Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
tue ich etwas; ich leiste irgendeinen Beitrag« - das ist rein psychologisch. Als ich in den 40er Jahren in Princeton war, konnte ich sehen, was mit den großen Geistern am Institute for Advanced Study passierte, die speziell wegen ihrer ungeheuren Gehirne aus gewählt worden waren und denen man nun die Gelegenheit gab, in diesem schönen Haus da am Wald zu sitzen, ohne unterrichten zu müssen, ohne irgendwelche Verpflichtungen. Diese armen Kerle konnten jetzt sitzen und ganz ungestört nachdenken, o. k.? Und dann fällt ihnen eine Zeitlang nichts ein: Sie haben jede Möglichkeit, etwas zu tun, und es fällt ihnen nichts ein. Ich glaube, in so einer Situation beschleicht einen ein Schuldgefühl oder eine Depression, und man fängt an, sich Sorgen zu machen, weil einem nichts einfällt. Und nichts tut sich. Es kommen immer noch keine Hinfalle.
Es tut sich nichts, weil es nicht genügend wirkliche Aktivität und Herausforderung gibt: Man hat keinen Kontakt zu den Leuten, die Experimente machen. Man muß. nicht darüber nachdenken, wie man die Fragen der Studenten beantwortet. Nichts!
Bei jeder geistigen Arbeit gibt es Momente, in denen alles gut läuft und man tolle Einfälle hat. Unterrichten zu müssen, bedeutet eine Unterbrechung, und deshalb ist das die größte Geduldsprobe, die man sich vorstellen kann. Und dann gibt es die längeren Phasen, in denen einem nicht viel kommt. Man hat keine Einfälle, und wenn man nichts zu tun hat, macht einen das wahnsinnig! Man kann nicht einmal sagen: »Ich habe ja meinen Unterricht.«
Wenn man unterrichtet, kann man über die elementaren Dinge nachdenken, die man sehr gut kennt. Das macht irgendwie Spaß und befriedigt einen sehr. Es schadet nichts, wenn man sie noch einmal überdenkt. Kann man sie besser darstellen? Gibt es irgendwelche neuen Probleme, die mit ihnen in Zusammenhang stehen? Kann man irgendwelche neuen Überlegungen über sie anstellen? Es ist so leicht , über die elementaren Dinge nachzudenken; wenn einem nichts Neues dazu einfällt, so schadet das nichts; die Gedanken, die man sich vorher darüber gemacht hat, genügen für den Unterricht. Wenn einem aber tatsächlich etwas Neues einfällt, freut man sich sehr, daß man eine neue Methode hat, die Dinge zu betrachten.
Die Fragen der Studenten sind oft die Quelle neuer Forschungen. Sie stellen oft tiefgründige Fragen, über die ich zu Zeiten nachgedacht und die ich dann für eine Weile gewissermaßen aufgegeben habe. Es würde mir nicht schaden, wieder über sie nachzudenken und zu sehen, ob ich jetzt weiterkomme. Die Studenten sehen vielleicht nicht, worauf ich eine Antwort finden möchte oder über welche Feinheiten ich nachdenken möchte, aber sie erinnern mich an ein Problem, wenn sie Fragen stellen, die in der Nachbarschaft dieses Problems liegen. Sich selbst an diese Dinge zu erinnern, ist nicht so einfach.
Ich finde also, daß der Unterricht und die Studenten dafür sorgen, daß das Leben weitergeht, und ich würde nie eine Position akzeptieren, bei der mir jemand eine angenehme Stellung eingerichtet hat, wo ich nicht zu lehren brauche. Niemals.
Aber einmal ist mir tatsächlich eine solche Position angeboten worden.
Während des Krieges, als ich noch in Los Angeles war, besorgte mir Hans Bethe diesen Job in Cornell, für 3700 Dollar im Jahr. Von irgendwo anders bekam ich ein Angebot, bei dem ich mehr verdienen sollte, aber ich mag Bethe, und ich hatte beschlossen, nach Cornell zu gehen, und machte mir wegen des Geldes keine Sorgen. Aber Bethe hielt immer Ausschau für mich, und als er herausfand, daß andere mir mehr anboten, sorgte er dafür, daß Cornell mein Gehalt auf 4000 Dollar erhöhte, bevor ich überhaupt dort anfing.
Cornell teilte mir mit, daß ich einen Kurs über mathematische Methoden der Physik geben sollte, und sie teilten mir mit, an welchem Tag ich kommen sollte - ich glaube, am 6. November, obwohl es komisch klingt, daß es so spät im Jahr gewesen sein soll. Ich nahm den Zug von Los Alamos nach Ithaca und verbrachte die meiste Zeit damit, Abschlußberichte für das Manhattan Project zu schreiben. Ich erinnere mich noch, daß ich im Nachtzug von Buffalo nach Ithaca an meinem Kurs zu arbeiten begann.
Man muß verstehen, was für ein Druck in Los Alamos herrschte. Man machte alles so schnell man konnte; jeder arbeitete sehr, sehr hart; und alles wurde in letzter Minute fertig. Deshalb kam es mir ganz natürlich vor, ein oder zwei Tage vor der ersten Vorlesung im Zug an meinem
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