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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fließen, Igor? Die jungen Rotarmisten, Nasarow. Wofür?!«
    »Der Sib-Aral-Kanal soll nicht gebaut werden, das ist ihr Ziel. Solange wir hier sind, wird es einen unerbittlichen Kampf geben.«
    »Entscheiden wir denn, ob der Kanal entsteht? Würde man Vaters Worte in Moskau hören? Dort sitzen die Planer, haben ihre Karten gezeichnet, haben ihre Berechnungen angestellt. Zehn Jahre lang haben sie alles durchgeplant, hundertfünfzig Forschungsinstitute hat man eingesetzt mit den besten Wissenschaftlern der Sowjetunion … Igor, glaubst du wirklich, daß die Attentate vom Süden bis zu uns diese Genossen von ihren Plänen abbringen?«
    »Aus dem gesamten Ausland kommen die Proteste.«
    »Was kümmert das Zentralkomitee der Partei die andere Welt?! Wir schaffen das Rußland des Jahres zweitausend. Nur das ist für uns wichtig.«
    »Walja, du redest wie Niktin.« Jugorow schmerzte es, solche Ansichten von ihr zu hören. Wie wird es mit uns werden? dachte er zum wiederholten Male. Spricht sie nur nach, was sie immer und immer wieder liest oder hört – oder ist es tatsächlich ihre Ansicht von den Dingen? Wie kann das gutgehen zwischen uns? Ist es doch eine andere Welt, in der sie lebt? Walja, was steht uns noch bevor … »Die Küsten der Nordsee und Ostsee werden überflutet, die Küstenstädte von ganz Europa stehen unter Wasser, eine Umweltkatastrophe nie gekannten Ausmaßes kommt auf die Welt zu, das Nordpoleis schmilzt schneller, das Klima verändert sich völlig …«
    »Aber doch nicht bei uns, Igor! Wir gewinnen Millionen Quadratkilometer neuen, fruchtbaren Landes. Rußland wird zum reichsten Staat der Welt, unangreifbar für alle, auch für den amerikanischen Imperialismus und die faschistischen Revanchisten. Endlich wird Rußland der Mittelpunkt der Welt sein!«
    »Das glaubst du alles, Walja?« fragte Jugorow fast traurig.
    »Ja. Es ist so logisch.«
    »Und wenn die Welt sich wehrt? Wenn es zum dritten, nun alles vernichtenden Krieg kommt?«
    »Auch dann wird Rußland gewinnen!« sagte Walja Borisowna stolz. »Es ist noch nie gelungen, Rußland zu besiegen. Napoleon ging dabei zugrunde, Hitler hinterließ ein Ruinenfeld, auch die Amerikaner werden sich bei uns zu Tode laufen. Man kann Rußland nicht besetzen, nicht die Tundra, nicht die Taiga, nicht die Steppen und Wüsten, nicht den Ural und das weite Sibirien … und überall wachsen neue Industrien, entstehen Werke, wo früher Wölfe und Rentiere hausten … Igor, muß ich dir das sagen? Rußland beginnt jetzt zu erwachen und zu erkennen, was unter seiner Erde liegt. Und wir dürfen mithelfen – ist das nicht ein wundervolles Gefühl? Wer kann uns davon wegjagen? Das kleine Lebedewka, dieser geheimnisvolle ›Spezialist‹? Ein dummer Mensch muß er sein, wenn er das glaubt. Hat er denn keine Karte von Rußland? Kann er nicht sehen, was jeder sieht: hier Rußland – dort der Rest der Welt. Kein Held ist er, wie alle sagen; ein Blinder ist er, ein Idiot, der die Wahrheit niedertrampelt.«
    Jugorow schwieg. Erschütterung lähmte ihn fast. Zum erstenmal hatte er mit Walja über ihre eigenen Ansichten gesprochen, und was er hörte, war niederschmetternd. Wie soll unsere Zukunft werden, dachte er, unsere eigene kleine Zukunft, unser Zusammenleben in einer Welt, die du selbst in zwei Teile zerbrichst: hier Rußland – dort alles andere? Walja, was wird aus uns beiden? Wie kann ich dir jemals sagen, wer ich bin?
    »Es wird nie Friede werden auf der Welt«, sagte Jugorow und scheute sich, Walja jetzt anzusehen.
    »Aber ja! Man soll uns nur in Ruhe lassen.«
    »Und dann verändern wir das Klima auf der Erde.«
    »Sagen unsere Feinde. Haben sie Beweise? Nur Berechnungen. Aber wir haben auch Berechnungen, besser als ihre, und haben die Beweise: Es ist alles ein Haßgesang auf uns. Nichts wird sich für die Welt ändern, wenn Sibiriens Flüsse rückwärts fließen. Aber Kasachstan und Usbekistan werden ein riesiger Garten sein, Nahrung für Millionen, Arbeitsplätze für Millionen. Zu Ende sind die beschämenden Getreidekäufe jedes Jahr in Amerika. Das sind unsere Feinde: die Kapitalisten, die dann ihren Millionen Dollar nachweinen und ihren Weizen verbrennen müssen wie damals, als Brasilien seine Lokomotiven mit Kaffee heizte, nur um den Kaffeepreis zu halten. Und sieh dir diese EWG an, diesen Wahnsinnsclub Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die Obst, Gemüse, Milch und Wein vernichtet, weil sie zuviel davon hat. Die Butter lagert, wo sie ranzig wird. Die

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