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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durcheinandergebracht. Ein neuer Plan muß gemacht werden. Nichts geht doch ohne Plan, Genosse.«
    »Halten Sie es eigentlich nicht auch für merkwürdig, Genosse Koskajew, daß man ein Jahrhundertwerk wie den Sib-Aral-Kanal bauen will, das gigantischste Unternehmen seit der Chinesischen Mauer – aber dreihundert Bauarbeiter müssen hungern, weil der Verpflegungsplan in die Luft gesprengt wurde? Bemerken Sie hier nicht eine alarmierende Idiotie?«
    »Sie reden sehr revolutionär, Boris Igorowitsch, sehr revolutionär. Alles ist ein Verwaltungsakt, und der muß stimmen, unterschrieben, genehmigt werden.«
    »Ich denke nur an meine dreihundert Arbeiter. Wir haben keinerlei Vorräte mehr. Die Widerständler haben hervorragende Arbeit geleistet …«
    »Hervorragend nennen Sie das?« rief Koskajew empört.
    »Ja. Sie arbeiten ohne Instanzenwege.« Schemjakin hatte Mühe, nicht loszubrüllen und seine Empörung hinauszuschreien. Was half es auch? Koskajew hatte ein dickes Fell, mit Fett dreifach gepolstert; in Tobolsk litt er keinerlei Not, fraß das Beste, was zu bekommen war, schrieb jeden Tag seine Berichte zur Zentrale in Moskau, in denen er den Fortschritt der Vorarbeiten lobte, und belästigte seine örtlichen Baubrigaden mit immer neuen Sollzahlen, Vorwürfen und Klagen.
    »Es wird wohl so sein«, sagte Koskajew kurzatmig, »daß in den nächsten Tagen das Bataillon Ihre Brigade miternährt.«
    »Dreihundert Mann?«
    »Schemjakin, dann frißt man eben mal die Hälfte!« rief Koskajew empört. »Solche Vorfälle wie hier erfordern eben Opfer. Ja, wir können den Sib-Aral-Kanal bauen, aber zaubern können wir noch nicht. Und dann ist da noch das Dorf.«
    »Lebedewka? Die mischen uns Gift ins Mehl und Nägel in den Sauerkohl.«
    »Nur Negatives!« rief der Dicke beleidigt. »Nur Negatives hört man von Ihnen, Boris Igorowitsch. Improvisieren Sie! Haben Sie Ideen! Improvisieren ist die große Kunst der Russen. Wenn man keine Schere hat, beißt man den Faden mit den Zähnen ab.«
    »Ein gutes Wort, Genosse. Ich schlage vor, Sie halten vor meinen dreihundert Arbeitern im Kasino eine Rede und erklären ihnen das. Man wird Sie auf Händen davontragen – und dort in die Asche werfen.«
    Nun ja, so war es überall an diesem Tag: Alle Sachverständigen der Kommissionen stritten miteinander, weil keiner einen brauchbaren Vorschlag hatte, wie man in Zukunft solche Attentate verhindern könnte. Ganz anders wehte der Wind aus Moskau: Dort saß General Tjunin am Telefon, und das Gespräch wurde über verschiedene Funkstationen bis nach Nowo Gorodjina in den Spezialempfänger auf Meteljews Zimmertisch geleitet. Die Verständigung war klar, und Tjunins Worte ebenso.
    »Was ist denn los bei Ihnen?« fragte er ohne Einleitung. »Was hat man mir da auf den Tisch gelegt?«
    »Die Magazine und die Küche wurden gesprengt, Genosse General«, sagte Meteljew und blickte Krasnikow, der neben ihm saß und über einen zweiten Kopfhörer teilnahm, mit rollenden Augen an.
    »Und wo waren Sie?«
    »Im Bett, Genosse General.«
    »Wie lieb … im Bett. Wer hat euch eingesungen in den Schlaf? Erinnere ich mich recht an Ihre Worte? ›Wir warten darauf, daß der ›Spezialist‹ wieder zuschlägt – dann haben wir ihn!‹ War's nicht so? Und wo habt ihr ihn? Die Geiseln befreien solltet ihr, um als Freunde in den inneren Kreis der Saboteure zu kommen und so den ›Spezialisten‹ kennenzulernen. – Na, wie heißt er denn, der Liebe? Wie sieht er aus? Wann wird er begraben? Schlaft ihr eigentlich nur noch?«
    »Wir haben eine Spur, Genosse General.« Meteljew hob den Blick zur Decke. In Moskau hat man es einfach, spöttisch zu sein und den großen Enttäuschten zu spielen. Komm rüber, Tjunin, und sieh dir alles selber an. Hier hilft kein Suchen, das hier ist ein Glücksspiel.
    »Eine Spur! Wie wunderbar, welch ein grandioser Erfolg. Eine Spur, sieh an.« Dicker Spott troff aus Tjunins Stimme. »Ein Rat: Drücken Sie die Nase auf die Erde und jagen Sie wie ein Hund der Spur nach!«
    »Drei Spuren haben wir sogar, Genosse General«, sagte Meteljew mit unterdrückter Wut. »Den Namen eines Mannes … die Bezeichnung eines Hauses … und eine Hure …«
    »Um die letztere kümmern Sie sich wohl intensiv, nicht wahr?«
    »Wir haben alle Hinweise erst gestern nacht bekommen. Noch keine Gelegenheit hatten wir, die Hure ausfindig zu machen.«
    »Wie traurig.« Meteljew hörte, wie Tjunin mit der Faust auf den Tisch hieb. »Die ganze GRU macht ihr

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