Sicherheitsfaktor III
der senkrecht in die Tiefe führte, kam zum Vorschein. Wir stiegen hinab. Irgendeine Vorrichtung sorgte dafür, daß über uns der Felsen selbsttätig wieder in seine ursprüngliche Lage zurückkehrte.
Der Abstieg währte lange. Nach meiner Schätzung befanden wir uns wenigstens zweihundert Meter unter dem Meeresspiegel, als unser Schacht endlich durch die Decke einer hell erleuchteten Halle brach, deren Boden in der Hauptsache von einem kreisrunden Bassin gebildet wurde, das knapp einhundertfünfzig Meter Durchmesser besaß. Das Wasser war kristallklar und ruhig. Unmittelbar am Ufer, das aus einem breiten Felssteg bestand, lag ein Tauchboot. Die Laufbrücke war ausgefahren. Ich spürte plötzlich einen starken telepathischen Impuls.
»Willkommen, ihr beide! Wir haben sehnsüchtig auf euch gewartet!« Es war Kiny Edwards. Augenblicke später standen wir ihr gegenüber, – ihr und Arnold G. Reling, der uns nicht viel Gelegenheit gab, uns mit Kiny zu befassen.
»Das wäre doch fast noch zum Fiasko geworden, wie?« be grüßte mich der Alte.
»Die Schuld trifft mich nicht, Sir«, konterte ich. »Die Vorbereitungen waren ungenügend. Wenn ich wüßte, wer für die Vorbereitungen verantwortlich ist, dann würde ich ihm ganz schön …«
»Na, lassen wir das!« fiel mir Reling ins Wort. »Auf Hender won Island tut sich was. Sie sind dem gelben Drachen mit heiler Haut entkommen, das ist das Wichtigste.«
Ich hätte ihn gern noch ein wenig länger gestichelt; aber die Torpentouf-Sache ging wirklich über meine privaten Anliegen.
»Wie haben Sie über die neue Entwicklung erfahren, Sir?« erkundigte ich mich.
»Sie hatten mit Torpentouf vereinbart, daß er sich an eine bestimmte Adresse in Washington wenden soll, wenn sich etwas Neues ergibt, nicht wahr?«
»Eine meiner Deckadressen, stimmt«, nickte ich.
»Nun, das hat er getan. Er hat Sie wissen lassen, daß er einen zweiten Brief erhalten hat, in dem ihm einige Anweisungen erteilt wurden. Der unbekannte Absender hat auch diesmal wieder durch eine ungewöhnliche Beigabe Aufsehen erregt.«
Der Alte sagte es grimmig, ein Zeichen dafür, daß ihn die Sache wirklich aus dem Gleichgewicht geworfen hatte.
»Um was handelt es sich, Sir?« fragte ich vorsichtig.
Er explodierte förmlich.
»Eine GWA-Erkennungsmarke!« entfuhr es ihm. »Echt! Aus Lunarium, dem unnachahmbaren Metall, das nur auf dem Mond gefunden wird und dessen gesamte Vorräte sich in unserem Besitz befinden!«
Ich konnte seine Erregung verstehen. Der Gegner, mit dem wir es da zu tun hatten, war wirklich gefährlich.
»Die Marke muß auf irgendeine Person ausgestellt gewesen sein, nehme ich an«, sagte ich so ruhig, wie ich es eben fertigbrachte.
Da grinste er plötzlich übers ganze Gesicht. Es war ein unfreundliches bitteres Grinsen.
»Natürlich!« antwortete er. »Und raten Sie, auf wen!«
»Ich rate nicht, Sir«, gab ich ihm zu verstehen. »Ich bin auf solche Dinge nicht angewiesen.«
Er schluckte einmal, dann stieß er heiser hervor: »Die Marke lautete auf die Kodebezeichnung HC-9.
Und darunter stand: Chef Telepathencorps.«
*
Später, als die Erregung sich gelegt hatte und das Boot längst unterwegs war, erfuhr ich, welches der zweite Umstand war, durch den Torpentouf zu erkennen gegeben hatte, daß sein Fall von neuem in Bewegung gekommen war: Er hatte um Sonderurlaub gebeten. Für Reling allerdings war diese Bitte nicht unerwartet gekommen. Denn in dem Brief des Unbekannten, von dem Torpentouf mir eine Kopie nach Washington geschickt hatte, hieß es unter anderem:
NEHMEN SIE SONDERURLAUB AUF UNBEGRENZTE DAUER. ERFINDEN SIE DAFÜR PLAUSIBLEN GRUND, DAMIT NIEMAND ARGWOHN SCHÖPFT.
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