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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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ansonsten: Ja, sind alle drin.«
    Teddy zog an der Zigarette und hoffte, der Pfleger würde nicht bemerken, dass er nur paffte. Er überlegte, ob er ganz frech die Treppe hochsteigen sollte, in der Hoffnung, dass der junge Schwarze ihn ebenfalls für einen Pfleger hielt, möglicherweise von Station C.
    Dann sah er durch die Glasscheibe hinter dem jungen Mann, dass sich der Gang mit Menschen füllte, die zum Ausgang strebten.
    Er bedankte sich für das Feuer und schlenderte um das Gebäude herum zum Haupteingang. Dort waren sie alle, liefen herum, unterhielten sich, zündeten sich Zigaretten an. Teddy sah, wie Schwester Marino Trey Washington die Hand auf die Schulter legte und ihm etwas sagte. Trey warf den Kopf in den Nacken und lachte.
    Gerade wollte sich Teddy zu ihnen begeben, da rief Cawley von der Treppe: »Marshal!«
    Teddy drehte sich um, und Cawley kam auf ihn zu, fasste Teddy am Ellenbogen und führte ihn zur Mauer.
    »Wo sind Sie gewesen?«, fragte Cawley.
    »Bin gewandert. Hab mir eure Insel angesehen.«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich.«
    »Haben Sie was Lustiges gefunden?«
    »Ratten.«
    »Ja, klar, die gibt’s hier zu Tausenden.«
    »Wie geht’s mit der Reparatur des Daches voran?«, erkundigte sich Teddy.
    Cawley seufzte. »Überall in meinem Haus stehen Eimer und fangen das Wasser auf. Das Dachgeschoss ist hinüber, vollkommen zerstört. Der Boden im Gästezimmer auch. Meine Frau wird außer sich sein. Sie hatte ihr Hochzeitskleid auf dem Dachboden.«
    »Wo ist Ihre Frau denn?«, fragte Teddy.
    »In Boston«, sagte Cawley. »Da haben wir eine Wohnung. Sie brauchte mit den Kindern eine kleine Abwechslung, deshalb machen sie eine Woche Urlaub. Zuweilen setzt es einem doch zu.«
    »Ich bin erst seit drei Tagen hier, Doktor, und es setzt mir jetzt schon zu.«
    Cawley nickte sanft lächelnd. »Aber Sie gehen ja bald.«
    »Ich gehe?«
    »Nach Hause, Marshal. Wir haben Rachel ja gefunden. Meistens legt die Fähre gegen elf Uhr vormittags an. Morgen Mittag sind Sie wieder in Boston, würde ich sagen.«
    »Wäre das nicht schön?«
    »Ja, nicht wahr?« Cawley fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Ich sag das ja nicht gerne, Marshal, und es ist nicht gegen Sie persönlich –«
    »Aha, jetzt geht’s schon wieder los.«
    Cawley hob die Hand. »Nein, nein. Keine Einschätzung Ihrer emotionalen Verfassung. Nein, ich wollte nur sagen, dass Ihre Gegenwart hier viele Patienten nervös gemacht hat. Sie wissen schon: Das Auge des Gesetzes. Einige sind ganz schön aufgedreht gewesen.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Ist nicht Ihre Schuld. Liegt an Ihrem Beruf, nicht an Ihnen persönlich.«
    »Na, dann ist es wohl in Ordnung.«
    Cawley lehnte sich gegen die Mauer, stützte sich mit dem Fuß ab und sah in seinem zerknitterten Laborkittel und der gelockerten Krawatte ebenso müde aus, wie Teddy sich fühlte.
    »Heute Nachmittag gab es auf Station C das Gerücht, ein unidentifizierter Mann in Pflegerkleidung wäre im Haupttrakt gewesen.«
    »Tatsächlich?«
    Cawley sah ihn an. »Tatsächlich.«
    »Das ist ja was.«
    Cawley zupfte einen Fussel von seiner Krawatte. »Besagter Mann hatte offenbar Erfahrung im Umgang mit Gewalttätigen.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »O doch, doch.«
    »Was hat besagter Mann noch getan?«
    »Hm.« Cawley drückte den Rücken durch, zog den Laborkittel aus und legte ihn sich über den Arm. »Es freut mich, dass es Sie interessiert.«
    »Mensch, gibt doch nichts Besseres als ein kleines Gerücht, ein bisschen Tratsch.«
    »Ganz meine Meinung. Angeblich hat besagter Fremder – bestätigen kann ich das leider nicht – ein langes Gespräch mit einem paranoiden Schizophrenen namens George Noyce geführt.«
    »Aha«, machte Teddy.
    »Allerdings.«
    »Dann hat dieser, ähm …«
    »Noyce«, ergänzte Cawley.
    »Dieser Noyce«, wiederholte Teddy, »dann leidet der Kerl also an Wahnvorstellungen, ja?«
    »An äußerst extremen«, sagte Cawley. »Er spinnt sein Seemannsgarn, erzählt abenteuerliche Geschichten und macht alle nervös –«
    »Schon wieder dieses Wort.«
    »Tut mir Leid. Nun, er hetzt die Leute auf. Vor zwei Wochen hat er es derartig übertrieben, dass er von einem Patienten zusammengeschlagen wurde.«
    »Das stell sich einer vor!«
    Cawley zuckte mit den Schultern. »So was passiert manchmal.«
    »Und, was erfindet er für Geschichten?«, hakte Teddy nach. »Was ist das für Seemannsgarn?«
    Cawley winkte ab. »Die üblichen paranoiden Wahnvorstellungen. Die ganze Welt ist hinter ihm

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