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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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keinerlei Fragen, sagt überhaupt nichts; er stempelt nur »ABGELEHNT« auf meine Papiere und reicht mir meine Untauglichkeitsbescheinigung, wobei er immer noch auf den Schreibtisch schaut.
    So ging ich hinaus und stieg in den Bus nach Schenectady, und während der Busfahrt dachte ich über die verrückte Sache nach, die mir passiert war, und fing - laut - an zu lachen und sagte mir: »Mein Gott! Wenn die mich jetzt sehen könnten, wären sie sicher! «
    Als ich schließlich in Schenectady ankam, ging ich zu Hans Bethe hinein. Er saß hinter seinem Schreibtisch und fragte mich scherzhaft: »Na, Dick, bestanden?«
    Ich machte ein langes Gesicht und schüttelte langsam den Kopf. »Nein.«
    Da war es ihm auf einmal unangenehm, weil er dachte, man hätte irgendein ernstes medizinisches Problem bei mir entdeckt, so daß er besorgt fragte: »Was ist denn los, Dick?«
    Ich tippte an meine Stirn.
    Er sagte: »Nein!«
    »Doch!«
    Er rief: »N-ei-ei-ei-ei-ei-ei-ei-n!!!«, und er lachte so laut, daß bei der Firma General Electric beinah das Dach runtergekommen wäre.
    Ich habe die Geschichte vielen Leuten erzählt, und bis auf wenige Ausnahmen haben alle gelacht.
    Als ich nach New York zurückkam, holten mich mein Vater, meine Mutter und meine Schwester am Flughafen ab, und auf der Heimfahrt im Auto erzählte ich ihnen die Geschichte. Als ich fertig war, sagte meine Mutter: »Was sollen wir bloß tun, Mel?«
    Mein Vater sagte: »Mach dich nicht lächerlich, Lucille. Das ist doch absurd!«
    Damit hatte es sich, aber meine Schwester erzählte mir später, als wir nach Hause kamen und sie allein waren, hätte mein Vater gesagt: »Du hättest vor ihm nichts sagen dürfen, Lucille. Was sollen wir denn jetzt tun?«
    Aber da hatte meine Mutter sich beruhigt, und sie sagte: »Mach dich nicht lächerlich, Mel!«
    Noch jemandem machte die Geschichte zu schaffen. Es war bei einem Essen aus Anlaß einer Zusammenkunft der Physical Society, und Professor Slater, mein früherer Lehrer am MIT, sagte: »He, Feynman! Erzählen Sie uns doch mal die Geschichte von der Einberufung, die ich gehört habe.«
    Ich erzählte all diesen Physikern - von denen ich außer Slater keinen kannte - die ganze Geschichte, und sie lachten die ganze Zeit, aber am Ende sagte jemand: »Na, vielleicht hat sich der Psychiater etwas dabei gedacht.«
    Ich fragte energisch: »Und was sind Sie von Beruf, Sir?« Das war natürlich eine dumme Frage, denn wir waren ja alle Physiker bei einer Fachtagung. Aber es überraschte mich, daß ein Physiker so etwas sagte.
    Er sagte: »Also, hm, eigentlich gehöre ich hier ja nicht hin, aber ich bin als Gast meines Bruders gekommen, der Physiker ist. Ich bin Psychiater.« Ich hatte ihn richtiggehend gewittert!
    Nach einer Weile begann ich mir Sorgen zu machen. Da gibt es jemanden, der während des ganzen Krieges zurückgestellt worden ist, weil er an der Bombe arbeitet, und die Einberufungsbehörde bekommt Briefe, in denen steht, daß er wichtig sei, und jetzt kriegt er ein »A« in »Psychiatrie« - es stellt sich heraus, daß er ein Spinner ist! Offensichtlich ist er kein Spinner; er versucht nur, uns glauben zu machen, daß er ein Spinner ist - den holen wir uns!
    Es sah nicht gut aus für mich, deshalb mußte ich einen Ausweg finden. Nach ein paar Tagen hatte ich mir eine Lösung ausgedacht. Ich schrieb einen Brief an die Einberufungsbehörde, in dem ungefähr folgendes stand:
    Sehr geehrte Herren,
    ich glaube nicht, daß ich einberufen werden sollte, denn ich lehre Naturwissenschaften, und das Wohlergehen des Landes hängt teilweise von den Fähigkeiten unserer künftigen Wissenschaftler ab. Nichtsdestoweniger mögen Sie zu dem Schluß kommen, daß ich wegen des Resultats meines medizinischen Gutachtens, nämlich daß ich aus psychiatrischen Gründen ungeeignet bin, zurückgestellt werden sollte. Ich glaube, daß diesem Gutachten keinerlei Gewicht beigemessen werden sollte, denn ich halte es für einen groben Irrtum.
    Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Irrtum, weil ich verrückt genug bin, um ihn nicht ausnützen zu wollen.
    Hochachtungsvoll R. P. Feynman
    Ergebnis: »Zurückgestellt. Untauglich. Medizinische Gründe.«

4. Teil: Von Cornell ans Caltech, mit einem Abstecher nach Brasilien
Der würdevolle Professor
    Ich glaube, ohne zu lehren kann ich überhaupt nicht auskommen. Der Grund ist, ich muß etwas haben, so daß ich mir, wenn ich keine Ideen habe und nicht weiterkomme, sagen kann: »Zumindest lebe ich; zumindest

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