Sie fielen vom Himmel
der Sauerstoff – es entsteht ein Vakuum, man hat das Gefühl, in einem luftleeren Raum zu sein – und dann bricht der Orkan los und wirbelt Dächer durch die Luft und hinterläßt einen Weg der Zerstörung. Wir haben jetzt das Vakuum, lieber Breyle. Es fragt sich bloß, wann der Orkan kommt. Daß er kommt, steht außer Zweifel!« Er sagte es am Mittag des 14. März. Theo Klein lag zu dieser Zeit in der Sonne und nahm ein Sonnenbad … Feldwebel Maaßen und Müller 17 reinigten ihre MGs 42 und Maschinenpistolen, Heinrich Küppers und Josef Bergmann schleppten vom Trägerpfad her Munitionskästen in die Stellungen und luden die Mulis ab. Auch Marketenderware war mitgekommen. Für jeden in der Kompanie eine halbe Tafel Schokolade, sehr sandig und von der reinsten Kriegssorte, pro Mann ein Viertelliter Rum und für jeden 3 Büchsen mit eingekochtem Rindfleisch.
»Schnaps?« sagte Theo Klein faul und räkelte sich in der Sonne. »Heinrich – dann gibt's Rabbatz! Die schicken nur Schnaps zu uns Frontschweinen, wenn dicke Luft kommt.« Er griff zu einer der Rindfleischbüchsen, nahm sein Seitengewehr und begann, den Deckel aufzustemmen.
»Die sollen als eiserne Ration gelten«, meinte Küppers.
»Ich hab' se lieber im Bauch als drunter«, entgegnete Klein. Er hatte den Deckel halb geöffnet, bog das Blech an der Seite hoch und stach mit seinem Kappmesser ein Stück des dick eingekochten Rindfleisches heraus. Er roch erst daran, nickte zufrieden und schob es in den Mund. »Ob die beim Einkochen auch Soda ins Fleisch tun?« fragte er.
»Warum denn das?«
»Mensch – 'ne Armee mit Fleisch füttern, die 'n halbes Jahr kein Weib mehr gesehen hat …«
Küppers ließ Theo Klein mit seinen trüben Gedanken allein, lud weiter die Mulis ab und stapelte die Munition in einem Keller.
Major v. Sporken sprach über die geflickte Leitung mit Oberst Stucken. Auch er erwartete jeden Tag den neuen Angriff Freybergs und bat um Übersendung von noch 4 Gebirgsgeschützen und einem Zug Werfern. »Ich vermute, daß die Inder wieder über den Calvarienberg und die Höhe 444 zum Kloster vorstoßen. Die beste Abwehr für uns sind Werfer, leichte Artillerie und viel, viel Handgranaten und MG-Munition.«
»Ich werde Ihnen alles hinaufschicken, Sporken. In der Nacht kommt eine Kolonne von dreißig Mulis zu Ihnen. Das wird vorerst reichen.«
»Danke, Herr Oberst.« – »Machen Sie's gut, Sporken.«
Am 15. März 1944, gegen 8.30 Uhr, tauchte die erste Welle der alliierten Bomber über den Bergen auf, glitzernd im blauen Himmel und unter der hellen Morgensonne. Kurs Monte Cassino.
Theo Klein kochte gerade in dem Kochbunker Kaffee, als er die Welle anfliegen sah.
»Jetzt fängt die Kacke an zu dampfen!« sagte er gemächlich, löschte das Feuer unter dem Kaffeewasserkessel, nahm sein MG 42 wie ein Kind unter den Arm und kroch mit Küppers in einen halb verschütteten Keller. Mit ihm verkrochen sich wie Maulwürfe die anderen unter die Trümmer des Klosters … Maaßen, Müller 17, Josef Bergmann hockten in einem Gang, der fünf Meter tiefer verschüttet war, Hauptmann Gottschalk und Leutnant Weimann saßen auf leeren Kisten in ihrem Befehlskeller, Major v. Sporken rief noch einmal Stucken an und sagte einfach: »Sie kommen! Bomber! Auf Wiedersehen. Hoffentlich!«
Dann legte er schnell auf. Vielleicht waren es die letzten Worte, dachte er. Am anderen Ende, in einem Keller der Albaneta, hielt von der Breyle noch den Hörer in der Hand. Oberst Stucken sah von seinen Schreibsachen auf. »Was ist, Breyle?«
»Sporken! Die erste Welle Bomber! Auf Wiedersehen, sagte er.«
Stucken sprang auf. »Es geht los?! Breyle! Sofort Verbindung zur 10. Armee!«
In diesem Augenblick krachte es am Monte Cassino und im Tal in der Stadt. Es brüllte so schrecklich auf, und die Erde schwankte bis zur Albaneta so stark, daß selbst Stucken erschrocken von der Breyle anstarrte.
»Mein Gott – welch ein Feuerschlag! Und darunter liegen meine Jungen!«
Als sich die Bombenschächte der ersten Welle schlossen, war von der Stadt Cassino kaum noch etwas zu sehen. Was noch an Häusern und Straßenzeilen gestanden hatte, das fiel mit dieser ersten Welle um wie ein Kartenhaus, verwandelte sich in einen dampfenden Trümmerhaufen, über den weit sichtbar eine riesige Wolke von Qualm und Staub hing. Unter dieser Wolke schrien und röchelten die Verschütteten und Verwundeten, rannten die Fallschirmjäger wie Hasen im Zickzack zu den Kellern, wurden die Geschütze und
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