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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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eine Menge Glühbirnen, die wie Neonröhren mit verschiedenen Gasen gefüllt waren. Er zeigte mir das Periodensystem und erzählte allerlei mysteriöses Zeug über verschiedene Arten von Licht, die unterschiedliche Wirkungen hätten. Er sagte, bevor man in den Tank steige, müsse man in einen Spiegel blicken und dabei die Nase dagegen drücken - alles reichlich verquast und unausgegoren. Ich gab nichts auf das unausgegorene Zeug, folgte aber allen Anweisungen, weil ich in die Tanks steigen wollte und außerdem dachte, es könne ja sein, daß man durch diese Vorbereitungen leichter Halluzinationen bekomme. Ich machte also alles genauso, wie er es sagte. Das einzige, was sich als schwierig erwies, war, zu entscheiden, welches farbige Licht ich haben wollte, zumal der Tank ja innen dunkel sein sollte.
    Ein Tank für sensorische Deprivation ist wie eine große, überdachte Badewanne. Innen ist es vollkommen dunkel und wegen der Dicke der Wände auch völlig still. Eine kleine Pumpe sorgt für Frischluft, aber es zeigt sich, daß man sich darüber keine Gedanken zu machen braucht, denn der Luftvorrat ist ziemlich groß, und man ist ja nur zwei oder drei Stunden drin, so daß man wirklich nicht viel Luft verbraucht, wenn man normal atmet. Mr. Lilly meinte, die Pumpen seien dazu da, um die Leute zu beruhigen, weshalb ich annahm, sie erfüllten wohl nur eine psychologische Funktion, und ihn bat, die Pumpe abzuschalten, denn sie erzeugte ein kleines Geräusch.
    Dem Wasser im Tank sind Bittersalze zugesetzt, damit es dichter als gewöhnliches Wasser ist und einen leicht trägt. Die Temperatur wird auf Körpertemperatur gehalten oder auf ungefähr 34 Grad - er hatte an alles gedacht. Es sollte kein Licht, kein Geräusch, keine Temperaturempfindung geben, einfach nichts! Hin und wieder kam es vor, daß man zur Seite trieb und ein wenig anstieß, oder es fiel ein Wassertropfen herab, der sich durch die Kondensation an der Decke des Tanks gebildet hatte, aber diese geringfügigen Störungen waren sehr selten.
    Ich muß das wohl ein dutzendmal gemacht und jedesmal an die zweieinhalb Stunden im Tank verbracht haben. Beim erstenmal bekam ich keine Halluzinationen, aber nachdem ich im Tank gewesen war, machten mich die Lillys mit einem Herrn bekannt, der mir als Arzt vorgestellt wurde und der mir von einer Droge namens Ketamin erzählte, die als Betäubungsmittel verwendet werde. Ich hatte mich immer dafür interessiert, was geschieht, wenn man einschläft oder wenn man umkippt, und deshalb zeigten sie mir die Informationen, die dem Medikament beigegeben waren und gaben mir ein Zehntel der normalen Dosis.
    Ich hatte eine seltsame Empfindung, aus der ich nie schlau wurde oder deren Wirkung ich nie genau charakterisieren konnte, sooft ich es auch versuchte. Die Droge hatte beispielsweise eine recht starke Wirkung auf mein Sehvermögen; ich hatte das Gefühl, nicht deutlich sehen zu können. Aber wenn ich mir etwas genau ansah, war es o. k. Es war irgendwie so, als achte man nicht auf das, was man sieht; man ist nachlässig, tut dies und das, fühlt sich irgendwie benommen, aber sobald man hinsieht und sich konzentriert, ist alles, zumindest für einen Augenblick, in Ordnung. Ich nahm mir ein Buch über organische Chemie, das sie hatten, und sah mir eine Tabelle mit allen möglichen komplizierten Substanzen an, und zu meiner Überraschung konnte ich sie lesen.
    Ich tat allerlei andere Dinge, wie zum Beispiel meine Hände aufeinander zuzubewegen, um zu sehen, ob sich meine Finger berühren würden, und obwohl ich mich völlig desorientiert fühlte und den Eindruck hatte, praktisch zu nichts in der Lage zu sein, fand ich nie etwas Bestimmtes, das ich nicht tun konnte.
    Als ich das erste Mal im Tank war, bekam ich, wie gesagt, keine Halluzinationen, und beim zweiten Mal auch nicht. Aber die Lillys waren sehr interessante Leute; ich war sehr, sehr gern mit ihnen zusammen. Sie luden mich oft zum Essen ein und so weiter, und nach einer Weile diskutierten wir über Dinge, die auf einem anderen Niveau lagen als die Sachen mit den Lichtern, die er mir anfangs erzählt hatte. Mir wurde klar, daß andere Leute den Deprivationstank ein wenig furchterregend gefunden hatten, aber für mich war er eine recht interessante Erfindung. Ich hatte keine Angst, denn ich wußte ja, was es war: ein Tank mit Wasser, dem Bittersalz zugesetzt war.
    Beim dritten Mal war ein Mann zu Besuch - ich habe dort viele interessante Leute kennengelernt -, der sich Baba Ram

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