollen wir uns nicht setzen? Wie läuft's an der Sansome Street?«
    Jen lachte. »Da läuft gar nichts mehr. Nach zwei Stunden war ich wieder draußen.«
    »Oh.«
    Tate machte ein herzerwärmend enttäuschtes Gesicht.
    »Keine Sorge«, lächelte Jen, »das ist gut so. Ich habe jetzt alles Material beisammen.«
    Sie reichte ihr den Aktenordner, den Frank im Archiv gestohlen hatte, zusammen mit einer dicken Mappe, dem gedruckten ›synopsis‹-Bericht. Tate warf einen kurzen Blick hinein, blätterte schnell weiter, blieb an einer Seite hängen und las angespannt weiter.
    »Sergei«, murmelte sie nach einer Weile. »Von ihm hätte ich so etwas zuletzt erwartet. Unfassbar.«
    Die Erkenntnis, dass Gamov eine treibende Kraft hinter der Operation Shutdown war, erschütterte sie offenbar zutiefst. Nur mit Mühe widerstand Jen dem Drang, die Enttäuschte tröstend in den Arm zu nehmen. Stattdessen goss sie ein Glas Eiswasser ein und schob es ihr hin.
    »Danke Jerry. Das ist nett.«
    »Ihre Anwälte werden sich freuen.«
    Tate nippte nachdenklich am Glas. »Woher stammt das alles, der Bericht, die Protokolle?«
    »Das wollen Sie gar nicht wissen. Behaupten Sie einfach, Sie hätten die Sachen bei Don gefunden, zusammen mit der DVD.«
    Tate schüttelte

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