Sie fielen vom Himmel
im Trommelfeuer liegen. Oh, ist das gemein, ist das gemein!«
»Du wolltest diesen Krieg nicht. Man hat gezwungen dich! Gepreßt in Uniform und Gewehr in die Hand. Sterben sollst du … aber ich gebbe dir das Leben, favorito. Ich will, daß du lebst. Für mich lebst … und für bambino, das kommen wird …«
»Bambino!« Strathmann fuhr herum. »Das ist nicht wahr! Das sagst du bloß, um mich hier zu halten!« Er stürzte auf sie zu und riß sie herum. Ihr Gesicht lag vor ihm, das schmale, wilde Gesicht mit den schwarzen Locken und den großen, fast schwarzen Augen. Und diese Augen waren glücklich, durchleuchtet von einem Glanz, der aus dem Herzen drang, wie der Strahl einer Sonne.
In diesen Augen sah er die Antwort. Ein Zittern durchlief ihn, und seine Finger, die sich in ihre Schultern gegraben hatten, lösten sich kraftlos.
»Du bekommst ein Kind?« sagte er leise.
»Si, Felice …«
»Ein Kind von mir, Maria …«
»Der dritte Glückliche …«
»O mein Gott!« Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und preßte sich an sie. Er hatte das Bedürfnis, zu weinen, und er wußte nicht, ob er es aus Scham, aus Hilflosigkeit, aus Glück oder aus Niedergeschlagenheit tat. Ein Kind, dessen Vater ein Deutscher ist … Ein Vater, den man aufhängen wird, wenn man ihn fängt …
»Wir müssen in die Berge«, stammelte er. »Noch heute nacht müssen wir reiten.«
»Wenn es zur Welt kommt, Felice, ist Frieden«, sagte Maria glücklich. »Und es soll nie wissen, was ein Krieg ist.«
»Nie, Maria.«
Eng umschlungen standen sie in dem abenddunklen Zimmer, als Donna Rachele mit einem Jutesack voller Büchsen und Speck, Schafbutter, Olivenöl und Mehl zurückkam. Sie stellte den Sack an die Tür zum Garten und setzte sich wieder an das Butterfaß.
»Das Muli ist angeschirrt und wartet. In einer Stunde ist es dunkel, dann könnt ihr reiten.«
Sie begann wieder mit dem Stampfen und sah hinaus in den dämmerigen Garten. »Wißt ihr, daß draußen auf der Straße Panzer zurückrollen? Hoffentlich kommen sie nicht und wollen Wasser von mir.«
»Wir werden gleich reiten, zia.«
Maria Armenata streichelte noch einmal über das abgehärmte Gesicht Strathmanns, ehe sie sich aus seiner Umarmung löste.
Der Himmel brannte in tiefem Rot, als die Sonne unterging. Es würde morgen ein schöner Tag werden, ein warmer Frühlingstag am Fuße des Apennin.
»Eure Kleider sind schon auf dem Muli.« Donna Rachele stellte die Buttertonne zur Seite. »Ich habe die Regenkleidung zu Ballen verschnürt neben dem Sattel.« Sie ging voraus in den Garten. Das Muli stand am Zaun. Unter seiner weiten Jacke hatte Strathmann die Maschinenpistole verborgen, Maria trug unter dem Rock, an einem Koppel auf der Haut, eine amerikanische Selbstladepistole. »Nehmt den Weg über Castelnuovo«, sagte Donna Rachele. Sie hob Maria auf das Muli. Hinter ihr kletterte Strathmann in den Sattel. »Er ist sicherer. Und wartet bis gegen Morgen, ehe ihr die Straße überquert.« Sie hatte plötzlich ein kleines Kreuz in der Hand und hob es empor. Maria senkte den Kopf. Donna Rachele legte das Kruzifix auf ihr Haar. »Gott schütze euch«, sagte sie leise. »Ihr tut Verbotenes, aber Gott wird euch in dieser Zeit nicht verlassen …«
Als sie durch die Felder ritten, hörten sie von weitem auf der Straße nach Rom das mahlende Rattern der Panzerketten. Maria, die, vor Strathmann sitzend, die Zügel des Mulis hielt, trat mit den Absätzen ihrer flachen Schuhe dem Tier in die Weichen.
»Avanti!« rief sie leise. »Avanti, amico …«
Träge klapperte das Muli durch die beginnende Nacht, der dunklen, zerrissenen Bergkette der Abruzzen entgegen. Nach zwei Tagen überquerten sie schwimmend den Pescara, ließen sich in den Felsen des Sirente-Massives in der Sonne trocknen und zogen in der Nacht weiter, über die Straße hinweg in die Berge, wo es noch heute Wölfe gibt, die in die Schafherden der armen Bauern einbrechen.
Fünf Tage später trafen sie auf die Gruppe Larmenattos. Sie hauste in einem unzugänglichen Tal in drei großen Höhlen, verwildert wie die Wölfe, die sie schaudernd des Nachts in den Tälern heulen hörten. Hier wurden sie zweieinhalb Monate später überrollt, als die amerikanischen Armeen die Eroberung Roms einleiteten.
Der Krieg war für sie zu Ende. Und der Frieden kam, als Don Ernano den kleinen bambino taufte. Felice hieß er. Felice Libertà.
Er spielt heute am Ufer des Pescara und soll nie wissen, was ein Krieg ist. Der Bauer Felice
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