Shutter Island
Holzstämme.«
»Sie sind ein Haufen Scheiße«, sagte Teddy.
»Woher sollte ich das sonst alles wissen?«
Teddy zählte die Argumente an seinen zitternden Fingern ab: »Ich habe hier gegessen, Ihren Kaffee getrunken, Ihre Zigaretten geraucht. Herrgott, an dem Morgen, als ich ankam, habe ich drei angebliche Aspirin von Ihnen genommen. An einem Abend haben Sie mir Drogen eingeflößt. Sie saßen neben mir, als ich aufgewacht bin. Seitdem habe ich mich verändert. Da fing alles an. An dem Abend, als ich die Migräne hatte. Was haben Sie mir da gegeben?«
Cawley lehnte sich zurück. Er verzog das Gesicht, als würde er Säure schlucken, und sah aus dem Fenster.
»Ihnen läuft die Zeit davon«, flüsterte er.
»Wie bitte?«
»Die Zeit«, sagte er leise. »Ich hatte vier Tage Zeit. Die sind jetzt fast um.«
»Dann lassen Sie mich gehen. Ich fahre zurück nach Boston und reiche eine Klage bei meinen Vorgesetzten ein. Aber das soll Sie nicht stören – Sie haben so einflussreiche Freunde, da wird bestimmt nicht viel draus werden.«
»Nein, Andrew«, erwiderte Cawley. »Ich habe so gut wie keine Freunde mehr. Seit acht Jahren kämpfe ich hier meinen Kampf; inzwischen hat sich der Wind leider gedreht. Ich werde verlieren. Meine Stelle, die Gelder. Ich habe vor dem gesamten Kuratorium geschworen, ich würde das ungewöhnlichste Rollenspiel durchführen, das es je in der Psychiatrie gegeben hat, um Sie damit zu retten. Um Sie damit zurückzuholen. Aber jetzt sieht es so aus, als ob ich mich geirrt hätte.« Seine Pupillen weiteten sich, er drückte die Hand gegen das Kinn, als renke er sich den Kiefer ein. Dann ließ er die Hand sinken und schaute Teddy an. »Verstehen Sie das nicht, Andrew? Wenn Sie versagen, versage auch ich. Wenn ich versage, ist alles vorbei.«
»Och, das tut mir aber Leid«, sagte Teddy.
Draußen krächzten Möwen. Teddy roch Salz, Sonne und feuchten Sand.
»Versuchen wir’s mal andersrum«, schlug Cawley vor. »Glauben Sie, es ist Zufall, dass Rachel Solando, übrigens ein reines Produkt Ihrer Fantasie, genau dieselben Buchstaben im Namen hat wie Ihre tote Frau, und dass sie ebenfalls ihre Kinder getötet hat?«
Teddy stand auf. Das Zittern ließ seine Arme von den Schultern abwärts beben. »Meine Frau hat ihre Kinder nicht umgebracht. Wir hatten keine Kinder.«
»Sie hatten keine Kinder?« Cawley ging zur Wand.
»Wir hatten keine Kinder, Sie dummes Arschloch.«
»Oh, gut.« Cawley zog das nächste Laken herunter.
Zum Vorschein kamen eine Tatortzeichnung, Fotos eines Sees und Fotos von drei toten Kindern. Dazu Namen, ebenfalls in großen Druckbuchstaben geschrieben:
EDWARD LAEDDIS
DANIEL LAEDDIS
RACHEL LAEDDIS
Teddy senkte den Blick und starrte auf seine Hände; sie hüpften, als gehörten sie nicht zu ihm. Wäre es möglich gewesen, hätte er sich auf sie gestellt.
»Ihre Kinder, Andrew. Wollen Sie sich hier hinstellen und leugnen, dass es sie gegeben hat? Wollen Sie das wirklich behaupten?«
Teddy wies mit dem Kinn auf die Fotos. »Das sind die Kinder von Rachel Solando. Das ist die Tatortzeichnung von Rachel Solandos Haus am See.«
»Das ist Ihr Haus. Sie sind dorthin gezogen, weil die Ärzte es Ihnen geraten haben, wegen Ihrer Frau. Erinnern Sie sich nicht? Sie hatte Ihre vorherige Wohnung ›versehentlich‹ in Brand gesetzt. Bringen Sie Ihre Frau raus aus der Stadt, haben die Ärzte geraten, sie braucht eine ländlichere Umgebung. Vielleicht geht es ihr dort besser.«
»Sie war nicht krank.«
»Sie war geisteskrank, Andrew.«
»So heiße ich nicht, verflucht noch mal! Sie war nicht geisteskrank.«
»Ihre Frau war klinisch depressiv. Sie war erwiesenermaßen manisch-depressiv. Sie war –«
»War sie nicht«, sagte Teddy.
»Sie war lebensmüde. Sie hat Ihre Kinder verletzt. Aber Sie wollten es einfach nicht sehen. Sie waren der Ansicht, Ihre Frau solle sich zusammenreißen. Sie redeten sich ein, geistige Gesundheit könne man erzwingen, sie bräuchte sich doch bloß ihrer Verantwortung klar zu werden. Ihrer Verantwortung gegenüber Ihnen. Gegenüber den Kindern. Sie tranken, Sie tranken immer mehr. Sie haben sich in Ihrer eigenen Welt eingeschlossen. Sie blieben länger fort. Sie haben alle Warnungen ignoriert. Sie haben in den Wind geschlagen, was die Lehrer sagten, der Pastor der Gemeinde, die Familie Ihrer Frau.«
»Meine Frau war nicht geisteskrank!«
»Und warum? Weil Sie sich geschämt haben.«
»Meine Frau war nicht –«
»Ihre Frau hat nur ein
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