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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu, und beide gingen sie zur Tür. »Einen solchen Mann muß man sich ansehen«, sagte Krasnikow dabei. »Kommen Sie mit, Boris Igorowitsch?«
    Schemjakin winkte ab, als wolle er sagen: Geht hin, aber auch euch wird er anbrüllen. Hilflos ist er doch wie wir alle, nur überdeckt er's mit Schreien. Was wird morgen in die Luft gejagt? Die Küche? Die Magazine? Das Heizwerk, die Elektrozentrale, mein Haus, die Wohnbaracken … Wer weiß es? Wo wir auch geh'n und sitzen: Überall kann zwischen uns eine Bombe sein. Vielleicht hat auch Nasarow nur Angst … Der Gegner aus dem dunkeln ist überall …
    Major Nasarow hatte wirklich die Trümmer abgesperrt. Eine Kette aus seinen Rotarmisten riegelte auch die Zufahrt nach Nowo Gorodjina ab. Mamjelew und zwei andere Offiziere versuchten, Ordnung in den zusammengeballten Haufen der Arbeiter zu bringen, und schrien immerfort: »Aufstellen! In Viererreihen aufstellen! Wollt ihr wohl, ihr Holzköpfe?! Sollen wir euch Beine machen? In die Kantine, alle … alle … Lauft schon, ihr Scheißkerle … lauft …«
    Auch Meteljew und Krasnikow wurden mit solchen Worten empfangen, kümmerten sich jedoch nicht darum und gingen weiter zu Nasarow, der wie ein Feldherr vor der zerstörten Halle stand. Ein Unteroffizier, der Krasnikow am Ärmel packte und wegreißen wollte, traute seinen Ohren nicht, als dieser Zivilist zu ihm sagte: »Du läßt mich sofort los … in drei Sekunden kommt ein Tritt zwischen deine Beine.«
    »Genosse Major!« brüllte der Unteroffizier, sprang von Krasnikow zurück und zielte mit der Maschinenpistole auf dessen Leib. »Widerstand, Genosse Major! Ein Angriff!«
    Nasarow betrachtete die beiden Zivilisten, die sich nicht stören und aufhalten ließen und auf ihn zukamen, mit zusammengekniffenen Augen.
    »Aha!« rief er, als Meteljew und Krasnikow vor ihm standen. »Zwei Mutige! Soviel Mutige überall, und man kann ihnen die Ärsche wegsprengen, ohne daß sie's merken.«
    »Major Nasarow?« fragte Meteljew höflich. »Sind Sie's?«
    »Ihr kennt mich noch nicht? Neu im Lager? Das läßt sich nachholen!«
    »Wir gestehen«, sagte Krasnikow ebenso höflich wie Meteljew, »wir sind neu im Lager. Gestern erst angekommen. Aus Moskau. Aus dem Stab des Ministeriums für Bodenverbesserung und Wasserwirtschaft des Genossen Nikolaj Wassiljew. Eine große Aufgabe haben wir hier übernommen. Nun fragen wir: Was tun Sie hier, Genosse Major?«
    »Ihr fragt mich?« sagte Nasarow, erschüttert über soviel Frechheit.
    »Sie hörten es, Genosse.«
    »Mamjelew!« brüllte Nasarow. »Mamjelew zu mir!«
    Der lange Leutnant ließ von dem wie eine Kuhherde im Gewitter zusammengedrängten Arbeiterhaufen ab und lief zu seinem Kommandeur. Der Unteroffizier hinter Meteljew und Krasnikow hob die Maschinenpistole. Nicht gut sah es aus. Ein Raunen flog über den Platz. Von allen Seiten, auch von rückwärts aus der Kantine, liefen die Männer zusammen. Es nutzte nichts, daß man sie mit Kolben schlug: Sie drängten die Soldaten weg, überspülten sie wie eine große Welle. Wer hält ein Meer auf, wenn es heranflutet …
    »Noch eines«, sagte Krasnikow mit bewundernswerter Ruhe. »Mein Rat ist's, die Truppe zurückzuziehen.«
    »Sein Rat ist's!« brüllte Nasarow auf. »Mein Rat ist, euer Hemd euch in den Mund zu stopfen. Gleich geht's los …«
    »Ich warne Sie, Major Nasarow.«
    »Er warnt mich!«
    Nasarow kam nicht mehr dazu, das auszuführen, was er im Sinne führte. Jugorow brach durch die Menge, rannte über den abgesperrten Platz und rief dabei:
    »Telefon! Anruf für Major Nasarow. Anruf in der Bauleitung. General Pychtin für Major Nasarow …«
    Nasarow stutzte, hob die Schultern und ging mit schnellen Schritten davon. Durch eine Gasse von Leibern lief er hinüber zu Schemjakins Haus.
    »Kommen Sie!« sagte Jugorow schnell zu Krasnikow und Meteljew. »Gehen wir in unsere Zimmer. Daß man uns aufhält, glaube ich nicht. Gehen wir, bevor Nasarow zurückkommt.«
    Sie verließen die Absperrung, und tatsächlich hielten Mamjelew und die anderen Soldaten sie nicht auf. Unangefochten erreichten sie ihr Quartier. Erst dort gestand Jugorow aufatmend und mit einem zufriedenen Grinsen: »Kein Anruf für Major Nasarow. Nur eine plötzliche Eingebung war's von mir. Den muß ich weglocken, dachte ich, das ist die beste Methode.«
    »Er wird es Sie büßen lassen«, sagte Krasnikow ernst. »Wenn Sie sich nicht eine Zeitlang verkriechen. Kann die Genossin Ärztin Sie schützen?«
    »Was soll die

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