Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
Vom Netzwerk:
zeigte, daß er überzeugt davon war, daß unsere Theorie falsch sei. Am Ende schrieb er: »Die F-G-(Feynman-Gell-Mann-)Theorie des Beta-Zerfalls ist nicht F-G.«
    Murray fragte: »Was sollen wir machen? Du weißt ja, Telegdi ist ziemlich gut.«
    Ich sagte: »Wir warten einfach ab.«
    Zwei Tage später kam ein weiterer Brief von Telegdi. Er war völlig bekehrt. Er hatte aufgrund unserer Theorie festgestellt, daß er die Möglichkeit außer acht gelassen hatte, daß die Abstoßung des Protons vom Neutron nicht in allen Richtungen gleich ist. Er hatte angenommen, daß sie gleich sei. Indem er statt der Korrekturen, die er benutzt hatte, die von unserer Theorie vorausgesagten einsetzte, glichen sich die Resultate aus, und wir stimmten vollkommen überein.
    Ich wußte, daß Telegdi hervorragend war und daß es schwierig sein würde, gegen ihn anzutreten. Aber zu dem Zeitpunkt war ich überzeugt davon, daß irgend etwas mit seinem Experiment nicht stimmte und daß er es herausfinden würde - er ist darin viel besser, als wir es sein können. Deshalb meinte ich, wir sollten nicht versuchen, es herauszukriegen, sondern einfach abwarten.
    Ich ging zu Professor Bacher und erzählte ihm von unserem Erfolg, und er sagte: »Ja, Sie kommen an und sagen, daß die Protonen-Neutronen-Kopplung V statt T ist. Alle haben gedacht, sie sei T. Wo ist das grundlegende Experiment, das besagt, daß sie T ist? Warum schauen Sie sich nicht die frühen Experimente an und finden heraus, was damit nicht stimmt?«
    Ich ging los und fand den ursprünglichen Artikel über das Experiment, der besagte, daß die Neutronen-Protonen- Kopplung T ist, und ich war schockiert. Mir fiel ein, daß ich diesen Artikel schon einmal gelesen hatte (ganz früher, als ich noch jeden Artikel in der Physical Review las - sie war ja schmal genug). Und als ich diesen Artikel wieder vor Augen hatte, erinnerte ich mich, daß ich mir die Kurve angesehen und dabei gedacht hatte: »Das beweist überhaupt nichts! «
    Es war nämlich so, daß es von ein oder zwei Punkten ganz am Rande des Datenbereiches abhing, und es gibt ein Prinzip, wonach ein Punkt am Rande eines Datenbereiches - der letzte Punkt - nicht besonders beweiskräftig ist, denn wenn er das wäre, hätte man etwas weiter weg einen weiteren Punkt angeführt. Und mir war klar gewesen, daß der ganze Gedanke, daß die Neutronen-Protonen-Kopplung T sei, auf dem letzten Punkt beruhte, der nicht besonders beweiskräftig war, und daß es sich deshalb eben nicht um einen Beweis handelte. Ich erinnere mich, daß mir das auffiel!
    Und als ich mich direkt für den Beta-Zerfall interessierte, las ich diese ganzen Berichte von den »Experten für Beta-Zerfall«, die besagten, daß die Kopplung T sei. Die ursprünglichen Daten schaute ich mir nicht mehr an; ich las bloß diese Berichte, wie ein Trottel. Wäre ich ein guter Physiker gewesen, als mir damals bei der Konferenz in Rochester zum erstenmal die Idee kam, dann hätte ich sofort nachgeschaut, »wie genau wissen wir, daß es T ist?« - das wäre sinnvoll gewesen. Ich hätte sofort bemerkt, daß mir bereits aufgefallen war, daß es nicht hinreichend bewiesen war.
    Seitdem beachte ich nicht mehr, was von »Experten« kommt. Ich berechne alles selbst. Als es hieß, die Quark-Theorie sei ziemlich gut, holte ich mir zwei Mitarbeiter, Finn Ravndal und Mark Kislinger, damit sie das ganze Drum und Dran mit mir durchgingen, so daß ich überprüfen konnte, ob die Sache wirklich gute Resultate ergab, die einigermaßen paßten, und ob es eine im wesentlichen stimmige Theorie war. Den Fehler, die Meinungen von Experten zu lesen, werde ich nie wieder machen. Aber man hat natürlich nur ein Leben, und man macht alle möglichen Fehler und lernt, was man nicht tun soll, und damit hat sich's.
Dreizehnmal
    Einmal kam ein Lehrer zu mir, der am örtlichen City College Naturwissenschaften unterrichtete, und fragte mich, ob ich dort einen Vortrag halten würde. Er bot mir fünfzig Dollar an, aber ich sagte ihm, wegen des Geldes würde ich mir keine Gedanken machen. »Es geht um das städtische College, nicht?«
    »Ja.«
    Ich dachte daran, mit wieviel Papierkram ich mich gewöhnlich herumschlagen mußte, und sagte deshalb lachend: »Den Vortrag halte ich gerne. Ich stelle nur eine Bedingung an die ganze Sache« - ich ließ mir irgendeine Zahl einfallen und fuhr fort -, »nämlich, daß ich nicht mehr als dreizehnmal unterschreiben muß, und zwar einschließlich des Schecks!«
    Der Bursche lacht

Weitere Kostenlose Bücher