Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
Vom Netzwerk:
>Ich löse die Diracsche Gleichung?<«
    Sie sagten es mir.
    »O. k. Jetzt möchte ich sagen: >Würden Sie die Diracsche Gleichung lösen?< - Wie sage ich das?«
    »Nun, da müssen Sie ein anderes Wort für >lösen< verwenden«, sagten sie.
    »Wieso?« protestierte ich. »Wenn ich sie löse, dann tue ich doch genau dasselbe, wie wenn du sie löst!«
    »Schon, ja, aber es ist ein anderes Wort - es ist höflicher.«
    Ich gab es auf. Ich fand, das sei keine Sprache für mich, und hörte auf, Japanisch zu lernen.
Die 7-Prozent-Lösung
    Das Problem war, die Gesetze des Beta-Zerfalls zu finden. Es schien zwei Teilchen zu geben, die wir als Tau und Theta bezeichneten. Es sah so aus, als hätten beide fast genau die gleiche Masse, aber das eine zerfiel in zwei und das andere in drei Pionen. Sie schienen nicht nur die gleiche Masse zu haben, sondern hatten auch die gleiche Lebensdauer, was ein merkwürdiger Zufall ist. Es beschäftigte jeden.
    Auf einer Tagung, an der ich teilnahm, wurde berichtet, daß diese beiden Teilchen, wenn sie mit unterschiedlichen Winkeln und unterschiedlichen Energien in einem Zyklotron erzeugt wurden, stets in gleichen Mengen entstanden - soundso viele Taus bei soundso vielen Thetas.
    Eine Möglichkeit war natürlich, daß es sich um das gleiche Teilchen handelte, das manchmal in zwei und manchmal in drei Pionen zerfiel. Aber das wollte niemand einräumen, denn es gibt das sogenannte Paritätsgesetz, das auf der Annahme beruht, daß alle physikalischen Gesetze spiegelsymmetrisch sind, und aus dem folgt, daß etwas, das in zwei Pionen zerfällt, nicht auch in drei zerfallen kann.
    Gerade zu der Zeit war ich nicht ganz auf dem laufenden: Ich hinkte immer ein wenig hinterher. Alle schienen so auf Draht zu sein, und ich hatte das Gefühl, daß ich nicht mithielt. Jedenfalls, ich teilte mir ein Zimmer mit jemandem namens Martin Block, einem Experimentalphysiker. Und eines Abends fragte er mich: »Warum reitet ihr eigentlich immer so auf dieser Paritätsregel herum? Vielleicht sind Tau und Theta ein und dasselbe Teilchen. Was wären denn die Folgen, wenn die Paritätsregel falsch wäre?«
    Ich überlegte einen Moment und sagte: »Das würde bedeuten, daß sich die Naturgesetze für links und rechts unterscheiden, daß man rechts durch physikalische Phänomene definieren kann. Ich habe keine Ahnung, warum das so schlimm sein soll, obwohl es irgendwelche üblen Folgen haben muß, aber ich weiß nicht. Warum fragen Sie nicht morgen die Experten?«
    Er sagte: »Nein, die hören mir nicht zu. Fragen Sie! «
    Als wir am nächsten Tag bei dem Treffen das Tau-Theta- Rätsel diskutierten, sagte Oppenheimer: »Wir brauchen neue, ausgefallenere Ideen zu diesem Problem.«
    Ich stand auf und sagte: »Ich stelle diese Frage für Martin Block: Was für Folgen hätte es, wenn die Paritätsregel falsch wäre?«
    Murray Gell-Mann hat mich oft deswegen geneckt und gemeint, ich hätte nicht den Mut gehabt, die Frage als meine eigene zu stellen. Aber das war nicht der Grund. Ich dachte, es könnte durchaus ein wichtiger Gedanke sein.
    Lee, der mit Yang zusammenarbeitete, gab irgendeine komplizierte Antwort, und wie gewöhnlich verstand ich sie nicht so recht. Am Ende des Treffens fragte mich Block, was er gesagt habe, und ich meinte, ich wisse es nicht, aber soweit ich sehen könne, sei es immer noch offen - es bestehe noch immer eine Möglichkeit. Ich hielt es nicht für wahrscheinlich, aber ich dachte, es sei möglich.
    Norm Ramsey fragte mich, ob ich meinte, daß er ein Experiment durchführen und nach Verletzungen des Paritätsgesetzes suchen solle, und ich antwortete: »Lassen Sie es mich so sagen: Ich wette nur fünfzig zu eins gegen Sie, daß Sie nichts finden.«
    Er sagte: »Das genügt mir.« Aber er hat das Experiment nie gemacht.
    Wie auch immer, die Verletzung des Paritätsgesetzes wurde auf experimentellem Wege von Frau Wu entdeckt, und das eröffnete eine ganze Menge neuer Möglichkeiten für die Theorie des Beta-Zerfalls. Es führte auch unmittelbar zu einer ganzen Reihe neuer Experimente. Einige zeigten aus den Kernen kommende Elektronen, die sich nach links, und einige solche, die sich nach rechts drehten, und es gab alle möglichen Experimente, alle möglichen interessanten Entdeckungen im Hinblick auf die Parität. Aber die Daten waren so verwirrend, daß niemand in der Lage war, die Dinge zusammenzubringen.
    Zu einem bestimmten Zeitpunkt fand eine Tagung in Rochester statt - die jährliche

Weitere Kostenlose Bücher