Shutter Island
an.
»Das da im Griff sind Ihre Anfangsbuchstaben, stimmt’s?«
Teddy betrachtete sie, Schweiß rann ihm in die Augen.
»Ja oder nein, Marshal? Ist das Ihr Revolver?«
Teddy sah die Kerbe im Lauf. Sie stammte von dem Schuss, den Phillip Stacks auf ihn abgegeben hatte. Stacks hatte nur die Waffe getroffen und war von seinem eigenen Querschläger getötet worden. Teddy sah die Initialen E. D. im Griff, ein Geschenk von seiner Einheit, nachdem er den Schusswechsel mit Breck in Maine gehabt hatte. Und da, an der Unterseite des Abzugbügels, war das Metall zerkratzt und leicht abgeschürft, weil er sie bei einer Verfolgungsjagd im Winter 1949 in St. Louis hatte fallen lassen.
»Ist das Ihre Dienstwaffe?«
»Ja.«
»Nehmen Sie sie, Marshal. Prüfen Sie, ob sie geladen ist.«
Teddy schaute erst den Revolver, dann Cawley an.
»Na los, Marshal. Nehmen Sie sie.«
Teddy nahm die Waffe vom Tisch und wog sie in der Hand.
»Ist sie geladen?«, fragte Cawley.
»Ja.«
»Bestimmt?«
»Ich fühl’s am Gewicht.«
Cawley nickte. »Dann legen Sie los. Denn nur so werden Sie jemals die Insel verlassen können.«
Teddy wollte den Arm mit der anderen Hand stützen, doch die zitterte ebenfalls. Er holte mehrmals tief Luft, atmete langsam aus, versuchte trotz des Schweißes in den Augen und zitterndem Körper auf Cawley zu zielen. Er war höchstens einen halben Meter entfernt, aber schwankte hin und her, auf und nieder, als ständen sie beide auf einem Schiff auf hoher See.
»Sie haben noch fünf Sekunden, Marshal.«
Cawley zog das Feldtelefon aus dem Kasten und drehte an der Kurbel. Er hielt den Hörer an den Mund.
»Noch drei Sekunden. Drücken Sie ab oder bleiben Sie den Rest Ihres Lebens auf dieser Insel.«
Teddy spürte das Gewicht des Revolvers. Es könnte klappen, trotz des Zitterns, wenn er seine Chance jetzt ergriff. Wenn er Cawley und alle anderen tötete, die draußen warteten.
»Direktor, Sie können ihn jetzt hochschicken«, sagte Cawley.
Teddys Blick wurde klar, das Zittern ebbte ab zu einem schwachen Beben. Er zielte auf Cawley, der den Hörer zurücklegte.
Cawley bekam einen neugierigen Gesichtsausdruck, als würde ihm erst jetzt klar, dass Teddy noch immer die Möglichkeit hatte, Schluss zu machen.
Cawley hob die Hand.
»Okay, okay«, sagte er.
Und Teddy schoss ihm in die Brust. Dann hob er die Hände zwei Zentimeter höher und schoss Cawley ins Gesicht.
Mit Wasser.
Cawley runzelte die Stirn. Blinzelte mehrmals. Zog ein Taschentuch hervor.
Hinter Teddy öffnete sich die Tür. Teddy wirbelte auf dem Stuhl herum und zielte auf den eintretenden Mann.
»Nicht schießen«, sagte Chuck. »Ich hab meinen Regenmantel vergessen.«
23
CAWLEY FUHR SICH mit dem Taschentuch übers Gesicht und setzte sich wieder. Chuck ging um den Tisch herum zu Cawley, Teddy drehte den Revolver in der Hand und starrte ihn an.
Chuck nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz. Er trug einen Laborkittel.
»Ich dachte, du wärst tot«, sagte Teddy.
»Nein«, sagte Chuck.
Plötzlich fiel es Teddy schwer, Wörter zu artikulieren. Er merkte, dass er zu stottern begann, genau wie die Ärztin vorausgesagt hatte. »Ich … ich … wäre … ich wäre für dich gestorben, um dich hier rauszubringen. Ich …« Er ließ die Waffe auf den Tisch fallen. Jegliche Kraft schwand aus seinem Körper. Er sackte auf den Stuhl, er konnte nicht mehr.
»Es tut mir aufrichtig Leid«, sagte Chuck. »Dr. Cawley und ich haben uns wochenlang den Kopf zerbrochen, bevor wir das so inszeniert haben. Ich wollte nicht, dass Sie sich hinterher verraten fühlen, ich wollte Ihnen keine ungebührlichen Schmerzen bereiten. Das müssen Sie mir glauben. Aber wir wussten, dass es keine andere Möglichkeit gibt.«
»Uns sitzt ein wenig die Zeit im Nacken«, erklärte Cawley. »Das hier war unser letzter verzweifelter Versuch, Sie zu retten, Andrew. Ein radikaler Plan, selbst für unsere Verhältnisse, aber ich hatte gehofft, er würde funktionieren.«
Teddy wollte sich den Schweiß aus den Augen wischen, verrieb ihn aber nur. Verschwommen sah er Chuck vor sich.
»Wer bist du?«, fragte er.
Chuck streckte ihm über den Tisch die Hand entgegen. »Dr. Lester Sheehan«, sagte er.
Teddy ignorierte die Hand, und Sheehan zog sie wieder zurück.
»Ich hab dir also ständig erzählt«, sagte Teddy und zog die Nase hoch, »dass wir unbedingt Sheehan finden müssen, obwohl du selbst … Sheehan bist.«
Sheehan nickte.
»Du hast mich ›Chef‹ genannt. Mir
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