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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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ich ihr zumindest das schuldig.
    Ich werde dich finden.
    Und dann bringe ich dich um.

DRITTER TAG Patient Nr. 67

14
    DIE BEIDEN HÄUSER hinter der Mauer – das des Direktors und das von Cawley – waren stark beschädigt. Das halbe Dach von Cawley war abgetragen, wie eine Lektion in Demut lagen die Ziegel überall auf dem Klinikgelände verstreut. Durch das Wohnzimmerfenster des Direktors, mitten durch das zum Schutz davor genagelte Sperrholz, war ein Baum gebrochen. Wurzeln, Äste, Blätter, alles lag im Haus herum.
    Auf dem Hof häuften sich Muscheln und Zweige, stand vier Zentimeter hoch das Wasser. Cawleys Dachziegel, tote Ratten, Unmengen fauliger, mit Schlamm überzogener Äpfel. Die Grundmauern der Klinik sahen aus, als hätte sich jemand mit einem Presslufthammer an ihnen zu schaffen gemacht, Station A hatte vier Fensterscheiben eingebüßt, an mehreren Stellen rollte sich die Dachpappe auf wie eine überdimensionierte Haartolle. Zwei Häuschen waren zu Kleinholz zerlegt, andere waren umgekippt. In den Wohnheimen der Schwestern und der Pfleger fehlten mehrere Fensterscheiben und Wasserschäden gab es. Station B war verschont worden, hatte nicht einen Kratzer abbekommen. Wohin Teddy auch sah, überall standen Bäume mit abgerissenen Kronen, wie Speere wiesen die nackten Stämme gen Himmel.
    Wieder war die Luft schwül, schwer und dumpf. Es nieselte erschöpft, aber ununterbrochen. Am Strand lagen tote Fische. Als Teddy und Chuck am Morgen vor die Tür getreten waren, hatte eine Flunder unter dem überdachten Gang gelegen, gezappelt und nach Luft geschnappt. Ihr geschwollenes Auge schaute traurig zum Meer.
    Teddy und Chuck sahen zu, wie McPherson und ein Wärter einen umgekippten Jeep auf die Räder stellten. Beim fünften Versuch sprang der Wagen an, und die beiden brausten durch das Tor davon. Kurz darauf sah Teddy den Wagen die Anhöhe hinter der Klinik zur Station C hinaufrasen.
    Cawley betrat den Hof, blieb stehen, hob einen Dachziegel auf, betrachtete ihn und ließ ihn wieder auf die durchweichte Erde fallen. Zweimal schaute er an Teddy und Chuck vorbei, ehe er sie in ihrer weißen Pflegerkleidung und den schwarzen Regenjacken und Rangerhüten erkannte. Gequält lächelnd, steuerte er auf sie zu, als aus der Klinik ein Arzt mit Stethoskop um den Hals auf ihn zugelaufen kam.
    »Nummer zwei hat den Geist aufgegeben. Wir bekommen ihn nicht ans Laufen. Wir haben zwei im kritischen Zustand. Die sterben uns, John.«
    »Wo ist Harry?«
    »Harry arbeitet dran, aber er bekommt keine Spannung. Wozu ist das Notstromteil da, wenn es im Notfall keinen Strom bringt?«
    »Okay. Ich komme.«
    Mit großen Schritten eilten sie in die Klinik. Teddy fragte: »Der Notstromgenerator ist kaputt?«
    »Kann bei Wirbelstürmen wohl vorkommen«, entgegnete Chuck.
    »Hast du irgendwo Licht gesehen?«
    Chuck sah sich um. »Nee.«
    »Meinst du, das gesamte Stromsystem ist im Eimer?«
    »Gut möglich«, erwiderte Chuck.
    »Also auch der Elektrozaun.«
    Chuck stieß mit dem Schuh gegen einen Apfel und hob ihn auf. Er holte aus, trat mit dem Bein in die Luft und schleuderte den Apfel gegen die Mauer. »Erster out!«, rief er. Dann sagte er zu Teddy: »Ja, auch der Elektrozaun.«
    »Wahrscheinlich das gesamte elektrische Sicherungssystem. Die Pforten. Die Türen.«
    »Ach, du lieber Gott, steh uns bei«, sagte Chuck. Er hob den nächsten Apfel auf, warf ihn in die Luft und fing ihn hinter dem Rücken. »Du willst in die Festung rein, stimmt’s?«
    Teddy hielt das Gesicht in den Nieselregen. »Jetzt oder nie.«
    Der Direktor kam. Zusammen mit drei Wärtern fuhr er in einem Jeep auf den Hof, das Wasser spritzte zur Seite. Er registrierte, dass Chuck und Teddy untätig herumstanden, und schien sich darüber zu ärgern. Teddy wurde klar, dass der Direktor sie, wie schon zuvor Cawley, für Pfleger halten musste, und erbost war, weil sie keine Harken oder Pumpen in der Hand hatten. Abrupt wandte er den Blick von ihnen ab und fuhr weiter, wichtigeren Aufgaben entgegen. Teddy fiel auf, dass er den Mann noch nie hatte sprechen hören, und fragte sich, ob seine Stimme so schwarz war wie sein Haar oder so blass wie seine Haut.
    »Dann machen wir uns jetzt besser auf die Socken«, sagte Chuck. »So wird’s nicht ewig bleiben.«
    Teddy steuerte auf das Tor zu.
    Chuck holte ihn ein. »Ich würde ja pfeifen, aber mein Mund ist zu trocken.«
    »Muffensausen?«, fragte Teddy leichthin.
    »Der angebrachte Ausdruck lautet Riesenschiss, Chef.« Chuck

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