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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Grundausbildung war ich auf der Funkerschule.«
    »Und dann?«
    »Ein Schnellkurs am War College und dann, ja, beim Nachrichtendienst.«
    »Und warum bist du hinterher wieder bei den Braunen gelandet?«
    »Hab was verbockt.« Der Wind war so laut, dass Teddy schreien musste. »Hab was falsch entschlüsselt. Koordinaten einer feindlichen Stellung.«
    »Wie schlimm war’s?«
    Teddy hörte noch immer den Lärm aus dem Funkgerät: Schreie, Rauschen, Weinen, Rauschen, Maschinengewehrfeuer, dann wieder Schreie, Weinen, Rauschen. Und im Hintergrund fragte eine Jungenstimme: »Wisst ihr, wo der Rest von mir ist?«
    »Ungefähr ein halbes Bataillon«, schrie Teddy in den Wind. »Hab sie serviert wie eine Fleischpastete.«
    Eine Weile brauste ihnen der Wind um die Ohren, dann brüllte Chuck: »Das tut mir Leid. Das ist ja schrecklich.«
    Sie erklommen eine Hügelkuppe, oben wurden sie beinahe wieder hinuntergepustet, aber Teddy packte Chuck am Ellenbogen, und so schwankten sie mit gesenkten Köpfen voran. Sie liefen eine Weile, Kopf und Oberkörper gegen den Wind gestemmt, und hätten die Grabsteine beinahe übersehen. Sie trotteten vor sich hin, Regen in den Augen, bis Teddy gegen einen Schieferstein stieß, der nach hinten kippte und dann flach auf dem Rücken lag.
     
    JACOB PLUGH
    BOOTSMANNSMAAT
    1832–1858
     
    Links von ihnen zerbarst ein Baum, das Krachen klang wie eine Axt, die ein Blechdach durchschlug. Chuck rief: »Du lieber Himmel!« Teile des Baumes wurden vom Wind erfasst und schossen an ihren Köpfen vorbei.
    Die Arme schützend vors Gesicht haltend, liefen sie über den Friedhof. Staub, Blätter, Äste sausten umher, entwickelten ein Eigenleben. Mehrmals stolperten die beiden, sie konnten so gut wie nichts mehr sehen, doch plötzlich entdeckte Teddy einen breiten, anthrazitgrauen Schatten vor sich. Er stieß Chuck an; sein Schreien verlor sich im Wind.
    Etwas Großes flog so nahe an Teddys Kopf vorbei, dass es sein Haar streifte. Sie rannten um ihr Leben, der Wind peitschte ihnen entgegen, der Schlamm spritzte ihnen bis an die Knie.
    Ein Mausoleum. Die Tür war aus Stahl, die Angeln waren gebrochen, Unkraut wuchs aus dem Fundament. Teddy zog die Tür auf, der Wind erfasste ihn und schleuderte ihn mitsamt der Tür zur Seite. Teddy fiel hin, die Tür drückte sich aus der unteren Angel, quietschte und schlug gegen die Wand. Teddy rutschte aus, stand wieder auf, und der Wind schob ihn nach vorn. Er fiel auf ein Knie, sah die schwarze Türöffnung vor sich, warf sich nach vorn und kroch hinein.
    »Hast du so was schon mal erlebt?«, fragte Chuck, als sie in der Tür standen und zusahen, wie die Insel sich in ihren Zorn hineinsteigerte. Der Wind wirbelte Erde und Laub, Äste, Steine und den Regen durch die Luft, er quiekte wie eine Horde Wildschweine und pflügte den Boden.
    »Noch nie«, sagte Teddy. Sie traten vom Türrahmen zurück.
    In der Innentasche seiner Jacke fand Chuck eine noch trockene Packung Streichhölzer. Er entzündete drei auf einmal, den Wind mit dem Körper abschirmend. In der Mitte des Raumes befand sich eine Betonplatte, jedoch lag darauf weder ein Sarg noch eine Leiche. Wenn dort einmal etwas gelegen haben sollte, war es inzwischen umgebettet oder gestohlen worden. Hinter der Platte war eine Steinbank in die Wand eingelassen, auf die sie nun zusteuerten. Die Streichhölzer wurden schwächer. Teddy und Chuck setzten sich. Der Wind fegte ums Mausoleum und schlug die Tür gegen die Mauer.
    »Nicht schlecht, was?«, sagte Chuck. »Die Natur spielt verrückt, die Farbe des Himmels … Hast du gesehen, wie der Grabstein einen Salto rückwärts gemacht hat?«
    »Ich bin ja dagegengestoßen, aber stimmt, es war wirklich beeindruckend.«
    »Puh!« Chuck drückte die Aufschläge seiner Hose aus, neben seinen Schuhen bildeten sich kleine Wasserlachen. Er ließ das durchnässte Hemd auf seine Brust klatschen. »Wahrscheinlich wären wir besser nicht so weit gegangen. Kann sein, dass wir das aussitzen müssen. Hier.«
    Teddy nickte. »Ich hab nicht viel Ahnung von Orkanen, aber ich hab das Gefühl, er macht sich gerade mal warm.«
    »Wenn der Wind dreht, kommt der ganze Friedhof hier reingeflogen.«
    »Bin trotzdem froh, dass ich hier drin bin und nicht draußen.«
    »Klar, aber wie schlau sind wir eigentlich, bei einem Gewitter eine erhöhte Stelle aufzusuchen?«
    »Nicht besonders schlau.«
    »Das ging aber auch schnell. Eben war es noch ein starker Regen, und plötzlich sind wir mitten in einem

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