Shutter Island
gelernt. Im Cocoanut Grove in Boston. Sie wohnte mit einem Mädchen aus gutem Hause zusammen und ich konnte rein, weil es einen Rabatt für Militärangehörige gab. Kurze Zeit später bin ich an Bord gegangen. Hab die ganze Nacht mit ihr getanzt. Sogar Foxtrott.«
Chuck sah Teddy an. »Du und Foxtrott? Ich versuch’s mir gerade vorzustellen, aber …«
»He, alter Freund«, sagte Teddy, »wenn du meine Frau an dem Abend gesehen hättest … Du wärst wie ein Karnickel über die Tanzfläche gehüpft, wenn sie dich drum gebeten hätte.«
»Also hast du sie im Cocoanut Grove kennen gelernt.«
Teddy nickte. »Und als ich gerade – wo? – in Italien war, ist er abgebrannt. Ja, damals war ich in Italien – und sie fand es irgendwie, weiß nicht, bedeutungsvoll, glaube ich. Sie hatte panische Angst vor Feuer.«
»Aber ist im Feuer gestorben«, sagte Chuck leise.
»Das haut einen um, oder?« Teddy schluckte das Bild von ihr hinunter, wie sie am letzten Morgen den Fuß gegen die Wand stemmte, nackt, den Körper mit weißem Schaum betupft.
»Teddy?«
Teddy sah auf.
Chuck spreizte die Hände. »Ich helf dir. Egal, was passiert. Auch wenn du Laeddis töten willst, wenn du ihn findest. Alles paletti.«
»Alles paletti.« Teddy grinste. »Das habe ich seit –«
»Aber eins noch, Chef. Ich muss wissen, worauf ich mich einlasse. Das meine ich ernst. Wir müssen das auf die Reihe kriegen, sonst sitzen wir am Ende vor der nächsten Untersuchungskommission oder so. Heutzutage kann man nichts mehr verbergen, weißt du? Jedem wird auf die Finger geguckt. Jeder wird beobachtet. Die Welt wird jede Minute kleiner.« Chuck strich sich das Haar aus der Stirn. »Ich glaube, du weißt Bescheid über dieses Haus. Ich glaube, du weißt Sachen, die du mir nicht erzählt hast. Ich glaube, du bist hier, um Schaden anzurichten.«
Teddy winkte ab.
»Das meine ich ernst, Chef.«
»Wir werden nass«, sagte Teddy.
»Ja, und?«
»Mein Reden. Stört’s dich, wenn wir noch nasser werden?«
Durch das Tor gingen sie hinunter zum Meer. Der Regen verdeckte alles. An den Felsen brachen sich haushohe Wellen. Sie türmten sich auf und fielen in sich zusammen, um Platz für die nächsten zu machen.
»Ich will ihn nicht umbringen«, schrie Teddy über das Brausen hinweg.
»Nein?«
»Nein.«
»Weiß nicht, ob ich dir das glaube.«
Teddy zuckte mit den Schultern.
»Wenn das meine Frau gewesen wäre«, sagte Chuck, »würde ich ihn zweimal umbringen.«
»Ich hab das Töten satt«, sagte Teddy. »Im Krieg, da hab ich die Übersicht verloren. Ist doch unglaublich, oder? Trotzdem war es so.«
»Aber, Teddy, es geht um deine Frau.«
Sie stießen auf spitze schwarze Steine, die sich vom Strand bis zu den Bäumen erstreckten und ihnen den Weg versperrten. Sie kletterten landeinwärts.
»Pass auf«, sagte Teddy, als sie eine kleine Ebene mit einem Kreis hoher Bäume erreichten, die ein wenig Regen abhielten, »der Beruf kommt für mich immer noch an erster Stelle. Wir finden heraus, was mit Rachel Solando passiert ist. Und wenn ich dabei Laeddis finde, gut. Dann werde ich ihm sagen, ich weiß, dass du meine Frau auf dem Gewissen hast. Ich werde ihm sagen, ich warte auf dich, wenn du entlassen wirst. Solange ich lebe, wirst du keine Sekunde Ruhe haben.«
»Und das soll alles sein?«, fragte Chuck.
»Das ist alles.«
Chuck wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, strich sich das Haar aus der Stirn. »Das glaub ich dir nicht. Glaub ich einfach nicht.«
Teddy blickte hinüber zur Spitze von Ashecliffe, zu den lauernden Dachgauben.
»Glaubst du wirklich, dass Cawley nicht weiß, warum du tatsächlich hier bist?«
»Ich bin wirklich wegen Rachel Solando hier.«
»Ach, Scheiße, Teddy, wenn der Typ, der deine Frau umgebracht hat, hier eingewiesen wurde, dann …«
»Dafür wurde er nicht verurteilt. Es gibt keine Verbindung zu mir. Nichts.«
Chuck setzte sich auf einen großen Stein und zog den Kopf ein. »Dann also der Friedhof. Warum versuchen wir nicht jetzt, den zu finden, wo wir schon draußen sind? Wenn wir einen Grabstein mit Laeddis’ Namen finden, wissen wir, dass die Schlacht schon so gut wie geschlagen ist.«
Teddy sah zu den Bäumen in ihrer schwarzen Tiefe hinüber. »Gut.«
Chuck stand auf. »Was hat sie dir eigentlich gesagt?«
»Wer?«
»Die Patientin.« Chuck schnippte mit den Fingern. »Bridget. Ich sollte ihr doch Wasser bringen. Da hat sie dir was gesagt, das weiß ich genau.«
»Hat sie nicht.«
»Hat sie
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