Sibirisches Roulette
geschrien.«
»Wie richtig! Sie spürt es auch! Sie kennt die Gründe … Wir sollten Soja noch einmal verhören, mit anderen Mitteln …«
»Auch das hat die Masuka geschrien: Prügelt sie, bis sie alles gesteht. Ersäuft sie wie Masuk im Sumpf …«
»Eine sehr gute Methode. Hatte immer Erfolg.«
»Auch dieses Mal wird sie Erfolg haben. Man wird herausprügeln, was man hören will. Im Mittelalter lebt ihr noch, in der Hexenfolterzeit! Korolew, hör zu und sag's allen anderen: Soja kann Masuk nicht getötet haben. In den Stunden, wo Masuks Pferd allein zurückkam, waren wir bei Soja: die Genossin Ärztin und ich. Genügt das?«
»Im Schwarzen Haus ward ihr? Ich habe euch im Jeep durchs Dorf fahren sehen, das stimmt.«
»Viele haben uns gesehen.« Jugorow ließ den Motor an. »Wenn Soja wirklich Masuk erschossen hätte, dann müßten wir dabeigewesen sein.«
»Das überzeugt.« Korolew trat noch einen Schritt zurück. »Bedauern wird man im Dorf, den Trofimows nicht an den Kragen gehen zu können.« Er hob die Hand. »Viel Glück, Igor Michailowitsch. Gebrauchen kannst du's …«
Jugorow nickte, fuhr an und hatte schnell den hinteren Teil der Kirche verlassen. Korolew und Schagin sahen ihm nach, bis er in der Biegung der Straße verschwand.
»Du vertraust ihm, was?« sagte Korolew zu Schagin.
»Ein nützlicher Mann ist er.«
»Ein undurchsichtiger, sag' ich …«
»Ein raffinierter Bursche. Ein wahrer Schweinehund! Ein Lügner, daß der Himmel herunterbrechen müßte.«
»Kyrill Vadimowitsch, so ist es wirklich …«
»Aber nützlich! Ertragen wir ihn also.«
»Jugorow ist kein Russe.«
»Was soll's, Grigori Valentinowitsch, die wenigsten Menschen kennen die Kuh, deren Milch sie trinken, und sie schmeckt ihnen dennoch. Kommt's drauf an, wo die Kuh steht? Welche Farbe ihr Fell hat? Wer sie melkt? Praktischer sollten wir denken, Korolew. In drei Tagen hat die Baubrigade nichts mehr zu fressen – das ist wichtig! Und nicht, ob Jugorow ein fremdes Russisch spricht.«
»Wenn's ihm gelingt.«
»Woran ich gar nicht zweifle.« Schagin blickte hinüber zu der Witwe Rosa Dementinowna. Sie hatte ihrem toten Mann genug erzählt, klopfte abschiednehmend auf das Kreuz und verließ den Friedhof. »Laß uns ein Gläschen trinken«, sagte Schagin fröhlich. »Komm herein, Korolew. Ein schöner Sonntag ist's …«
Unangefochten erreichte Jugorow das Lager. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen, die Mittagszeit war's, und wenn es Essen gibt, geht keiner mehr spazieren.
Jugorow hielt vor dem Zwinger, die Hunde sprangen bellend und freudig heulend am Drahtgitter empor, ihren Oberleithund begrüßend, und Ilja wartete wieder an der Tür, um ihm als erster – das stand ihm zu – die Hand zu lecken.
Schwer war der Nudelkarton, schwerer, als normalerweise Nudeln sein können. Jugorow hatte Mühe, ihn bis zu einer Hundebox zu tragen, schob den Karton hinein. Es war Laikas Hütte, und wenig Platz blieb ihr nur noch übrig.
Ich nehme sie mit, dachte Jugorow. Bei mir im Zimmer kann sie die drei Nächte schlafen. Es wird ihr gefallen.
Ein großer Fehler war's, den Jugorow nicht erkannte. Mit Weibchen hatte er's zu tun, und wenn er Laika mitnahm, würde Taiga sich zu einer Bestie verwandeln.
Die Schemjakins aßen schon, als Jugorow hereinkam und einen schönen Sonntag wünschte. Köstlich roch es nach gebratenem Fleisch. Karabach Chorowaz hatte Olga auf den Tisch gebracht, das sind Schweinespießchen mit einer Sauce aus Granatapfelsirup …
»Was hat der Pope nun gepredigt?« fragte Schemjakin kauend. »Muß immer dasselbe sein, nicht wahr? Frag mich manchmal: Was erzählen sie bloß?!«
»Über tausend Seiten hat die Bibel … Stoff genug.«
»Sind doch nur Märchen.« Schemjakin streifte einen neuen Schweinespieß auf seinen Teller. »Wandelt über einen See, dieser Jesus. Wie bei dem wilden Taigajäger, der über die Baumwipfel reiten kann.«
»Schagin hat gepredigt, daß wir alle Brüder sind«, sagte Jugorow. Walja füllte seinen Teller mit zwei Spießchen.
»Nur kümmert sich keiner darum. Also was soll's? Nur leere Worte, vergeudete Zeit. Kein Bruder möchte ich von Nasarow sein …«
Maja Petrowna, die auch am Tisch saß, neben Niktin, ihrem Mann – in einem Kleid, aus dem der halbe Busen guckte – tauchte ein Stückchen Schweinefleisch in die Granatapfelsauce. »Nasarow«, sagte sie mit unschuldsvoller Miene, »immer hört man Nasarow. Als wenn's ein Teufel wäre …«
»Nicht weit weg ist er
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