Shutdown
Warrior war der Kopf der ›Black Hats‹, denen Kalifornien den Blackout und die USA bald ›PACTA‹ zu verdanken hatten. Sie glaubte, einen kalten Hauch in ihrem Nacken zu spüren und zuckte erschrocken zusammen, als Pats Stimme hinter ihr fragte:
»Was hat das alles zu bedeuten?«
»Jemand, der sich warrior nennt, hat die Cyberattacken ausgeführt und den Blackout provoziert. ›Office P‹ scheint alles geplant zu haben. Sie nennen den Blackout zutreffend Operation Shutdown. Die haben bewusst die Hälfte Kaliforniens heruntergefahren.«
»Und was haben der Don oder Tate damit zu tun?«
Jen zuckte die Achseln. »Wenn ich das wüsste.«
Pat sah genauer hin. »Planung nicht ändern«, las sie vor. »Hört sich an, als machten sie seelenruhig weiter, aber womit? Was folgt als Nächstes nach dem Blackout?«
Jen schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich glaube, sie sind nervös geworden. Moonbase ist wohl die Hackerzentrale, von der aus warrior operiert, und die droht aufzufliegen.«
Die Vorstellung beruhigte sie keineswegs, denn was warrior mit Operation Whistleblower plante, glaubte sie wenigstens im Ansatz zu verstehen. Es konnte sich nur um eine Attacke gegen die Whistleblower handeln, also gegen sie selbst und ihre Truppe. Warrior und ›Office P‹ waren hartgesottene Profis, das hatten sie bewiesen. Die Tatsache, dass die Fabrik nicht mehr existierte, würde sie nicht lang aufhalten. Je mehr sie darüber nachdachte, desto plausibler erschien ihr die Vermutung. Wahrscheinlich waren die ›Black Hats‹ von Anfang an über jeden ihrer Schritte im Bilde gewesen. Warriors Leute hatten genügend Zeit gehabt, jede Menge falscher Beweise zu fabrizieren, um den Verdacht von sich auf ihre Truppe zu lenken. Operation Whistleblower war möglicherweise nichts anderes, als diese Falschinformation den Ermittlern in die Hände zu spielen. SFPD, das FBI und die Army würden dann die Drecksarbeit erledigen.
»Was denken Sie, planen die als Nächstes?«, fragte Pat nochmals.
»Keine Ahnung«, murmelte Jen.
»Ich frage mich«, fuhr Pat weiter, »warum zum Geier Dons Psychologen diesen Blackout oder Shutdown organisiert haben, falls Ihre Theorie stimmt.«
»Vielleicht ist das die falsche Frage. Mal angenommen, Dons Medienimperium finanziert dieses Experiment. Was gewinnt sein Konzern dabei?«
Eine mögliche Antwort fiel ihr schon ein, während sie die Frage stellte. Pat wartete schweigend auf ihre Erklärung.
»Erinnern Sie sich an das, was ich über ›PACTA‹ gesagt habe? Was immer Sie vom neuen Gesetz halten: Es ist schlimmer, als Sie denken. Außer Ihnen gehört ein großes Medienunternehmen mit Millionen Konsumenten. In diesem Fall profitieren Sie in jeder Hinsicht. Mit ›PACTA‹ sind Sie nämlich jederzeit in der Lage, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und ihre Kunden mit dem Segen der Regierung zu bespitzeln.«
»Die ideale Plattform, um Meinungen zu manipulieren, seine Macht zu zementieren und nebenbei politischen und finanziellen Profit daraus zu schlagen«, ergänzte Pat. Nach einer Denkpause fügte sie leise hinzu: »Zuzutrauen ist es ihm. Er hatte schon immer einen Hang zum Größenwahn.«
Jen beobachtete den Datenverkehr auf Schneiders Netzwerk noch eine Weile, ohne eine weitere Sensation zu entdecken. Schließlich unterbrach sie die Verbindung zum ›Pwn Plug‹, um Jezzus um seine Meinung zu fragen.
»Schneiders Psychos mögen ja durchgeknallt sein«, seufzte er nach ihrem Bericht, »aber ich glaube auch nicht daran, dass sie das aus eigener Kasse zahlen. Deine Theorie ergibt schon Sinn, aber wenn ›Trusted News‹ die treibende Kraft ist, wird es ein Kampf David gegen eine Footballmannschaft von Goliaths.«
»Das wäre doch mal eine Herausforderung«, sagte sie lächelnd.
»Da hast du verdammt recht. Die Frage ist nur, was machen wir mit den Beweisen, angenommen, wir finden sie. ›TNC‹ ist ein Krebsgeschwür. Seine Metastasen wuchern überall. Mit andern Worten, du kannst absolut niemandem trauen. Der Polizei nicht, der Presse nicht, der Politik nicht, niemandem.«
»Jetzt übertreibst du. Wir vertrauen uns doch. Wir vertrauen der Truppe. Uns wird schon etwas einfallen, wenn wir soweit sind.«
»Wie du meinst«, brummte er zögernd, nicht überzeugt. »Am besten wäre sicher, wenn diese Pat Farmer auspacken würde.«
»Das kannst du vergessen. Damit würde sie sich selbst anklagen und überdies hat sie seit vier Jahren keinen Kontakt mehr zu ›TNC‹.«
»Carmen Tate?«
Jen
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