Sibirisches Roulette
langsam.
»Weder Nasarow noch Beljakow kann man wegzaubern. Es soll dergleichen geben, Wunderstrahlen, Fernhypnose, Telepathie, gedankliche Befehle … hab mal davon gelesen … aber so was liegt uns nicht. Nur noch Montag … Mir wird unbehaglich, Krasnikow.«
»So aussehen müßte es, als hätten die Hunde Nasarow zerrissen.«
»Sehr gut! Nur: Wie bekommen wir Nasarow in den Zwinger?«
»Nicht in den Zwinger. Nasarow schleicht sich nachts ins Lager, um Maja Petrowna zu beschlafen. Die Hunde stellen ihn: Nicht eine Chance hat Nasarow mehr.«
»Ein kleiner Fehler ist dabei«, sagte Meteljew und zog den Putzer durch den Lauf einer Pistole. »Nasarow kommt nicht. Bekannt ist ihm, daß die Hunde frei herumlaufen. Und wenn's die Niktina noch so gut kann – hier siegt bei Nasarow die Vernunft.«
»Heranlocken müßte man ihn. Hierher locken. Auf die uralte Art, die noch jeden Mann zum Trottel werden ließ: Ein Briefchen – früher nannte man es galant ein Billett – an Nasarow: ›Keine Angst, mein Liebling, die Hunde sind heute nacht noch nicht draußen. Jugorow arbeitet noch mit ihnen. Warte auf mich in der neuen Maschinenhalle …‹ Das fährt auch Nasarow in die Beine und in den Schwanz – und weg ist die Vernunft.«
»Und außerdem ist's wahr. Die Hunde sollen erst nächste Woche freigelassen werden. Sagt Schemjakin.«
»Dann hat ein Unbekannter nachts die Tür des Zwingers geöffnet.«
»Wer kann das tun, ohne sofort angefallen zu werden? Keiner glaubt das. Nur einer könnte die Tür geöffnet haben, und das ist Jugorow. In große Schwierigkeiten wird er kommen. Willst du das?«
»Ein netter, guter Mensch ist Igor Michailowitsch. Gewiß. Aber die Sache geht vor. Und ein Alibi wird er haben: Walja schläft bei ihm.«
»Heute nicht. Einen Hund hat er mitgenommen, da ist sie wütend weggelaufen.«
»Einen Hund hat er hier?« Krasnikow starrte gegen die Wand, die ihn von Jugorow trennte. »Ist das sicher? Man hört nicht einen Ton.«
»Klopf an die Wand, und es wird dir entgegenheulen wie ein Rudel Wölfe.«
Meteljew legte seine Pistole weg, als Krasnikow plötzlich aufsprang und nach seiner Jacke griff. Sehr entschlossen sah er aus. »Darf man fragen, was Genosse Oberleutnant Krasnikow beschlossen hat?«
»Jugorow gehen wir besuchen.«
»Und spielen mit dem Hündchen …«
»Nicht schaden kann es, wenn es unseren Geruch kennenlernt.«
»Oder den Geschmack unseres Fleisches.« Meteljew stand ebenfalls auf. »Mir sind zehn Kukli lieber als ein Hund. Wie Menschen denken und handeln, wissen wir. Wir können ihre Gedanken nachempfinden. Aber was denkt ein Hund? Wie handelt er? Kommt er von rechts, wenn ein Mensch von links kommen würde?«
»Ein Fehler ist das«, nickte Krasnikow. »Ein ganz großer Fehler.«
»Daß er von rechts kommt?«
»Daß auf der SPEZNA-Schule nicht gelehrt wird, wie man Hunde bekämpft! Lautlos bekämpft, lautlos tötet, wie wir's am Menschen geübt haben. Das muß man Tjunin sagen. Daran hat niemand gedacht.« Krasnikow ging zur Tür. »Kommst du mit, Babrak Awdejewitsch?«
»Zwillinge gehören zusammen.« Meteljew grinste fröhlich. »Den Namen haben wir für alle Zeit an uns kleben. Gut find ich ihn.«
Sie verließen das Haus und klopften nebenan an Jugorows Tür. Sofort antwortete ihnen, wie erwartet, ein helles, wütendes Gebell, übertönt von Jugorows Stimme: »Ruhig, Laika, ruhig … ganz ruhig … setz dich … setz dich hin … Laika … sei brav …«
»Redet mit den Hunden wie mit einem Verrückten«, sagte Meteljew verblüfft. »Achtung, jetzt kommt er.«
Die Tür wurde aufgeschlossen, Jugorows Kopf erschien im Türspalt, er erkannte Krasnikow und Meteljew und stieß die Tür voll auf. »Die lieben Nachbarn!« rief er freudig. »So spät noch? Gibt's Probleme? Kann ich helfen? Treten Sie ein, Genossen.« Aus dem Zimmer ertönte ein scharfes Knurren – eine Warnung. Meteljew blieb sofort stehen. »Keine Angst«, sagte Jugorow und ging voraus. »Meine Freunde sind auch Laikas Freunde.«
»Sind Sie sicher, daß sie auch so denkt?«
»Ich gebe nicht das Angriffszeichen, also sind Sie meine Freunde. Hunde sind kluge Tiere. Selbst in den Augen, aus dem Blick können sie lesen, was man will und was sie tun sollen.«
Im Zimmer sahen sie Laika vor Jugorows Bett liegen. Mit grünschillernden Augen starrte sie Krasnikow und Meteljew an und zog die Lefzen hoch. Herrliche, lange, spitze Reißzähne hatte sie.
»Irrtum! Sie mag uns nicht!« sagte Meteljew und blieb
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