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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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auf die richtige Höhe angehoben werden müssen. Da das Schloß nicht perfekt ist, wird es durch einen der Stifte mehr festgehalten als durch die anderen. Wenn man nun ein Drähtchen - vielleicht eine Büroklammer, die am Ende leicht umgebogen ist - hineinschiebt und in dem Schloß hin und her bewegt, schiebt man schließlich diesen einen Stift, der das Schloß vor allem hält, auf die richtige Höhe. Das Schloß gibt ein klein wenig nach, so daß der erste Stift oben bleibt - er wird am Rand eingeklemmt. Jetzt ist es ein anderer Stift, auf dem die Sperrung vorrangig beruht, und man wiederholt ein paar Minuten das gleiche Zufallsverfahren, bis alle Stifte hochgeschoben sind.
    Was oft passiert, ist, daß der Schraubenzieher abrutscht, und dann hört man Klick-Klick-Klick, und das bringt einen zur Weißglut. Im Inneren sind kleine Federn, die die Stifte wieder nach unten drücken, wenn der Schlüssel herausgezogen wird; und wenn man den Schraubenzieher losläßt, kann man sie klicken hören. (Manchmal läßt man den Schraubenzieher auch absichtlich los, um zu sehen, ob man weiterkommt - es kann ja zum Beispiel sein, daß man in die falsche Richtung drückt.) Das Ganze ist so etwas wie eine Sisyphusarbeit: man rollt immer wieder den Abhang hinab.
    Es ist ein einfaches Verfahren, aber Übung hilft sehr. Man lernt, wie fest man drücken muß - fest genug, damit die Stifte oben bleiben, aber nicht so fest, daß sie zuerst überhaupt nicht hochgehen. Was den meisten Leuten nicht recht bewußt ist, ist, daß sie sich andauernd überall mit Schlössern einschließen und daß es nicht besonders schwer ist, sie aufzubrechen.
    Als wir an dem Atombomben-Projekt in Los Alamos zu arbeiten begannen, war es eine solche Hetze, daß nicht alles wirklich fertig eingerichtet war. All die Geheimunterlagen des Projekts - alles über die Atombombe - wurden in Aktenschränken aufbewahrt, die, wenn sie überhaupt Schlösser hatten, mit Vorhängeschlössern verschlossen waren, die vielleicht nur drei Stifte hatten: sie waren kinderleicht zu knacken.
    Um die Sicherheit zu erhöhen, stattete die Werkstatt jeden Aktenschrank mit einer langen Stange aus, die durch die Griffe der Schubladen führte und mit einem Vorhängeschloß befestigt wurde.
    Jemand fragte mich: »Schauen Sie mal, was die Werkstatt neuerdings angebracht hat - kriegen Sie den Schrank jetzt auf?«
    Ich schaute mir die Rückseite des Schranks an und sah, daß die Schubladen keine festen Böden hatten. In jeder war ein Schlitz und ein Metallstab mit einem verschiebbaren Teil (das die Papiere in der Schublade hält). Ich streckte meine Hand von hinten hinein, schob das Teil zurück und fing an, die Papiere durch den Schlitz herauszuziehen. »Sehen Sie!« sagte ich. »Ich brauche nicht einmal das Schloß zu knacken.«
    In Los Alamos wurde sehr eng zusammengearbeitet, und wir empfanden es als unsere Pflicht, auf Dinge aufmerksam zu machen, die verbessert werden sollten. Ich beschwerte mich immer wieder, daß der Kram unsicher war, und auch wenn alle es wegen der Stahlstangen und Vorhängeschlösser für sicher hielten , bedeutete das doch überhaupt nichts.
    Um zu demonstrieren, daß die Schlösser nichts bedeuteten, ging ich, wann immer ich irgend jemandes Bericht brauchte und er nicht da war, in sein Büro, öffnete den Aktenschrank und nahm ihn heraus. Wenn ich ihn nicht mehr brauchte, gab ich ihn dem Betreffenden zurück: »Danke für Ihren Bericht.«
    »Wo haben Sie den denn her?«
    »Aus Ihrem Aktenschrank.«
    »Aber den habe ich doch abgeschlossen! «
    »Ich weiß , daß Sie ihn abgeschlossen haben. Die Schlösser taugen nichts.«
    Schließlich kamen einige Aktenschränke mit Kombinationsschlössern von der Safe-Firma Mosler. Sie hatten drei Schubladen. Wenn man die oberste Schublade herauszog, wurden die anderen durch einen Haken freigegeben. Die oberste Schublade wurde geöffnet, indem man ein Rad erst nach links, dann nach rechts und wieder nach links drehte, um die Kombination einzustellen, und dann auf die Zahl Zehn, wodurch im Inneren ein Riegel zurückgezogen wurde. Der ganze Aktenschrank ließ sich schließen, indem man zuerst die unteren Schubladen schloß, dann die oberste Schublade und das Rad von der Zahl Zehn wegdrehte, wodurch der Riegel vorgeschoben wurde.
    Diese neuen Aktenschränke waren natürlich sofort eine Herausforderung. Ich liebe Puzzles. Einer versucht einen Kniff anzuwenden, um einen anderen draußenzuhalten; es muß eine Möglichkeit geben, das zu

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