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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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vergönnt gewesen. Der Regen tröpfelte ihm auf den Hut, sammelte sich in der Krempe. Sein Kopf summte, kaum merklich, aber konstant. Wenn heute die Fähre käme – was er allerdings bezweifelte –, würde ein Teil von ihm am liebsten draufspringen und fortfahren. Bloß weg von diesem Felsbuckel im Meer. Aber ohne Beweise für Senator Hurly oder Laeddis’ Sterbeurkunde in den Händen würde er als Versager dastehen. Als lebensmüder Versager mit der zusätzlichen Last auf dem Gewissen, nichts für eine Veränderung getan zu haben.
    Teddy schlug sein Notizheft auf. »Diese Steinhäufchen gestern von Rachel. Ich hab sie entschlüsselt.« Er reichte Chuck das Heft.
    Chuck wölbte die Hand darüber, hielt es nah am Körper. »Das heißt, er ist hier.«
    »Er ist hier.«
    »Patient Nr. 67, meinst du?«
    »Schätze ich mal.«
    An einem rutschigen Hang hielt Teddy vor einem Felsblock inne. »Du kannst noch zurück, Chuck. Ich zwinge dich nicht mitzukommen.«
    Chuck schlug sich mit dem Notizbuch auf die Handfläche. »Wir sind Marshals, Teddy. Was ist unsere Aufgabe?«
    Teddy grinste. »Wir treten Türen ein.«
    »Bevor die anderen kommen«, sagte Chuck. »Wir treten die Türen als erste ein. Wenn die Zeit drängt, warten wir nicht, bis die lahmen Bullen aus der Stadt zur Unterstützung kommen. Wir treten einfach die verfluchte Tür ein.«
    »Ja, genau.«
    »Dann wäre das ja geklärt«, sagte Chuck und gab Teddy das Notizbuch zurück. Zusammen marschierten sie weiter auf die Festung zu.
     
    Als sie nur noch einige Bäume und ein kleines Feld von der Festung trennte, sprach Chuck aus, was Teddy dachte: »Wir sind gearscht.«
    Der Maschendrahtzaun, der das Gelände normalerweise umgab, war aus dem Boden gerissen. Einige Teile lagen herum, andere hingen weit entfernt in den Bäumen, der Rest war in unterschiedlichen Stadien der Unbrauchbarkeit in sich zusammengesackt.
    Stattdessen streiften bewaffnete Wachen über das Gelände. Jeeps drehten unablässig ihre Runden. Eine Gruppe von Pflegern trug den Schutt zusammen, eine andere machte sich an einem mächtigen Baum zu schaffen, der gegen die Außenmauer gefallen war. Es gab zwar keinen Burggraben, aber in die Festung führte nur eine einzige Tür, eine kleine rote aus gedengeltem Eisen. Oben auf den Zinnen standen Wärter Wache, Gewehre eng an den Körper gedrückt. Die wenigen kleinen viereckigen Fenster im Mauerwerk waren vergittert. Draußen waren keine Patienten zu sehen, auch keine mit Fußfesseln. Lediglich Wachen und Pfleger.
    Teddy sah, dass auf dem Dach zwei Wärter zur Seite traten, mehrere Pfleger an den Rand kamen und nach unten riefen, alle sollten aus dem Weg gehen. Ein halber Baum wurde an den Rand des Dachs gewuchtet, bis er wankend auf der Kante lag. Dann schoben die Männer den Baum von hinten weiter, drückten ihn einige Zentimeter voran, bis er kippte und, begleitet vom Rufen der Männer, hinunterfiel. Die Pfleger schauten wieder über den Rand des Daches, begutachteten ihre Arbeit, beglückwünschten sich gegenseitig und schlugen sich auf die Schultern.
    »Irgendwo muss es so was wie ein Leitungsrohr geben, oder?«, fragte Chuck. »Vielleicht wird das Abwasser ins Meer geleitet? Das könnten wir nehmen.«
    Teddy schüttelte den Kopf. »Warum die Mühe? Wir gehen da so rein.«
    »Ach, so wie Rachel einfach aus Station B marschiert ist? Verstehe. Wir nehmen was von dem Unsichtbarkeitspulver. Gute Idee.«
    Chuck runzelte die Stirn, Teddy fasste an den Kragen seines Regenmantels. »Wir sehen nicht wie Marshals aus, Chuck. Verstehst du, was ich meine?«
    Chuck schaute zu den Pflegern hinüber, die um die Festung marschierten. Einer kam mit einer Tasse Kaffee in der Hand durch die Eisentür. Der Dampf stieg im Nieselregen empor.
    »Amen«, sagte Chuck. »Amen, Bruder.«
     
    Rauchend und miteinander flachsend gingen sie die Straße hinunter auf die Festung zu.
    Auf halbem Wege trafen sie einen Wärter, der das Gewehr lässig unter dem Arm trug. Die Mündung zeigte zu Boden.
    »Wir sollen uns hier melden«, sagte Teddy. »Irgendwas mit einem Baum auf dem Dach.«
    Der Wärter sah sich über die Schulter um. »Nee. Das ist schon erledigt.«
    »Ach, klasse«, sagte Chuck, und sie machten Anstalten umzukehren.
    »He, mal langsam«, sagte der Wärter. »Ist trotzdem noch genug zu tun.«
    Sie blieben stehen.
    »Hier laufen doch mindestens dreißig Mann herum«, sagte Teddy.
    »Ja, aber im Gebäude ist noch alles durcheinander. So ein Sturm kann ein Bollwerk wie das

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