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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gedanken; viel eher war es ein zorniges Bedauern darüber, daß Jugorow sich in den Händen einer solchen Verworfenen befand.
    »Mit Masuk werde ich noch einmal sprechen, Svetlana«, sagte sie und streichelte der Masuka über das Haar. »Und diese Soja sehe ich mir an.«
    »Spuck ihr ins Gesicht!« schrie Svetlana. »Mitten zwischen die Augen … Oh, Genossin Ärztin, was wird aus uns …«
    Walja befreite sich aus Svetlanas Umklammerung, drückte sie von sich weg aufs Bett zurück und ging zum Zelteingang. »Habt keine Angst«, sagte sie zu allen Geiseln. »Bald seid ihr wieder in Lebedewka. In Moskau weiß man jetzt, was hier geschieht.«
    »Moskau ist weit!« rief Beljakow aus dem Hintergrund. »Was sind wir schon wert für die hohen Herren?!«
    »Wartet nur ab. Vieles wird sich hier ändern.«
    Sie trat ins Freie, wartete, bis Leutnant Mamjelew nachkam, und fragte dann: »Wo wohnt der Major?«
    »Dort. Im festen Haus.« Mamjelew zeigte auf die Baracke aus Fertigteilen. »Die Kommandantur.«
    »Danke.«
    Sie ging auf das Haus zu, allein, denn Mamjelew hatte wenig Lust, sich noch einmal anschreien zu lassen, betrat den Vorraum und öffnete die Tür des am nächsten liegenden Zimmers. Das richtige war's: Nasarow saß auf einem Stuhl, die Füße nach amerikanischer Art auf den Schreibtisch gelegt – ein zusammenklappbarer Feldtisch war's –, las die ›Literaturnaja Gaseta‹ und rauchte dabei eine Papirossa. Mit dem Rücken zur Tür saß er. Ein schlechter Platz! Mit dem Rücken zur Wand sollte man sitzen, wann immer es möglich ist. Den Rücken frei und die Umgebung vor sich – das ist ein Grundgesetz der Gangster. Da Nasarow demnach nicht sehen konnte, wer ins Zimmer gekommen war, brüllte er sofort: »Hinaus! Anklopfen und abwarten!«
    »Eine ärztliche Behandlung haben Sie verhindern wollen, Major Nasarow!« sagte Walja laut. Nasarow fuhr sofort herum, seine Stiefel krachten auf den Dielenboden. Aber er sprang nicht auf, sitzen blieb er und ließ den Blick unverschämt abtastend über Waljas Körper streichen.
    »Mut haben Sie …«, sagte er und sog an seiner Papirossa.
    »Warum sollte es mutig sein, Ihnen gegenüberzutreten?«
    »Geschlagen haben Sie mich.«
    »Den Hund schlägt man nur, wenn er den Herrn beißt … sagt man bei uns.«
    »Nicht mich haben Sie beleidigt, sondern die Uniform. Die ruhmreiche Armee. Vor ein Sondergericht könnte ich Sie stellen.«
    »Nicht mehr, Genosse Major. Wir genießen jetzt die Aufmerksamkeit Moskaus.«
    »Stolz sind Sie darauf, Ihr Vater und Sie, was? Blähen die Brust wie ein Truthahn. Und keiner von Ihnen weiß, daß es sich dort ruhiger leben läßt, wo Moskau nicht hinblickt. In den Winkeln und Ecken liegen die kleinen Paradiese.«
    »Aber nicht da, wo man Sie antrifft, Nasarow.«
    »Ansichtssache, Genossin Ärztin. Wo Frieden sein soll, muß eine harte Hand dafür sorgen. Der Mensch, dieses merkwürdige Geschöpf, erträgt keine ruhige Friedfertigkeit. Zu langweilig ist's ihm in der friedlichen Stille … da muß er demonstrieren, demolieren, boykottieren, mit Bomben werfen, ihm Unbequeme töten, gegen alles sein, was friedlich ist. Nie darf man diese Gattung Mensch allein lassen ohne eine Hand im Nacken. Denken Sie mal darüber nach, Sie kluge Genossin.«
    »Gehört das Verbändeabreißen auch dazu?!«
    »Wenn's nötig ist als Erziehungsmaßnahme, dann ja.«
    »Die Geisel Beljakow wird mir täglich zweimal vorgeführt!« Ein Klang war in Waljas Stimme, die Nasarow aufmerksam hochblicken ließ.
    »Vorgeführt?« fragte er gedehnt. »Was soll das heißen?«
    »Zu mir in die Krankenstation wird er gebracht.«
    »Ins Lager?!«
    »Kennen Sie eine andere Station, Genosse Major?«
    Nasarow erhob sich jetzt doch von seinem Stuhl und lächelte böse.
    »Nein!« sagte er bestimmt. »Nein und nein und nein! Klar ausgedrückt?! Moskau hat befohlen, stillzuhalten; aber wo ist der Befehl, daß eine Frau einen Nasarow kommandieren kann?!«
    »Als Ärztin bestimme ich …«
    Eine harte Handbewegung ließ Walja stocken. So ausgesehen hatte es, als hätte er sie schlagen wollen.
    »Als Kommandant des Sondereinsatzes bestimme ich, daß der Soldatenmörder Beljakow das Lager nicht verläßt! Alle anderen …« Er lachte höhnisch. »… In Honig können Sie sie einlegen, Genossin.« Er zeigte unmißverständlich zur Tür und straffte sich wie ein großer Sieger. »Sie haben Zeit, Walja Borisowna, ich nicht. Zu arbeiten habe ich. Bitte!«
    Wortlos ging Walja davon. Der Hinauswurf

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